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Gaza-Helfer unerwünscht

Von Karin Leukefeld *

Der Leiter der internationalen Hilfskampagne »Viva Palästina « darf nicht mehr nach Ägypten. Dem britischen Unterhausabgeordneten George Galloway sei die Einreise in Zukunft verwehrt, teilte das Außenministerium in Kairo am Freitag mit. Der Parlamentarier war am Donnerstag abend in Rafah von ägyptischen Behörden festgenommen und am Freitag morgen abgeschoben worden. Galloway, der erst am Mittwoch mit dem »Viva Palästina«-Hilfskonvoi und 500 Aktivisten die Blokkade gegen den Gazastreifen überwunden hatte, versuchte am Grenzübergang Rafah, die Freilassung von sieben Kampagnenmitgliedern zu erreichen. Dabei wurde er selbst festgenommen. Ägyptische Zivilbeamte hätten Galloway und dessen Kollegen Ron McKay in ein Auto verfrachtet und mit einem Polizeikonvoi zum Flughafen nach Kairo abtransportiert, erklärte eine »Viva Palästina«-Sprecherin. Dort seien bis zu 25 zivil gekleidete Sicherheitskräfte zur Bewachung abgestellt worden. Am Freitag morgen sei Galloway zur »persona non grata« erklärt und in ein Flugzeug nach London verfrachtet worden.

Galloway hatte die ägyptische Regierung scharf dafür kritisiert, den Hilfskonvoi, dessen Weg, Zeitplan und Ziel Ägypten seit Monaten bekannt war, immer wieder behindert zu haben. Auch Aktivisten des Gaza-Freiheitsmarsches, die monatelang für den Jahreswechsel im Gazastreifen Proteste gegen die israelische Blockade vorbereitet hatten, waren von Ägypten an der Einreise gehindert worden. Während des Gaza-Krieges vor einem Jahr war das Regime in Kairo unter heftige Kritik geraten, weil es die Grenze bei Rafah nicht öffnete. Die 1,5 Millionen Palästinenser in Gaza waren 22 Tage israelischer Bombardierung ausgesetzt, hatten aber keine Möglichkeit, aus dem abgeriegelten Küstenstreifen zu entfliehen. Mehr als 1 400 Palästinenser sowie 13 Israelis wurden während der dreiwöchigen »Operation Gegossenes Blei« getötet.

Am Donnerstag (7. Jan.) griff die israelische Luftwaffe erneut sieben Ziele im Gazastreifen an, darunter zwei Tunnelanlagen an der Grenze zu Ägypten. Ärzte berichteten von drei Toten, darunter ein 15jähriger Junge, der in einem der Tunnel gearbeitet hatte. Die Tunnel sind wegen der Blockade die einzige Möglichkeit für die Palästinenser, lebenswichtige Güter in das isolierte Gebiet zu bringen. Israel begründete die neuen Angriffe mit dem vorherigen Beschuß von Mörsergranaten und Raketen aus dem Gazastreifen, bei dem allerdings niemand zu Schaden gekommen war. Wenige Tage zuvor hatte die israelische Armee ein neues Luftabwehrsystem getestet, das nach Militärangaben speziell gegen Raketen aus dem Libanon oder dem Gazastreifen eingesetzt werden soll.

Auf Unverhältnismäßigkeit der Luftschläge gegen die Palästinenser angesprochen, verweist die israelische Armeeführung darauf, daß man die Bevölkerung zuvor gewarnt habe. Auch am Donnerstag hatten die Kampfjets vor der Bombardierung Tausende Flugblätter in arabischer Sprache abgeworfen, auf denen zu lesen war: »Wer sich der Grenze mehr als 300 Meter nähert, bringt sich in Gefahr.«

Aktivisten des Gaza-Freiheitsmarsches rufen für das kommende Wochenende zu internationalen Protesten gegen die anhaltende israelische Besatzungspolitik auf (siehe jW vom 8. Januar). Für den 18. Januar ist eine gemeinsame Kabinettssitzung der deutschen und israelischen Regierung in Berlin geplant, die ebenfalls Ziel von Demonstrationen werden dürfte.

* Aus: junge Welt, 9. Januar 2010


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