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Taut das Eis Moskau – Tbilissi?

Russland und Georgien begannen in Prag mit Vorbereitungen für einen Gipfel

Von Irina Wolkowa, Moskau *

Am Mittwoch saßen sich in Prag Russlands Vizeaußenminister Grigori Karassin und Surab Abaschidse, Sondergesandter des georgischen Premiers, gegenüber.

Bei dem russisch-georgischen Gespräch in Prag ging um nichts Geringeres als einen Gipfel der Staatschefs: Wladimir Putin und Georgi Margwelaschwili. Der im Oktober vergangenen Jahres gewählte Margwelaschwili ist Nachfolger Michail Saakaschwilis, mit dem Moskau auf keinen Fall verhandeln wollte. Er hatte 2008 versucht, die abtrünnige Region Südossetien für Georgien zurückzuerobern. Der Fünftagekrieg – Russland unterstützte die Separatisten militärisch – endete mit einer Niederlage für Tbilissi: Moskau erkannte Südossetien und dazu die Schwarzmeerregion Abchasien, die sich 1992 ebenfalls von Georgien getrennt hatte, als unabhängige Staaten an. Faktisch sind beide Territorien seither russische Protektorate. Georgien betrachtet sie weiter als Teil seines Staatsgebietes und bezeichnet sie als »zeitweilig okkupierte Gebiete«.

Saakaschwili hatte die diplomatischen Beziehungen zu Russland abgebrochen, Georgien trat auch aus der UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS aus. Zuvor hatte Russland Georgien für dessen prowestlichen außenpolitischen Kurs bereits mit Wirtschaftssanktionen bestraft, darunter ein Einfuhrverbot für georgische Weine und Mineralwässer.

Doch bei den Parlamentswahlen 2012 siegte in Tbilissi die Opposition. Sie stellt seither die Regierung und hat, weil gleichzeitig eine Verfassungsreform griff, nun das eigentliche Sagen. Sie besteht aus Pragmatikern, die auf Normalisierung der Beziehungen zu Russland setzen. Das wurde auch bei einer auswärtigen Sitzung des NATO-Militärausschusses im Format 28+1 Mitte Februar in Tbilissi deutlich. Georgien drängt zwar nach wie vor in westliche Strukturen wie NATO und EU, sucht aber parallel dazu den Dialog mit Moskau. Es gebe ein Gesprächsangebot Putins, sagte Außenministerin Maja Pandschikidse, es werde derzeit »erörtert«.

Russland wünsche sich, dass »die Tragödien der letzten Jahre der Vergangenheit angehören«, hatte der russische Präsident bei den Olympischen Spielen in Sotschi gesagt, das nur einen Steinwurf von der Grenze zu Abchasien entfernt ist. Dieser Prozess sei nicht einfach, Russland jedoch »auf eine positive Entwicklung der Beziehungen mit Georgien eingestellt«.

Beide Seiten sind sich indes darüber im Klaren, dass der Weg zurück zur Normalität ein langer und steiniger sein wird. Über einen konkreten Termin, das hatte Russlands Vizeaußenminister Karassin am Vorabend der Verhandlungen deutlich gemacht, werde noch nicht gesprochen. Das Präsidententreffen müsse sorgfältig vorbereitet und mit »konkreten Inhalten gefüllt« werden, der Gipfel dürfe kein »Routine-Ereignis« sein.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 17. April 2014


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