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Putschisten wollen Rückkehr des gewählten Präsidenten Zelaya unbedingt verhindern

Drei Beiträge aus "Amerika21" zur aktuellen Situation in Honduras - Naumann-Stiftung verteidigt weiterhin den Putsch


Kritische Presse unerwünscht

Putschisten in Honduras verschärfen Medienzensur. Ultimatum von Zelaya läuft aus

Von Kerstin Sack *


Die Putschregierung in Honduras hat die Pressefreiheit weiter eingeschränkt. Am vergangenen Freitag beschlossen die Machthaber ein Dekret, dass ermöglicht Medien zu schließen, die die "nationale Sicherheit gefährden" oder "zum Hass aufrufen". Auch E-Mail-Listen können unter dieses Dekret fallen. Insbesondere richtet sich das Dekret jedoch speziell gegen Radio Globo und Canal 36, die die Widerstandsbewegung unterstützen. Die Sender sind immer noch geschlossen.

Radio Globo sendet derzeit nur im Internet, allerdings immer wieder mit Unterbrechungen. Die Medien der Putschisten, in der Hand von den großen Unternehmern des Landes, die immer wieder Falschmeldungen bringen und gegen die Linke in Lateinamerika, insbesondere gegen den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, hetzen, brauchen sich natürlich von dem Dekret in ihrer Arbeit nicht bedroht sehen.

Nach einer Pause am Wochenende gehen am heutigen Dienstag die Verhandlungen in Honduras weiter. Dann soll der entscheidende Punkt, die Wiedereinsetzung des rechtmäßigen und anerkannten Präsidenten Manuel Zelaya, verhandelt werden. Nach den bisherigen Äußerungen der Putschisten ist nicht davon auszugehen, dass in diesem Punkt eine Einigung erzielt wird. Damit wären die Verhandlungen endgültig gescheitert. Zelaya hatte für die Verhandlungen ein Ultimatum bis Donnerstag genannt. Wenn es bis dahin nicht zu einer Einigung käme, würde er andere Lösungswege suchen. Welche das wären sagte er nicht.

Bei einem Scheitern der Verhandlungen und der Einschränkung der Medien ist es wahrscheinlich, dass die geplanten Präsidentschaftswahlen international nicht anerkannt werden. Humberto Reyes, einer der Präsidentschaftskandidaten, erklärte in Radio Globo, dass er bei einem Scheitern der Verhandlungen und der Fortführung der Repression sich nicht zur Wahl stellen würde.

* Aus: Portal Amerika 21, 13. Oktober 2009; www.amerika21.de


Dissens beim wichtigsten Punkt

Politischer Dialog in Honduras wird am morgigen Dienstag wieder aufgenommen. Putschisten sperren sich gegen Rückkehr Zelayas

Von Harald Neuber **


Tegucigalpa. In Honduras werden sich Vertreter der gewählten Regierung und des Putschistenregimes am morgigen Dienstag (13. Okt.) erneut treffen, um einen Ausweg aus der schweren Staatskrise zu finden. Vertreter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zeigten sich vor der Wiederaufnahme der Gespräche vorsichtig optimistisch.

Am Samstag (10. Okt.) waren die Verhandlungen für drei Tage ausgesetzt worden. Zwar sei man in Detailfragen vorangekommen, erklärten Mitglieder der Kommission von Präsident Manuel Zelaya gegenüber nationalen und internationalen Medien. Jedoch sperre sich das Putschistenregime unter Leitung des ehemaligen Parlamentspräsidenten Roberto Micheletti nach wie vor gegen den wichtigsten Punkt: Die Rückkehr des gewählten Staatschef in sein Amt. Diese Forderung wird auf internationaler Ebene fast uneingeschränkt unterstützt.

Zelaya war Ende Juni von putschistischen Militärs verschleppt und nach Costa Rica deportiert worden. Hinter dem Putsch standen konkurrierende Politiker der beiden etablierten Parteien, der Liberalen und Nationalen. Nach seiner überraschenden Rückkehr nach Honduras wurde unter Aufsicht der OAS ein Dialog initiiert. Für die beiden Seiten nehmen jeweils drei Vertreter teil.

Der Gewerkschaftsführer Juan Barahona - einer der Kommissionsmitglieder für Präsident Zelaya - drängte zu Wochenbeginn erneut auf eine Rückkehr des Staatschefs. An diesem Punkt hängen Erfolg oder Scheitern der Gespräche, sagte Barahona, der zugleich der Führung des Protestbündnisses "Nationale Front gegen den Staatsstreich in Honduras" angehört. Nach Barahonas Angaben haben sich beide Seiten grundsätzlich auf die Bildung einer gemeinsamen Übergangsregierung geeinigt. Auch sei man darin übereingekommen, dass politische Delikte aus den vergangenen Wochen strafrechtlich geahndet werden können. Die Gespräche dauern zunächst bis Donnerstag. Dann endet ein Ultimatum Zelayas und der Demokratiebewegung.

Der katholische Geistliche und Umweltaktivist Andres Tamayo erhob unterdessen erneut schwere Vorwürfe gegen Putschistenchef Micheletti. Auf dessen Geheiß seien mindestens 40 Paramilitärs aus Kolumbien angeheuert worden, wird Tamayo von der deutschen Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) zitiert. Entsprechende Berichte hatten in den vergangenen Wochen kolumbianische Medien und auch die Organisation der Vereinten Nationen bestätigt.

** Aus: Portal Amerika 21, 12. Oktober 2009; www.amerika21.de


OAS, FDP und "Brot für die Welt" in Honduras

Internationale Vermittlung erneut ohne Ergebnis. FDP-Stiftung will sich mit eigenem Vorschlag profilieren. Putschisten torpedieren NGOs

Von Maxim Graubner ***


Die Vermittlungsdelegation unter Leitung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) ist am Donnerstag abend (Ortszeit) ohne einen Erfolg aus Honduras abgereist. Sie hatten ihre Bemühungen erst am Mittwoch begonnen. Die Verhandlungen zwischen Vertretern des international anerkannten Präsidenten Manuel Zelaya und den Putschisten wurden unterdessen am Freitag auch ohne die Vermittler fortgesetzt. Zelaya äußerte laut der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina vorsichtigen Optimismus, dass eine Einigung erreicht werden könne.

Der Generalsekretär der OAS, José Miguel Insulza, betonte vor seiner Abreise am Donnerstag, der Konflikt könne nur gelöst werden, wenn Zelaya in das Präsidentenamt zurückkehre und dabei einer Regierung der nationalen Einheit vorstehe. Dies sah bereits der Mitte Juli vorgelegte Sieben-Punkte-Plan von Óscar Arias, dem Präsidenten von Costa Rica, vor. Die Putschisten lehnen ihn bisher ab, da sie eine Rückkehr Zelayas nicht akzeptieren wollen.

Friedrich-Naumann-Stiftung weiter auf Seite der Putschisten

Schützenhilfe bekommen Putschistenführer Micheletti und seine Mitstreiter durch die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung, die den Staatsstreich von Anfang an unterstützt. Laut dem Internetportal German-foreign-policy.com hat der Stiftungsvorsitzende Wolfgang Gerhardt vergangene Woche einen eigenen "Fünf-Punkte-Plan" nach Tegucigalpa übermittelt. Die in dem Plan enthaltenen Vorschläge geben den Forderungen der Putschisten in zentralen Punkten nach, die zuvor weltweit übereinstimmend als nicht verhandelbar verworfen worden waren, heißt es auf German-foreign-policy.com. Damit setzt die FDP weiter darauf, die Isolation der Umstürzler aufzuweichen. Offenbar will sie dem schwarz-gelb regierten Deutschland eine fragwürdige besondere Rolle als Vermittler verschaffen und konterkariert damit die Bemühungen aller internationaler Organisationen und diverser Menschenrechtsgruppen für die Wiederherstellung der Demokratie in Honduras.

Kampagne gegen "Brot für die Welt"

Unterdessen sind auch Hilfsorganisationen wie "Brot für die Welt" in den Fokus von rechten Medien in Honduras geraten: ihnen wird vorgeworfen, Proteste gegen die Putschisten um Roberto Micheletti zu finanzieren, meldet der Evangelische Pressedienst (EPD). Den Berichten nach sollen evangelische Hilfswerke die Verpflegung von Aktivisten und die Fahrten zu Märschen bezahlt haben. Bei den Protesten sei es dann zu Gewalt durch die Demonstranten gekommen, schreiben den Putschisten nahestehende Zeitungen in Honduras.

Die Vorwürfe stützen sich auf Verbindungen zwischen "Brot für die Welt" und dem führenden Aktivisten der honduranischen Widerstandsbewegung Rafael Alegría von der internationalen Organisation "Vía Campesina". Diese wird unter anderem von "Brot für die Welt" unterstützt, Alegría persönlich war ein Jurastudium finanziert worden.

"Brot für die Welt" wies die Anschuldigungen umgehend zurück. Pressesprecher Peter Liebe sagte laut EPD, honduranische Sicherheitskräfte hätten bei einer illegalen Durchsuchung des Büros von Via Campesina Papiere an sich genommen und sie an die Presse verteilt. Dies sei skandalös. Abgesehen davon enthielten sie keinen Beweis für die erhobenen Anschuldigungen.

Mit den Vorwürfen wollen die Putschisten und ihre Medien offenbar von der Aufdeckung einer internationalen PR-Kampagne ablenken, die sie zur Verbesserung ihres internationalen Ansehens angestoßen hatte. Der lateinamerikanische Nachrichtensender Telesur berichtet, fast 300 Millionen US-Dollar seien zu diesem Zwecke von den Putschisten an eine Werbeagentur in den Vereinigten Staaten geflossen.

*** Aus: Portal Amerika 21, 10. Oktober 2009; www.amerika21.de


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