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Medien im Visier

Zahlreiche palästinensische Zivilisten bei israelischen Luftangriffen getötet. Attacke auf TV-Sender in Gaza-Stadt. Arabische Liga verurteilt Vorgehen Israels

Von Karin Leukefeld, Beirut *

Am Sonntag wurde bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen ein Wohnhaus zerstört. Dabei seien zehn Menschen getötet worden, meldeten palästinensische Rettungskräfte. Bereits in der Nacht zuvor hatte Israel mit mehr als 200 Raketen seine Angriffe fortgesetzt. Dabei kamen sowohl Kampfjets als auch Kriegsschiffe zum Einsatz. Zentrum der Attacken war Gaza-Stadt sowie das Flüchtlingslager Jabaliya im Norden des Gazastreifens. Bei den Angriffen starben auch zwei Kleinkinder.

Nachdem in der Nacht zum Samstag unter anderem der Regierungssitz von Hamas und Ministerpräsident Ismail Haniye mit fünf Raketen dem Erdboden gleichgemacht worden war, griff die israelische Armee in der Nacht zum Sonntag zwei Medienzentren an, in dem palästinensische und internationale Medien arbeiten. Gezielt wurde dabei offenbar der Fernsehsender Al-Quds angegriffen, der von der Hamas betrieben wird. Angebliches Ziel sei die Antenne auf dem Gebäude gewesen, teilte die israelische Armeeführung später mit. Über diese habe die Hamas Kontakt zu den Kämpfern der Al-Khassam-Brigaden gehalten. Sechs Journalisten und Mitarbeiter von Al-Quds TV wurden bei dem Angriff verletzt. Dem Kameramann Khader Al-Zahar mußte ein Bein amputiert werden. Die Vereinigung der Auslandspresse in Israel verurteilte die Attacke und verwies auf die UN-Sicherheitsratsresolution 1738 aus dem Jahr 2006, wonach Journalisten in Konfliktzonen wie Zivilpersonen geschützt werden müssen.

Ein Treffen der Arabischen Liga am Samstag verurteilte das Vorgehen Israels. Einzelne Redner kritisierten auch die Verbündeten Israels für ihre Duldung und Rechtfertigung der Angriffe auf den Gazastreifen.

Der ägyptische Präsident Mohamed Mursi empfing derweil den türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan zu Gesprächen in Kairo. Laut Nachrichtenagentur dapd traf am Sonntag auch ein namentlich nicht genannter Gesandter der israelischen Regierung in Ägypten ein.

Der israelische Innenminister Eli Yishai erklärte, der Angriff habe das Ziel, den Gazastreifen »ins Mittelalter zurückzubomben«. Der israelische Botschafter in Washington, Michael Oren, sagte gegenüber der New York Daily News, die USA hätten Israel »volle Rückendeckung« für die Angriffe gegeben.

Der von den USA gelieferte Raketenabwehrschirm »Eiserne Kuppel« fing am Samstag unter dem Applaus von Einwohnern von Tel Aviv eine Rakete aus dem Gazastreifen über dem Meer ab. Eine nach Jerusalem gefeuerte Rakete ging etwa 20 Kilometer vor der Stadt nieder.

Raketenalarm in Tel Aviv und Jerusalem hat es seit dem Irak-Krieg 1991 nicht gegeben. Ein Foto zeigte eine offenbar unter Schock stehende IDF-Soldatin, die von einer anderen Soldatin beruhigt wurde. Bei Palästinensern im Libanon sorgten die Bilder für Freude. »Endlich können wir ihnen Angst einjagen«, sagte ein Gesprächspartner in Beirut gegenüber jW. »Nun wissen wir, daß wir sie besiegen können.«

Die Hackergruppe »Anonymous« hat aus Protest gegen den Angriff auf Gaza rund 700 israelische Webseiten lahmgelegt, unter anderem den offiziellen Internetauftritt des Präsidenten sowie den Blog der israelischen Streitkräfte.

Die Zahl der Toten im Gazastreifen stieg nach palästinensischen Angaben am Sonntag auf 65. In Israel starben bisher drei Menschen durch Raketenbeschuß. Weltweit kam es am Wochenende zu Demonstrationen gegen den israelischen Angriff auf Gaza.

* Aus: junge Welt, Montag, 19. November 2012

Karin Leukefeld

referiert auf dem 19. Friedenspolitischen Ratschlag am 1./2. Dezember 2012 in Kassel zum Thema:
Was habt ihr dem arabischen Frühling in Libyen und Syrien angetan!?
Hier geht es zum Programm des Kongresses




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