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Israel blockiert Gaza

UNO kritisiert anhaltendes Embargo gegen Palästinenser. Selbst Papier für Schulbücher steht auf dem Index. Solidaritätskonvois aus Großbritannien und Deutschland

Von Karin Leukefeld *

Die Wahlen in Israel und die nun einsetzende Regierungsbildung überlagern in den Medien das anhaltende Leiden der Palästinenser im belagerten und bombardierten Gazastreifen. Einmal mehr wenden sich Vertreter der Vereinten Nationen mit Hilfsappellen an die internationale Öffentlichkeit. 60 Prozent der Kinder im Gazastreifen haben keine Schulbücher, weil Israel die Einfuhr von Papier in den zerstörten Küstenstreifen blockiert. »Das ist wirklich jenseits allen Fassungsvermögens«, erklärte verbittert John Ging, der Vertreter der UN-Hilfsorganisation für die palästinensischen Flüchtlinge (UNRWA) bei einer Videopressekonferenz aus Gaza-Stadt. Die Weigerung Israels sei »extrem frustrierend«. Nur elf Schulen haben laut Ging bisher Lehrbücher erhalten. Seit drei Wochen warte man auf die Genehmigung, Papier einzuführen, um die noch fehlenden Unterrichtsmaterialien drucken zu können. Israelische Behörden drängen jedoch darauf, daß überhaupt keine Rohstoffe wie Papier, Plastik, Chemikalien, Holz, Metall oder Glas in den Gazastreifen gelangen, sondern nur Fertigprodukte. So könne man sicherstellen, daß Rohmaterial in Gaza nicht »mißbraucht« wird, heißt es in Tel Aviv. »Wir werden Hamas nicht die Gelegenheit geben, das Material zu stehlen«, rechtfertigt Regierungssprecher Mark Regev die israelische Blockadehaltung.

Ermittlungen der UNO

In der vergangenen Woche hatte die Hamas zwei Mal Hilfsgüter der UNRWA beschlagnahmt. Einmal vermutete sie den Mißbrauch durch eine der Fatah nahe stehenden Organisation, das andere Mal handelte es sich um ein Versehen an der Grenze, als Arbeiter des Sozialministeriums Material umluden, das der UNRWA gehörte. John Ging bestätigte, daß die Hamas »jeden Sack Mehl und jede Decke« zurückgegeben und ihm versichert habe, so etwas werde nicht wieder vorkommen.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte derweil, die Nahrungsmittel die derzeit in Gaza täglich ankämen, reichten nur für 30000 Menschen, weil Israel die Grenzen nicht öffne. Es wären aber mittlerweile fast zwei Drittel der 1,5 Millionen Palästinenser auf die tägliche Hilfe angewiesen. Ban kündigte zudem an, daß eine fünfköpfige UN-Untersuchungskommission in Gaza ermitteln werde. Der Bericht über die israelischen Angriffe auf Einrichtungen der Vereinten Nationen während des Krieges im Januar werde in vier Wochen erwartet. Die Weltgesundheitsbehörde (WHO) verwies darauf, daß bis zu 50.000 Menschen psychologische Hilfe bräuchten, um die Folgen des Krieges bewältigen zu können.

Hilfe aus London

In London startet in den nächsten Tagen ein Solidaritätskonvoi, der Hilfsgüter im Wert von einer Million britischen Pfund (1,11 Millionen Euro) direkt in den Gazastreifen bringen will. Zu den Initiatoren der Kampagne »Viva Palästina« (www.vivapalestina.org) gehört der unabhängige britische Abgeordnete George Galloway, der bereits früher einen ähnlichen Konvoi während des UN-Embargos gegen den Irak organisiert hatte. Nach Angaben der Organisatoren haben sich mehr als 100 Fahrzeuge angemeldet, die im Konvoi über Frankreich, Spanien und durch die Maghrebstaaten nach Ägypten fahren wollen. Anfang März soll die Gruppe den Grenzübergang Rafah in den Gazastreifen passieren.

In Deutschland laufen die Vorbereitungen für die Entsendung eines Schiffes mit medizinischen Hilfsgütern für Gaza auf Hochtouren. Der Frachter ist von der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW, Jüdischer Stimme, Palästinensischer Gemeinde, Deutsch-Palästinensischer Gesellschaft und pax christi gechartert und soll in der ersten Märzhälfte das von Israel verhängte Embargo durchbrechen.

* Aus: junge Welt, 12. Februar 2009


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