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NATO-Sondersitzung nach dem Krieg in Südossetien: Keine Treffen mit Russland - "egal, auf welcher Ebene"

Der Ton wird rauer - Stehen wir vor einem neuen "Kalten Krieg"? - Widersprüche im Militärbündnis sichtbar. Verschiedene Beiträge und Kommentare


Keine Gespräche, keine Manöver

Die NATO hat dem Wunsch Washingtons entsprechend das Vorgehen Rußlands im Konflikt mit Georgien kritisiert und will bis auf weiteres die Treffen des NATO-Rußland-Rates aussetzen. Die Treffen fänden nicht statt, »egal auf welcher Ebene«, solange Rußland weiter Teile Georgiens besetzt halte, sagte NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer am Dienstag (19. August) in Brüssel nach einer Sondersitzung der 26 Außenminister der Mitgliedsländer. »Sie besetzen Teile einer souveränen Nation«, sagte er. Die »Qualität« der künftigen Beziehungen zwischen der NATO und Moskau hänge auch von der Erfüllung des zugesagten russischen Truppenabzugs ab. US-Außenministerin Condoleezza Rice wertete die Abschlußerklärung als »klare Aussage, daß dieses Bündnis nicht zulassen wird, daß eine neue Grenze in Europa gezogen wird«.

Moskau reagierte prompt: Die russische Marine erklärte ebenfalls am Dienstag, daß ihre Minensuchboote nicht an einem Manöver mit der ­NATO in der Ostsee teilnehmen würden. Zudem werde die US-Fregatte »USS Ford« Anfang September entgegen den ursprünglichen Planungen nicht in den Hafen Petropawlowsk-Kamtschatski in Ostrußland einlaufen können.

Rußland und Georgien stimmten unterdessen der Entsendung von 20 zusätzlichen Militärbeobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu, wie der finnische Außenminister und amtierende OSZE-Präsident Alexander Stubb mitteilte. Laut Nachrichtenagentur AFP wurden auf einer Straße zwischen Tbilissi und Gori 13 georgische Soldaten im Austausch gegen fünf russische Soldaten übergeben.

Rußland setzte am Dienstag (19. Aug.) nach Angaben seines NATO-Botschafters Dmitri Rogosin den Rückzug seiner Truppen aus Georgien fest. Ein vollständiger Abzug hänge allerdings vom Verhalten des georgischen Präsident Michail Saakaschwili ab. Die russische Armee warf Tbilissi vor, seine Einheiten nicht wie vereinbart in die Kasernen zurückzuverlegen. (AFP/AP/jW)

* junge Welt, 20. August 2008


Schwierige Frontstellung

NATO-Sondergipfel in Brüssel: USA fordern schärfere Konsequenzen gegenüber Moskau. Europäische Länder warnen vor antirussischer Koalition
Von Rainer Rupp *

Der NATO-Freund Michail Saakaschwili in Georgien hat Anfang August den Krieg um Südossetien ausgelöst. In der Folge ist im Nordatlantikpakt, dem in Überfällen auf andere Länder geübten Militärbündnis, die Forderung nach einer schärferen Gangart gegen Rußland laut geworden. US-Verteidigungsminister und Ex-CIA-Chef Robert Gates drohte, »Moskaus Benehmen muß Konsequenzen nach sich ziehen«. Um diese »Konsequenzen« mit den Verbündeten abzustimmen, hatte die ­NATO auf Betreiben der Vereinigten Staaten die Außenminister des Bündnisses am Dienstag (19. August) zu einer außerordentlichen Krisensitzung in Brüssel einberufen. »Wir halten eine Überprüfung der Zusammenarbeit mit Rußland für erforderlich«, hatte Washingtons NATO-Botschafter Kurt Volker zuvor erklärt. Selbst nach Beilegung der Krise könne es eine Rückkehr zum »business as usual« mit Moskau nicht mehr geben. Damit konnte er sich des lautstarken Applauses der russophoben Vertreter des »neuen Europa«, allen voran Polens und der baltischen Staaten, sowie Großbritanniens sicher sein.

Verschiedene Interessen

Auf Grund der unterschiedlichen wirtschaftlichen, politischen und geostrategischen Interessen der einzelnen NATO-Mitglieder waren die Ausgangspositionen für die angestrebte gemeinsame Front jedoch denkbar ungünstig. So hatte Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner gegenüber der britischen Zeitung The Times bezüglich der ­Georgien-Krise erklärt: »Rußland ist eine große Nation. Wie aber haben wir sie behandelt?« Sein italienischer Kollege Franco Frattini formulierte gar, daß sein Land »der Position Putins sehr nahe« stehe. Rom sehe in Moskau einen »strategischen Partner«, gegen den die EU »keine antirussische Koalition bilden« dürfe. Zu den EU-Pragmatikern in Sachen Rußland gehört auch Deutschland. Obwohl nach dem gemeinsamen Auftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem georgischen Präsidenten Saakaschwili am Sonntag in den Medien kolportiert wurde, die Besucherin aus Berlin habe sich in Tbilissi für eine möglichst schnelle NATO-Mitgliedschaft Georgiens eingesetzt.

Aus der offiziellen, von der Bundesregierung verbreiteten Mitschrift der Erklärungen Merkels wird jedoch deutlich, daß die Kanzlerin von der deutschen Position beim ­NATO-Gipfel im Frühjahr in Bukarest nicht abgewichen ist. Damals wurde Georgien zwar irgendwann für die Zukunft die Mitgliedschaft im Bündnis zugesichert. Zugleich war seinerzeit aber klargemacht worden, daß der Zeitpunkt für die Mitgliedschaft noch nicht gekommen ist. Dies gilt laut Merkel weiterhin, auch nach der jüngsten Krise. »Die Frage, über die wir (in Bukarest) diskutiert haben, ist die, ob zu einem bestimmten Zeitpunkt der 'Membership Action Plan' (der NATO) greift oder nicht. Diesbezüglich gab es (damals) eine Differenz. Wann genau dieser Schritt erreicht sein wird, kann ich heute auch nicht sagen«, hatte die Kanzlerin am Sonntag (17. August) in Tbilissi den politischen Konsens der großen Parteien in der BRD betont. Sie bekräftigte damit, daß jetzt erst recht nicht mehr mit einer schnellen Aufnahme Georgiens in die NATO zu rechnen ist.

Demokratiedefizite

Vor seinem Beitritt müsse sich das Land noch weiter in Richtung Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entwickeln, präzisierte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), am Montag (18. August). Hier gebe es noch Defizite. Außerdem müsse ausgeschlossen werden, daß Georgien neue Spannungen in das Militärbündnis bringe. Zugleich mahnte SPD-Chef Kurt Beck, die Voraussetzungen für eine mögliche NATO-Mitgliedschaft der Kaukasusrepublik seien noch nicht geschaffen, weshalb bei der Diskussion darüber »Sorgfalt geboten« sei. Auch der Bundestagsabgeordnete und frühere Vorsitzende der FDP, Wolfgang Gerhardt, meinte, eine NATO-Aufnahme Georgiens als Antwort auf die gegenwärtige Situation sei nicht zu empfehlen. Das Land müsse sich vor seinem Beitritt erst um seine Probleme kümmern.

US-Außenministerin Condoleezza Rice hatte die NATO-Partner vor dem Brüssel-Gipfel gemahnt, daß Rußland für seine »unverhältnismäßige Gewalt« gegen Georgien »einen Preis bezahlen« müsse. Washington erwarte von den Verbündeten eine »starke, gemeinsame Antwort«, bekräftigte Pentagon-Chef Gates. Offensichtlich wollen sich die USA nicht mit unilateralen Strafmaßnahmen die benötigte russische Kooperation bei ihren Problemen in anderen Regionen der Welt, wie in Iran, im Irak und in Afghanistan, endgültig verscherzen. Daher soll der Nordatlantikpakt auf US-Kurs gebracht werden. »Wir wollen das nicht allein tun«, versicherte Gates. Und er mahnte -- wohl wissend um die besonderen Schwierigkeiten, diesmal in der NATO einen Konsens zu finden -- zur Geduld: »Es gibt keinen Grund, die Dinge zu überstürzen.«

* junge Welt, 20. August 2008


Donnernde Rhetorik, butterweiche Reaktionen

Nordatlantikpakt will wegen Rußlands Vorgehen in Georgien einige Treffen platzen lassen

Von Rainer Rupp *

Im Flugzeug auf dem Weg zur Georgien-Sondersitzung der NATO-Außenminister am Dienstag in Brüssel hat Condoleezza Rice Rußland vorgeworfen, ein »sehr gefährliches Spiel« zu treiben. Die US-Außenministerin kündigte an, ihr Land und die NATO würden dafür Sorge tragen, daß Moskau in Georgien sein »strategisches Ziel nicht erreichen« werde. Auch werde es der russischen Führung nicht gelingen, durch »Einschüchterung der ehemaligen Sowjetrepubliken sowie einstigen Verbündeten« eine »neue Linie durch Europa« zu ziehen. Die NATO schließlich werde »den Aufbau eines neuen Eisernen Vorhangs verhindern«.

Die Aufregung ist groß, und die Heuchelei in den bürgerlichen Medien erreicht neue Rekordmarken. Schließlich seien der NATO-Angriff auf Jugoslawien 1999 oder die US-Invasion und anhaltende Besetzung des Irak mit der Situation in Georgien nicht zu vergleichen. In der Tat, denn anders als in Südossetien, wo die Georgier einen Angriffskrieg geführt und zahlreiche russische Staatsbürger getötet hatten, bevor Rußland zurückschlug, hatten weder Jugoslawien noch Irak die USA oder die NATO angegriffen oder auch nur bedroht.

Aber obwohl sich die Paktmitglieder, angefeuert von Rice, vor moralischer Entrüstung mächtig aufplusterten, gebaren sie unter Donnergrollen doch nur eine Maus. Denn der größte gemeinsame Nenner der Militärallianzmitglieder für Strafmaßnahmen gegen Rußland ist klein. So war bereits im Vorfeld des Ministertreffens zu erfahren, daß die US-Außenministerin in Brüssel nur ganz bescheidene Forderungen stellen würde, um so wenigsten die Fassade der NATO-Einheit aufrechtzuerhalten. Als Reaktion, auf die sich alle einigen könnten, wurde z.B. die Absage einiger bereits geplanter, hochrangiger Treffen mit Vertretern Rußlands genannt, oder die Reduzierung der militärischen Kooperation mit Moskau. Umfang und Schärfe der sogenannten NATO-Strafmaßnahmen würden von der Schnelligkeit des russischen Abzugs aus Georgien abhängen, hieß es.

Laut Rice müssen die Russen »genauso schnell abziehen, wie sie gekommen sind«. Auch für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist der sofortige Abzug »jetzt wirklich die vordringliche Aufgabe«. Allerdings steht im Sechs-Punkte-Plan, mit dem es dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy gelungen ist, im Namen der EU schnell einen Waffenstillstand zwischen Moskau und Tbilissi zu erreichen, nichts über den Zeitpunkt des Beginns und die Schnelligkeit des russischen Abzugs. In dem von beiden Seiten unterzeichneten Plan, der mit den USA nicht abgesprochen war, ist auch nichts über die »territoriale Integrität« Georgiens zu finden -- ein Euphemismus für Tbilissis Anspruch auf Südossetien und Abchasien. Diese Unterlassungssünden dürften den Europäern, insbesondere den Franzosen, von den USA hinter verschlossenen Türen besonders vorgeworfen werden.

Ein weiter Punkt des Sechs-Punkte-Plans sorgt für Irritationen, nämlich die »Durchführung zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen«, auf die sich das russische Militär zur Rechtfertigung der anhaltenden Suche und Zerstörung von georgischen Waffenlagern und militärischer Infrastruktur beruft.

Der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses der russischen Duma, Konstantin Kosachew, versicherte am Montag auf entsprechende Nachfragen des US-Senders CNN, daß die russischen Truppen sich »früher oder später« aus Georgien zurückziehen werden. Der Zeitplan hänge »vom Verhalten der Georgier« ab. Aber warum, konterte Kosachew, frage CNN nicht nach dem Zeitpunkt, wann sich das amerikanische Militär aus Irak zurückzieht.

* junge Welt, 20. August 2008

PR-Desaster in Washington

Bushs ungedeckter Scheck *

Die Anordnung von US-Präsident George W. Bush am 13. August an die Kriegsmarine seines Landes, humanitäre Güter in georgische Häfen zu bringen, ist zu einem PR-Desaster für Washington geworden. Bereits am 14.August hatten laut Wall Street Journal Offiziere der US-Navy gegen die Order Bedenken angemeldet. Nicht etwa, weil sie diesen Entschluß des Präsidenten als abenteuerlich oder provokativ gegenüber Rußland empfunden hätten, dessen Schwarzmeerflotte vor den georgischen Häfen patrouillierte, um Waffenlieferungen für den Aggressor zu unterbinden. Vielmehr befürchteten die Marinevertreter Komplikationen mit der Türkei und einen diplomatischen Flop für die USA. Denn auf Grund der Konven­tion von Montreux, ein aus dem Jahre 1936 datierter, internationaler Vertrag, war klar, daß die Türkei die viel zu kurzfristig angemeldete Passage der US-Schiffe durch den Bosporus verbieten mußte.

In einem für ihn typischen Fernsehauftritt hatte der georgische Präsident Michail Saakaschwili ungeachtet der Fakten jubiliert, jetzt werde die US-Kriegsmarine zu Hilfe kommen und die Kontrolle über die georgischen Häfen übernehmen. Das Pentagon beeilte sich daraufhin, durch seinen Sprecher Geoff Morrell erklären zu lassen, daß man zum Zweck der Entladung humanitärer Hilfe »nicht die Kontrolle über die Häfen zu übernehmen« brauche und man auch keine diesbezüglichen Absichten habe.

Laut türkischen Medienberichten werden die US-Kriegsschiffe aber gar nicht erst bis Georgien kommen. Um nicht das Gesicht zu verlieren und keine Spannungen mit Ankara zu provozieren, habe Washington auf einen Antrag auf die Passage durch den Bosporus verzichtet -- wohl wissend, daß die Türkei keine andere Wahl hat, als ihn unter den gegebenen Bedingungen abzulehnen. »Präsident Bush hat den Georgiern einen Scheck ausgestellt, ohne zu wissen, was er auf seinem Konto hat«, mokierte sich daher ein Mitarbeiter der Bush-Regierung in der US-Presse. (rwr)

* junge Welt, 20. August 2008



NATO setzt auf Schadensbegrenzung

Tür zum Dialog mit Russland bleibt offen / Steinmeier relativiert Merkels Auftritt in Georgien **

Im Georgien-Konflikt hat die NATO bei einem Treffen in Brüssel ihre Haltung gegenüber Russland verschärft, lässt aber die Tür zum Dialog offen.

Die Außenminister der Militärallianz einigten sich bei ihrem Sondertreffen darauf, die Treffen im NATO-Russland-Rat vorerst auszusetzen. Moskau sagte ein gemeinsames Manöver mit der NATO ab, nachdem es zuvor als Zeichen der Entspannung noch der Entsendung zusätzlicher OSZE-Beobachter nach Georgien zugestimmt und Gefangene mit der georgischen Armee ausgetauscht hatte. Über den Rückzug der russischen Truppen aus Georgien gab es weiter widersprüchliche Angaben. Beide Seiten warfen sich vor, den EU-Friedensplan nicht einzuhalten. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer sagte, die Beratungen im NATO-Russland-Rat fänden nicht statt, »egal auf welcher Ebene«, solange Russland weiter Teile Georgiens besetzt halte. Die NATO wolle das Gremium jedoch nicht verlassen, betonte er. Die 26 Außenminister riefen Russland in einer gemeinsamen Erklärung auf, »in Wort und Tat« seine weiterhin bestehende Verpflichtung zu den Prinzipien zu demonstrieren, auf denen die Beziehung zwischen der NATO und Russland gegründet worden sei. Die Allianz untersuche »ernsthaft« die Folgen des russischen Verhaltens in Georgien für die Beziehungen zwischen der NATO und Moskau.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier korrigierte derweil Medienberichte, wonach Bundeskanzlerin Angela Merkel sich in Tbilissi für eine schnellere Aufnahme Georgiens in die westliche Allianz eingesetzt habe. »Die Kanzlerin hat in Georgien an die Bukarester NATO-Beschlusslage erinnert und dass wir daran festhalten«, sagte er. Beim NATO-Gipfel in Bukarest Anfang April hatte sich die Allianz entgegen dem Wunsch von US-Präsident George W. Bush gegen eine schnelle Aufnahme Georgiens und der Ukraine ausgesprochen. Steinmeier sagte, eine Isolierung Russlands wegen des Konflikts mit Georgien sei »kein Rezept für die Zukunft«.

Georgiens Regierung wertete die Erklärung der Außenminister der NATO-Staaten, Georgien sei ebenso wie die Ukraine weiterhin ein Beitrittskandidat, als ein »positives Signal«, wie der Minister für die europäische Integration Georgiens, Georgi Baramidse, sagte. Russlands Außenminister Sergej Lawrow kritisierte die Reaktion des Paktes auf den Krieg im Südkaukasus als »voreingenommen«. Sein Land führe in der Region eine Mission zur Unterstützung der russischen Friedenssoldaten aus, sagte Lawrow vor der Presse in Moskau. Der Rückzug der eigenen Truppen aus dem Konfliktgebiet sei davon abhängig, dass sich auch die Georgier an die Abmachungen im Friedensplan hielten, erklärte der russische Außenminister. Zudem könnten die Stellungen in Georgien erst geräumt werden, wenn die russischen Friedenssoldaten in der abtrünnigen Provinz Südossetien wieder ihre Positionen bezogen hätten. Das könne noch »drei bis vier Tage« dauern. Russland habe kein Land okkupiert und wolle sich auch kein fremdes Territorium einverleiben, betonte Lawrow vor den Journalisten.

** Aus: Neues Deutschland, 20. August 2008

Zurückgerudert

Von Roland Etzel ***

»Keine ganz einfache Sitzung« erwartete Außenminister Steinmeier von der ad hoc einberufenen NATO-Ratstagung zur Lage im Kaukasus. Damit war er weise genug, nichts von dem präjudizieren zu wollen, was in Brüssel beschlossen wird. Er könnte damit die Wogen etwas geglättet haben, denn der Stein, den Kanzlerin Merkel bei ihrem Tbilissi-Besuch bezüglich einer NATO-Mitgliedschaft Georgiens gegen Russland ins Wasser geschmissen hatte, war groß.

Merkel hat nicht zum ersten Mal in diesem Jahr einen wohl wenig bedachten außenpolitischen Ausfallschritt unternommen; erinnert sei nur an die forsche Brüskierung Pekings. Doch selbst wenn es allein darum gegangen sein sollte, wessen Wort in der Berliner Außenpolitik gilt, dürfte das koalitionsinterne Fingerhakeln zu ihren Ungunsten ausgegangen sein. Mit dem Lob für ihre prononcierte Parteinahme zugunsten des Politabenteurers Saakaschwili, das der Kanzlerin aus Warschau, Riga und von der US-Außenministerin auf Abruf zuteil wurde, war sie am Ende wohl selbst wenig glücklich. London und Paris, sonst selten verlegen mit markigen Erklärungen auch gegenüber Russland, dachten gestern gar nicht daran, der Merkel-Position beizuspringen.

»Es gibt keine friedliche Lösung ohne Russland, diesen großen Nachbarn der EU«, befand Frankreichs Außenminister Kouchner -- was Merkel wohl als diplomatische Form der Ohrfeige empfand und ihren Entschluss beförderte, einstweilen zurückzurudern.

*** Aus: Neues Deutschland, 20. August 2008 (Kommentar)




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