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Finanzhilfen für Putschisten

IWF und EU unterwandern Blockade gegen die Machthaber in Honduras

Von Harald Neuber *

Laut Presseberichten zahlte der Internationale Währungsfonds hohe Millionensummen an das durch einen Putsch an die Macht gekommene Regime in Honduras. Kritik gibt es auch an der EU, die weiter über ein Assoziierungsabkommen verhandelt.

Unterstützt der Internationale Währungsfonds (IWF) das Putschregime in Honduras? Offenbar hat der IWF den neuen Machthabern in Tegucigalpa Anfang August 150 Millionen US-Dollar zur Verfügung gestellt. Das berichtete unter anderem der lateinamerikanische Fernsehsender »Telesur« vergangene Woche. Die Millionensumme ist demnach Teil eines Hilfspaketes, das Anfang April - vor dem Staatsstreich gegen die Regierung des gewählten Präsidenten Manuel Zelaya - bewilligt wurde. Die von den Putschisten eingesetzte »Präsidentin« der honduranischen Zentralbank, Sandra de Midence, lobte die Politik des IWF. Anders als die Zentralamerikanische Bank für Wirtschaftsintegration (BCIE) beweise der IWF Verantwortungsbewusstsein, so de Midence. Die BCIE hatte alle Zahlungen eingestellt.

Vertreter der gewählten Regierung widersprachen den Darstellungen aus Tegucigalpa. Das Putschistenregime unter Führung des ehemaligen Parlamentspräsidenten Roberto Micheletti versuche mit allen Mitteln, den Eindruck von Normalität zu erwecken, sagte der rechtmäßige Chef der Nationalbank, Edwin Araque. Tatsächlich hätten die Machthaber keinen Zugriff auf die Millionenmittel, weil der IWF die Legitimität der Staatsführung nach dem Putsch im Juni nicht anerkenne. Auch habe der IWF-Regionaldirektor für Lateinamerika, Nicolás Izaguirre, ihm zugesichert, dass der IWF nur die Zelaya-Regierung anerkenne. Auf der Homepage des Währungsfonds fand sich jedoch dieses Dementi nicht - Zweifel bleiben also.

Die Nachricht über die vermeintlichen IWF-Zahlungen folgte unmittelbar, nachdem die Lateinamerika-Kommission des EU-Ministerrates (COLAT) in der vergangenen Woche entschieden hatte, die Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen mit Zentralamerika auch mit dem honduranischen Putschregime fortzuführen. Ein unverständlicher Beschluss, wie Pedro Morazán vom entwicklungspolitischen Institut Südwind e. V. findet, denn die EU habe sich bei den 2007 begonnenen Gesprächen zur Wahrung von Menschenrechts- und Demokratiestandards verpflichtet. »Ich frage mich nun aber auch, warum manche Linke Forderungen an IWF und EU stellen«, fügt der Finanzmarktexperte an: »Schließlich wurden die Kredite des Währungsfonds und die Assoziierungspolitik der EU von dieser Seite in der Vergangenheit abgelehnt.« Die Nachrichten über den IWF erstaunen ihn weniger: »Weder der IWF noch die WTO (Welthandelsorganisation, d. Red.) oder die Interamerikanische Entwicklungsbank vergeben ihre Kredite nach politischen Kriterien.«

Heike Hänsel, Bundestagsabgeordnete der LINKEN, sprach sich gegenüber »Neues Deutschland« grundsätzlich gegen die Assoziierungsverhandlungen aus. »Sie sind das neoliberale Gegenmodell der EU zum regionalen Integrationsprojekt ALBA«, sagte die entwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion. Insofern sei die Wiederaufnahme der Verhandlungen unter Einbeziehung von Honduras als Versuch der EU zu werten, ihre neoliberale Freihandelsagenda in Zentralamerika gerade zu einem Zeitpunkt voranzutreiben, an dem die regionale Integration durch den Putsch geschwächt wurde.

* Aus: Neues Deutschland, 8. September 2009


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