Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Rochade gegen Putschisten

Honduras: Die Frau des gestürzten Präsidenten kandidiert nun selbst für das Amt

Von André Scheer *

Die Ehefrau des 2009 gestürzten honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya, Xiomara Castro, will nächste Staatschefin des zentralamerikanischen Landes werden. Am Sonntag (Ortszeit) nominierte die aus dem Widerstand gegen die Putschisten hervorgegangene Partei LIBRE die frühere »First Lady« als Kandidatin für die voraussichtlich im November 2013 stattfindenden Präsidentschaftswahlen. Bei einer Kundgebung in der im Nordwesten des Landes gelegenen Stadt Santa Bárbara bekundeten auch die guatemaltekische Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú und die kolumbianische Friedensaktivistin Piedad Córdoba ihre Unterstützung für die Kandidatin.

Xiomara Castro hatte ihre Kandidatur im vergangenen Februar angekündigt und die Unterstützung aller fünf Strömungen ihrer heterogenen Partei gewonnen. Als ihr vorrangiges Ziel gab sie die Schaffung eines neuen politischen und juristischen Systems in Honduras durch Verfassungsänderungen aus: »Unser großes Ziel ist die Nationale Verfassunggebende Versammlung.« Eine solche wollte auch ihr Mann Manuel Zelaya durchsetzen. Die zu diesem Zweck anberaumte Volksbefragung diente dem Militär und führenden Politikern des Landes jedoch als Vorwand für den Staatsstreich. Er selbst kann als ehemaliger Staatschef nicht erneut für das höchste Staatsamt kandidieren. Seine Frau ist trotzdem weit mehr als eine Statthalterin. Während ihr Mann nach dem Putsch im Exil ausharren mußte, konnte sich Xiomara Castro als eine der wichtigsten Stimmen des Widerstandes profilieren.

Kommentatoren in Lateinamerika erinnern in diesem Zusammenhang an das argentinische Beispiel. Dort hatte 2007 Cristina Fernández das höchste Staatsamt von ihrem Gatten Néstor Kirchner übernommen. Eigentlich sollte dieser 2011 dann wieder für das Präsidentenamt kandidieren, starb jedoch ein Jahr zuvor. Daraufhin stellte sich Fernández zur Wiederwahl und wurde im Amt bestätigt.

Wahlpolitische Manöver gibt es nach dem Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten Fernando Lugo auch in Paraguay. Dieser erklärte gegenüber Medien, er schließe eine erneute Kandidatur bei den im kommenden Jahr anstehenden Präsidentschaftswahlen nicht aus. Nach der Verfassung hätte er als amtierender Staatschef nicht antreten dürfen. Der Putsch vom 22. Juni hat dieses Hindernis nun beseitigt.

* Aus: junge Welt, Dienstag, 3. Juli 2012


Zurück zur Honduras-Seite

Zurück zur Homepage