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Terror gegen Fischer

Israelischer Angriff auf Boote vor Küste des Gazastreifens

Von Karin Leukefeld *

Erneut wurden am Sonntag (30. Aug.) palästinensische Fischerboote vor der Küste des Gazastreifens von der israelischen Marine angegriffen und beschossen, wobei ein Boot in Brand geriet und ein Fischer verletzt wurde. Der Vorfall ereignete sich auf der Höhe von Beit Lahia im Norden des Streifens. Die Fischer hätten sich nicht an die vorgegebene Sperrzone von fünf Kilometer (3,5 Seemeilen) gehalten, bestätigte eine Militärsprecherin den Vorfall. Auf Signale des israelischen Kampfbootes hätten die Fischer nicht reagiert und seien trotz deutlicher Warnungen nicht umgekehrt. Nachdem ein Boot durch den Beschuß in Brand geraten sei, hätten die israelischen Soldaten geholfen, das Feuer zu löschen, betonte sie.

Für die Menschen im Gazastreifen, der seit mehr als zwei Jahren fast hermetisch von Israel und Ägypten abgeriegelt ist, ist Fischfang heute noch eine der wenigen Möglichkeiten, sich selber zu ernähren. Rund 3500 Fischer gibt es entlang der rund 40 Kilometer langen Küste von Gaza, die ihren Fang früher in ganz Palästina verkaufen und davon gut leben konnten. Doch seit 2006 hat Israel die Bewegungsmöglichkeit der Fischer immer mehr eingeschränkt und verstößt damit gegen internationales Recht, das die Hoheitsgewässer Palästinas mit dem Abkommen von Oslo auf 20 Seemeilen vor der Küste markiert. Die Vereinten Nationen und internationale Menschenrechtsgruppen verurteilen die Blockade Israels als »Kollektivstrafe« für die zivile Bevölkerung, was nach internationalem Recht verboten ist. Der Küstenstreifen wird weiterhin komplett von Israel kontrolliert.

Erst Anfang August berichtete das palästinensische Landwirtschaftsministerium, daß die israelische Marine zwei Fischer von ihren Booten verschleppt hätten. Der Vorfall ereignete sich vor der Küste von Rafah im südlichen Gazastreifen. Die beiden Brüder auf dem Boot, Ziad und Abdullah Mikdad, hätten sich lediglich eine Seemeile von der Küste entfernt aufgehalten. Wegen der ständigen Übergriffe Israels gegen die Fischer von Gaza haben die Palästinenser schon mehrfach internationalen Schutz angefordert, bisher ohne Erfolg. Lediglich Aktivisten der Menschenrechtsorganisation »Free Gaza« begleiteten die Fischer mehrmals auf ihren Fahrten, inzwischen allerdings sind die Boote von »Free Gaza« ebenfalls von der israelischen Marine aufgebracht und die Friedensaktivisten verhaftet worden.

Auf die Ankündigung der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), man werde nicht mehr auf Verhandlungen mit Israel warten, sondern mit dem Aufbau staatlicher Strukturen (in der Westbank) beginnen, antwortete der israelische Außenminister Avigdor Liebermann jetzt mit einer indirekten Drohung. Sollte die palästinensische Seite einseitig etwas unternehmen, trage das nicht zu einem beiderseitigen Dialog bei, und Israel werde reagieren, so Liebermann. Derweil wurde erneut ein Bericht bekannt, der steigende israelische Siedlungsbauaktivitäten in den palästinensischen Gemeinden von Ostjerusalem bestätigt. »Diese Siedlungen (...) plazieren eine jüdische Bevölkerung genau dort, wo der Konflikt zwischen den Palästinensern und Israelis besonders groß ist«, heißt es in dem Bericht der israelischen Gruppe Ir Amim, die sich gegen den illegalen Siedlungsbau engagiert. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres seien Pläne von weiteren 150 Wohneinheiten in Ostjerusalem bekanntgeworden. Sollten diese fertiggestellt werden, könnte eine friedliche Verhandlungslösung unmöglich werden, meinte die Vorsitzende der Organisation, Yudith Oppenheimer. Treibende Kraft der Bauvorhaben seien reaktionäre Siedlergruppen. Es sei offensichtlich, daß die einzelnen Siedlungen Teil eines strategischen Vorgehens seien, das von der Stadtverwaltung Jerusalems in Zusammenarbeit mit Regierungsstellen »koordiniert und ermöglicht« werde.

* Aus: junge Welt, 2. September 2009


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