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Alle gegen Kokoiti

Südossetien wählte zum dritten Mal in vier Monaten einen neuen Präsidenten

Von Knut Mellethin *

Zum dritten Mal in vier Monaten waren am Sonntag (25. März) in Südossetien rund 40000 Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, ihren Präsidenten zu wählen. Klarer Sieg ist der langjährige KGB- und Staatssicherheitsmann Leonid Tibilow. Mit 42,48 Prozent der Stimmen liegt er weit vor dem Zweitplazierten, David Sanakojew, der es nur auf 24,58 Prozent brachte. Da Tibilow jedoch die absolute Mehrheit verfehlte, wird es einen zweiten Wahlgang geben, der voraussichtlich am 8. April stattfinden soll. Mit rund 70 Prozent war die Wahlbeteiligung auffallend hoch.

Die Abstimmung am Sonntag war notwendig geworden, nachdem der oberste Gerichtshof der kleinen Kaukasusrepublik die Stichwahl vom 27. November annulliert hatte. Die Oppositionskandidatin Alla Dschiojewa, eine ehemalige Erziehungsministerin, hatte sich dabei gegen ihren Gegner Anatoli Bibilow durchgesetzt, der sowohl vom Amtsinhaber Eduard Kokoiti als auch von Rußland unterstützt worden war. Das Gericht beschuldigte die Siegerin jedoch, gegen die Wahlordnung verstoßen zu haben, und schloß sie von der Wiederholungswahl aus. Auch Bibilow trat jetzt nicht wieder an.

Von anfänglich 22 Bewerbern wurden nur vier zur Neuwahl zugelassen. Unter ihnen war kein Oppositionsvertreter mehr. Neben Tibilow und Sanakojew kandidierten der Botschafter der Republik in Moskau, Dmitri Medojew, und der Vorsitzende der traditionalistischen Kommunistischen Partei, Stanislaw Kotschiew. Während Medojew, der als »Mann Moskaus« gilt, den Einzug in die Stichwahl mit 23,8 Prozent nur knapp verpaßte, landete der KP-Chef mit 5,6 Prozent weit abgeschlagen.

Bis auf Sanakojew waren alle Kandidaten bestrebt, sich klar und scharf vom bisherigen Amtsinhaber Kokoiti abzugrenzen, dessen Name besonders in den letzten Jahren immer mehr mit Korruption, Amtsmißbrauch und Cliquenwirtschaft verbunden worden war. Tibilow sagte im Wahlkampf, er wolle das »schwergeprüfte Volk« der Republik »aus der Sackgasse führen, in die es die korrumpierte Macht Eduard Kokoitis und seiner Umgebung geführt hat«. Sanakojew, der von Kokoiti 2004 zum Menschenrechtsbeauftragten ernannt worden war, gilt hingegen als Platzhalter des Expräsidentent.

Die im vorigen Jahr um ihren Sieg betrogene Alla Dschiojewa verbrachte indessen die vergangenen Wochen unter Polizeibewachung im Krankenhaus, aus dem sie erst am Sonnabend (24. März) wieder entlassen wurde. Die Lehrerin hatte beabsichtigt, sich am 10. Februar von ihren Anhängern zur Präsidentin ausrufen zu lassen. Einen Tag vorher wurde jedoch ihr Büro von der Polizei überfallen, wobei Dschiojewa eine Herzattacke erlitt. Im Krankenhaus wurde sie völlig von politischen Kontakten isoliert.

Es kam hinzu, daß schon vorher einige ihrer Anhänger vom Konfrontationskurs abgerückt waren. Der Cheftrainer der russischen Freistilringer, Dschambulat Tedejew, der Dschiojewa im November noch unterstützt hatte, sprach sich jetzt für die Wahl Tibilows aus. Tedejew ist in seiner südossetischen Heimat als »Strippenzieher hinter den Kulissen« bekannt und hatte schon Kokoiti zur Macht verholfen.

* Aus: junge Welt, 27.03.2012


EU erkennt Präsidentenwahl in Südossetien nicht an **

Die Europäische Union erkennt die jüngste Parlamentswahl in Südossetien nach Angaben der EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton nicht an.

"Die EU wird den verfassungsmäßigen und den rechtlichen Modus dieser Wahl nicht akzeptieren", wurde Ashton in einer am Montag in Brüssel veröffentlichten Pressemitteilung der EU zitiert. Die EU unterstütze weiterhin die territoriale Integrität und Souveränität Georgiens. Zugleich wurde in dem Papier auf die große Bedeutung der Genfer Diskussionen zu Problemen der Gewährleistung der Sicherheit und Stabilität in der Kaukasus-Region hingewiesen.

Die Wahl hatte am vergangenen Sonntag stattgefunden. Keiner der vier Kandidaten konnte die überwiegende Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigen. Der ehemalige Chef des Sicherheitsdienstes der Kaukasusrepublik Südossetien, Leonid Tibilow, erhielt 42,48 Prozent der Stimmen. Zweitplatzierter war der jüngste der vier Kandidaten, David Sanakojew, ehemals Menschenrechtsbeauftragter beim südossetischen Präsidenten, mit 24,58 Prozent. Die beiden gehen nun am 8. April in die Stichwahl.

Die Abstimmung war eine Wiederholung der Wahl vom November 2011, die das Oberste Gericht der früheren georgischen Autonomie wegen angeblicher Verstöße für ungültig erklärt hatte. Damals hatte überraschend die Oppositionskandidatin Alla Dschiojewa gewonnen. Die Ex-Bildungsministerin boykottierte die Neuwahl.

Russland erkennt die Unabhängigkeit Südossetiens seit dem blutigen Südkaukasuskrieg mit Georgien 2008 an. Die Europäische Union und die USA sehen die Region weiter als Teil Georgiens.

** Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 26. März 2012; http://de.rian.ru


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