Spalter am Werk
Zentralamerikanische Staatschefs beschließen in El Salvador Aufhebung der Sanktionen gegen Honduras
Von André Scheer *
Die internationale Isolation des Putschistenregimes in Honduras soll
beendet werden. Darauf haben sich die Staatschefs von El Salvador,
Guatemala, Panama, Costa Rica und aus Honduras selbst am Dienstag
(Ortszeit) beim Gipfeltreffen des Zentralamerikanischen
Integrationssystems (SICA) in San Salvador geeinigt. In einer unter
anderem vom Gastgeber der Konferenz, El Salvadors Präsidenten Mauricio
Funes, unterzeichneten Erklärung erkennen die versammelten Staatschefs
Porfirio Lobo als »verfassungsmäßigen Präsidenten« von Honduras an.
Obwohl dieser durch Wahlen an die Regierung gekommen ist, die unter
völliger Kontrolle des Putschregimes durchgeführt und von den meisten
Honduranern boykottiert wurden, sprechen die versammelten
Regierungschefs Lobo ihre »Unterstützung und Anerkennung« dafür aus, daß
dieser »die demokratischen Institutionen, die Rechtsstaatlichkeit und
die Respektierung der Menschenrechte« garantiere. Deshalb habe man
»formell und umfassend« beschlossen, die nach dem Staatsstreich vom 28.
Juni 2009 suspendierte Beteiligung von Honduras am SICA »zu normalisieren«.
Wütend reagierte Nicaraguas Präsident Daniel Ortega auf diesen Beschluß.
Dieser sei »lächerlich und absurd«, sagte er und verwies darauf, daß die
Normen des Forums für alle Entscheidungen einen Konsens sämtlicher
Mitgliedsstaaten verlangen. Da er selbst jedoch nicht bei dem Treffen
war, hätten die Teilnehmer die Resolution gar nicht verabschieden
können. Er selbst sei nicht nach San Salvador gekommen, weil schon
vorher klar gewesen sei, daß bei der Zusammenkunft die von den USA
betriebene Wiederaufnahme von Honduras herauskommen sollte. »Das ist
eine Entscheidung von Regierenden, die wissen, daß sie damit die
Grundlagen des Vertrags über das Zentralamerikanische Integrationssystem
verletzen. Sie fügen der Integration und der Einheit Zentralamerikas
schweren Schaden zu, und uns bleibt nichts anderes übrig, als sie
aufzurufen, nachzudenken und für die Einheit statt für die Spaltung zu
arbeiten«, erklärte Ortega. Unterstützt wurde er dabei von dem
nicaraguanischen Außenpolitikexperten Aldo Díaz Lacayo. Gegenüber der
sandinistischen Zeitschrift El 19 verwies dieser darauf, daß weder die
Vereinten Nationen noch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS)
bislang eine Entscheidung getroffen hätten, die Sanktionen gegen
Honduras aufzuheben. »Deshalb ist die Haltung des Comandante Daniel
Ortega richtig: Wenn die von der OAS verhängten Sanktionen nicht
aufgehoben werden, können SICA, ALBA und die Rio-Gruppe ihre nicht
aussetzen.«
In Honduras selbst verurteilte auch die Nationale Widerstandsfront
(FNRP) eine Rückkehr des Regimes in das SICA oder die OAS. »Die
Strukturen der Putschisten sind intakt, viele Protagonisten des
Staatsstreichs haben heute Schlüsselpositionen inne, und die
Verantwortlichen für Verbrechen, Folterungen und andere Übergriffe
genießen völlige Straffreiheit«, erklärte das Bündnis von zahlreichen
sozialen Organisationen, Menschenrechtsvereinigungen und Gewerkschaften.
Es führt seit mehr als einem Jahr den Kampf für die Wiederherstellung
demokratischer Verhältnisse an.
Die Entscheidung des SICA-Gipfeltreffens macht erneut die Widersprüche
in der Regierung El Salvadors deutlich. Während der als Kandidat der
früheren Befreiungsbewegung FMLN gewählte Präsident Mauricio Funes die
Aufhebung der Sanktionen gegen Honduras vorantreibt, ruft die
Organisation selbst auf ihrer Homepage weiter zur Solidarität mit der
dortigen Widerstandsbewegung auf. Und während die offizielle Homepage
von Funes die Erfolge des SICA-Gipfels feiert, erklärt Vizepräsident
Salvador Sánchez Cerén auf seiner Seite den honduranischen
Putschistenführer Roberto Micheletti zur in El Salvador unerwünschten
Person. Außerdem mobilisiert er für Sonntag zu einer
Kuba-Solidaritätsdemonstration aus Anlaß des Jahrestags des Angriffs auf
die Moncada-Kaserne.
* Aus: junge Welt, 23. Juli 2010
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