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Tête-à-tête mit der Junta

Hoher Besuch aus Myanmar in Indien willkommen geheißen

Von Hilmar König, Neu-Delhi *

Neu-Delhi hält trotz aller internationalen Schelte an seinem Kooperationskurs mit der Militärjunta in Myanmar fest. General Maung Aye, stellvertretender Vorsitzender des »Staatsrates für Frieden und Entwicklung«, traf am Mittwoch zu einem fünf Tage dauernden Besuch in Indien ein und liefert das jüngste Beispiel für eine ersprießliche Zusammenarbeit. Er ist inzwischen von Staatspräsidentin Pratibha Patil, Vizepräsident Hamid Ansari, Premier Manmohan Singh und Außenminister Pranab Mukherjee empfangen worden.

Daß es sich nicht nur um eine Geste guten Willens handelt, belegt ein am Mittwoch unterzeichnetes Transit-transportabkommen mit einem Wertvolumen von 120 Millionen Dollar. Myanmar stellt seinen Hafen Sittwe in der Bengalischen Bucht indischen Transporten in die nordöstliche Region zur Verfügung. Indien baut den Hafen sowie den Wasserweg auf dem Fluß Kaladan bis zur Stadt Kaletwa aus und schafft eine Straßenverbindung von Kaletwa nach Moreh im indischen Nordosten. Damit wird ein unsicherer Transit von Waren und Gütern über das Gebiet von Bangladesch vermieden.

Aus allen vorliegenden Berichten geht hervor, daß sich die Gastgeber jeglicher kritischer Bemerkungen oder Anfragen über die jüngsten Unruhen in Myanmar enthielten. Vizepräsident Ansari bekräftigte dem Vernehmen nach Neu-Delhis Unterstützung für das UN-Engagement in Myanmar und den Standpunkt, daß Sanktionen gegen die Junta sich eher kontraproduktiv auswirken könnten. Premier Singh deutete vorsichtig an, daß er den Prozeß der Aussöhnung im Nachbarland beschleunigt und alle »politischen Sektionen«, auch die Menschenrechtsaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, in den politischen Prozeß einbezogen sehen möchte.

Das Tête-à-tête der »größten Demokratie der Welt« mit dem Militärregime begründen indische Insider mit der rund 1600 Kilometer langen gemeinsamen Grenze, den in den meisten indischen Bundesstaaten des Nordostens aktiven Aufständischen, mit Sicherheitsfragen sowie strategischen und wirtschaftlichen Interessen. Für Neu-Delhi bildet Myanmar das »Tor zum Osten« und die »Brücke« zwischen der ASEAN (Assoziation südostasiatischer Nationen) und der SAARC (Südasiatische Assoziation für Regionalkooperation). Es könne das rohstoffreiche Gebiet nicht den Chinesen überlassen und habe keine andere Option, als sich mit den Generälen zu arrangieren, argumentieren die Kenner der Materie. Daß Vertreter der Junta außer in Peking, Neu-Delhi und in einigen südostasiatischen Metropolen sonst nirgendwo empfangen werden, gefällt den Indern zwar nicht, wird von ihnen aber als das kleinere Übel angesehen.

* Aus: junge Welt, 4. April 2008


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