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Putschisten "gegen Korruption"

Guinea: Verträge zur Ausbeutung von Bodenschätzen zur Disposition gestellt

Die Lage in der westafrikanischen Republik Guinea blieb auch fünf Tage nach dem Putsch vom Dienstag (23. Dez.) unübersichtlich. Eine »Informationsveranstaltung«, zu der »internationale Vertreter« eingeladen werden sollten, hatte die sich »Nationalrat für Entwicklung und Demokratie« (CNDD) nennende Militärregierung am Samstag kurzfristig abgesagt. Bei dem Treffen, das nun für den morgigen Dienstag (30. Dez.) neu angesetzt wurde, sollte über die Gründe und die Folgen des Staatsstreichs informiert werden.

Unterdessen kündigte Junta-Chef Moussa Dadis Camara in seiner ersten öffentlichen Rede am Samstag in der Hauptstadt Conakry ein hartes Vorgehen gegen die Korruption im Land an. »Jeder, der staatliches Vermögen zu seinem Vorteil unterschlagen will, wird gestellt, verurteilt und vor dem Volk bestraft«, sagte Camara. Die Minister der gestürzten Regierung hätten »in das Gesicht der Armen gespuckt«. Seine Regierung werde kompromißlos gegen Bestechlichkeit vorgehen.

Camara hielt seine Rede auf dem Militärstützpunkt Alfa Yaya Diallo vor Tausenden Vertretern von Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und anderen gesellschaftlichen Organisationen. Er forderte sie auf, ihre »Projekte für eine Gesellschaftsordnung« vorzustellen und auch die Organisation der für Ende 2010 geplanten Wahlen zu diskutieren. Ferner kündigte er an, die Verträge im Bergbau sollten neu ausgehandelt werden; der Betrieb in den Goldminen solle vorerst ausgesetzt werden. Das rohstoffreiche Guinea verfügt über mehr als ein Drittel der weltweiten Bauxit-Reserven sowie über bedeutende Gold-, Diamant-, Eisen-, Uran- und Nickelvorkommen.

Camara hatte die Regierung übernommen, nachdem am Montag Präsident Lansana Conté nach 24jähriger, mit eiserner Faust ausgeübter Herrschaft gestorben war. Am Mittwoch hatte sich Camara zum Präsidenten ausrufen lassen. In Conakry hatten fast alle Gewerkschaften und Oppositionsparteien die Übernahme der Macht durch die Junta »zur Kenntnis genommen« und nicht verurteilt.

Die USA forderten die sofortige Wiederherstellung einer zivilen Regierung, die EU Wahlen im kommenden Jahr. Unterstützung bekam Camara dagegen von Senegal, einem der wichtigsten Staaten in der Region. Der senegalesische Präsident Abdoulaye Wade sagte bei einem Besuch in Paris: »Ich rufe alle Staaten – insbesondere Frankreich – auf, keine Steine auf sie zu werfen und sie bei ihrem Wort zu nehmen.« (AFP/AP/jW)

* Aus: junge Welt, 29. Dezember 2008


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