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Kontra Krisenzahlungen

Programm der griechischen Linksallianz SYRIZA

Von Anke Stefan, Athen *

Die »heutige gesellschaftliche Tragödie« ist kein unvermeidbares Phänomen, sondern »das Ergebnis der ›Krisenlösung‹, die von den herrschenden politischen Kräften in Europa gewählt wurde«, heißt es eingangs im gemeinsamen Wahlprogramm der griechischen Linksallianz SYRIZA und verschiedener Einzelpersonen und kleinerer politischer Formationen.

Zur Zusammenarbeit mit der ebenfalls aus rund einem Dutzend eigenständiger Parteien und Organisationen bestehenden Linksallianz SYRIZA haben sich vor allem im Zuge der Austeritätspolitik aus der PASOK ausgeschlossene Abgeordnete und von ihnen gegründete Organisationen entschlossen. Mit dem gemeinsamen Wahlantritt wollen sie »diejenigen, die zur Lösung die selbe Medizin verordnen, die erst zur Krise geführt hat«, aus den Regierungssesseln werfen.

Noch bevor der allgemein für Anfang Mai erwartete Wahltermin offiziell festgelegt ist, stellte die erweiterte Linksallianz jetzt in Athen die Eckpunkte des gemeinsamen Wahlantritts vor. Unter dem Titel »SYRIZA - Vereinigende gesellschaftliche Front« will man antreten, um alle mit der Gläubigertroika aus EU, IWF und Europäischer Zentralbank getroffenen Abkommen zurückzunehmen.

»Wir verpflichten uns zur Annullierung aller Memoranden, Schulden- und Kreditabkommen, aller Maßnahmen und Verpflichtungen, die mit ihnen verbunden sind und zur Ausweisung der Troika aus dem Land«, heißt es im Programm. Stattdessen soll eine Politik eingeschlagen werden, die »Löhne, Renten, Arbeitsbeziehungen, Tarifverträge und Rechte auf den Stand vor den Abkommen zurückbringt«. Die Bedürfnisse der Gesellschaft stünden über den Forderungen der Gläubiger, erklärte SYRIZA-Fraktionsvorsitzender Alexis Tsipras auf der Pressekonferenz.

Die derzeitige Regierung habe der Einrichtung eines direkt den Gläubigern unterstehenden Sonderkontos zugestimmt, auf dem rechtzeitig Staatseinnahmen in Höhe der jeweils zu bedienenden Schulden bereit zu stellen sind. Die einzige gerechte Lösung sei dagegen, »die Annullierung der Memoranden und der Kreditabkommen, ein Rückzahlungsstopp, solange er nötig ist, damit sich die Wirtschaft wieder erholt, und gleichzeitig die Streichung eines Großteils der Schulden und die Rückzahlung des Restes unter besseren Bedingungen«, beschrieb Tsipras die Strategie der Linksallianz.

Dem Bündnis gehe es nicht um die Rolle der anklagenden Opposition, stellte der SYRIZA-Fraktionsvorsitzende klar, vielmehr strebe man die Übernahme der Regierungsverantwortung an.

Angesichts der »Leiden des Volkes«, sei das Beharren der großen linken Parteien KKE und Demokratische Linker auf politischen Differenzen »ein Luxus«, kritisierte der neu zum Bündnis gestoßene ehemalige PASOK-Abgeordnete Panagiotis Kouroublis. Ohne deren Teilnahme an der Allianz aber ist ein Wahlsieg des Linksbündnisses unwahrscheinlich.

* Aus: neues deutschland, 31. März 2012


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