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Kompromißsuche in Honduras

Zelaya verzichtet offenbar auf neue Verfassung

Von Wladek Flakin, Tegucigalpa *

In Honduras sind sich die Unterhändler der rechtmäßigen Regierung von Präsident Manuel Zelaya und die Vertreter des Putschistenregimes von Roberto Micheletti »zu 90 Prozent einig«. Über acht der zwölf in dem vom costaricanischen Präsidenten Óscar Arias vorgeschlagenen »Abkommen von San José« zur Lösung der durch den Putsch vom 28. Juni ausgelösten Krise enthaltenen Punkte habe man sich bereits einigen können, sagte Vilma Morales, die der Delegation der Putschisten angehört. Allerdings wurde der entscheidende Punkt noch gar nicht behandelt, nämlich die Wiedereinsetzung von Zelaya in sein Amt. Die Putschisten lehnen eine Rückkehr des Präsidenten nach wie vor strikt ab.

Geeinigt haben sich beide Seiten allerdings darauf, daß es künftig eine aus allen Parteien bestehende »Regierung der Nationalen Einheit« geben solle. Selbst wenn Zelaya in sein Amt zurückkehren würde, müßte er demnach Putschisten in sein Kabinett aufnehmen. Einig ist man sich außerdem darüber, daß es keine Amnestie geben soll und daß Zelaya auf die Einberufung einer verfassunggebenden Versammlung verzichtet.

Als Reaktion auf diesen Verzicht hat der Gewerkschafter Juan Barahona seinen Rücktritt aus Zelayas Verhandlungsteam erklärt. »Wir werden nicht eine Minute lang auf die Constituyente verzichten. Selbst wenn Zelaya zurückkommt, werden wir am nächsten Tag auf der Straße sein,« betonte Barahona.

Während die Putschisten auf Zeit spielen und eine Lösung bis nach den für den 29. November geplanten Wahlen hinauszögern wollen, hat Zelaya eine Frist bis zum heutigen Donnerstag gesetzt: »Neuwahlen ohne die vorherige Wiedereinsetzung des verfassungsmäßig gewählten Präsidenten wären eine Erlaubnis für weitere Putschversuche«, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Nur eine Wiedereinsetzung vor den Wahlen sei für ihn akzeptabel. Bei einer Kundgebung der Widerstandsbewegung vor dem Hotel Clarion in Tegucigalpa, in dem die Verhandlungen laufen, betonte auch Barahona: »Wenn es keine Rückkehr von Zelaya gibt, dann wird es auch keine Wahlen geben. Die linken Kandidaten werden sich zurückziehen, und wir werden einen massiven Boykott organisieren.« Bei einer abendlichen Demonstration in einem armen Stadtviertel der Hauptstadt hieß es noch einfacher: »Wenn es keine Lösung gibt, dann gibt es eine Revolution!«

* Aus: junge Welt, 15. Oktober 2009


Fortschritte bei Verhandlungspoker

Honduras' Präsident Zelaya verzichtet auf Verfassungsgebende Versammlung Gewerkschaftsführer verlässt deshalb Verhandlungsdelegation

Von Maxim Graubner **


Tegucigalpa. Die Verhandlungen zwischen Vertretern der gewählten Regierung und des Putschistenregimes in Honduras machen offenbar Fortschritte. Die Korrespondentin des lateinamerikanischen Nachrichtensenders TeleSur in dem mittelamerikanischen Land berichtet, es sei bereits in 90 Prozent der Fragen eine Einigung erzielt worden. Dabei erklärten die Vertreter des legitimen Präsidenten Manuel Zelaya ihren Verzicht auf eine Verfassungsreform, die vor allem von sozialen Bewegungen gefordert wird.

Zu Beginn der neuen Verhandlungsrunde am gestrigen Dienstag (13. Okt.) hat deshalb der Vertreter der sozialen Bewegungen auf Seiten der Zelaya-Delegation, der Gewerkschaftsführer Juan Barahona, sein Mandat niedergelegt. Der Verzicht auf die Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung sei für die "Nationale Front gegen den Staatsstreich in Honduras" nicht akzeptabel, begründete der Koordinator des Widerstandes gegen den Putsch seinen Schritt.

Die sozialen Bewegungen versprechen sich von einer Verfassungsreform die umfangreiche Erweiterung sozialer und demokratischer Rechte. Die Putschisten begründen derweil ihre Ablehnung derselben mit einem angeblichen Wiederwahlbestreben Zelayas, der bei der anstehenden Präsidentenwahl nach geltendem Recht nicht mehr antreten darf.

Zelaya hat dagegen mehrfach betont, dass er nach Beendigung seiner Amtsperiode im Januar sein Amt abgeben werde. Eine neue Verfassung, die möglicherweise die unbegrenzte Wiederwahlmöglichkeit des Präsidenten enthalten könnte, würde bei Einrichtung einer Verfassungsgebenden Versammlung nach den Plänen der Zelaya-Administration erst nach dem Amtsantritt des neuen Präsidenten verabschiedet werden.

Juan Barahona betonte unterdessen seine Loyalität gegenüber Zelaya. Man werde weiter gemeinsam für eine Rückkehr des gewählten Staatschefs in den Präsidentenpalast eintreten. Für den heutigen Mittwoch (Ortszeit) ist die Diskussion dieses kritischsten Punktes der Verhandlungen geplant. Über das Thema wurde bisher noch nicht verhandelt, während über viele andere Punkte wie die Bildung einer Allparteien-Übergangsregierung eine grundsätzliche Einigung erzielt wurde.

Die Gespräche über einen Ausweg aus der Staatskrise seit dem Putsch gegen den international anerkannten Präsidenten Manuel Zelaya Ende Juni waren am Dienstag Morgen (Ortszeit) nach einer Unterbrechung am Wochenende wieder aufgenommen worden. Sie sollen bis Donnerstag zu einer Einigung führen, andernfalls sehe er die Verhandlungen als gescheitert an, so Zelaya.

** Aus: Portal Amerika21.de, 14. Oktober 2009; www.amerika21.de


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