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Thailand springt ein

Zu wenig Regen gefährdet Indiens Reisanbau. Davon profitiert der weltgrößte Exporteur. Keine regionale Versorgungskrise befürchtet

Von Thomas Berger *

Reis könnte in diesem Jahr in Indien knapp werden. Zwar wird allgemein eine Versorgungskrise wie im vergangenen Jahr ausgeschlossen, als zwischenzeitliche Ernteausfälle bei wichtigen Erzeugern die Preise explodieren ließen und das Nahrungsmittel für viele Menschen in Asien plötzlich unerschwinglich geworden war. Vermutlich wird Indien jedoch als Exporteur ausfallen. Dafür steht Thailand bereit, den Ausfall zu kompensieren. Der ohnehin weltgrößte Exporteur des wichtigen Grundnahrungsmittels profitiert somit erneut von den Problemen der Konkurrenten. Zwar hat das Land die offizielle Prognose für 2009 nicht korrigiert, die Branche selbst geht aber davon aus, das gesteckte Ziel deutlich überbieten zu können.

Chutima Bunyapraphasara, Generaldirektor des Außenhandelsdepartments im thailändischen Handelsministerium, sagte einem Reporter der Bangkok Post, daß der verminderte Monsun insbesondere beim Konkurrenten Indien die Exporte schrumpfen lasse. Das werde wiederum die Nachfrage nach Lieferungen aus Thailand steigern. Indische Bauern hätten in der aktuellen Saison nach jüngsten Meldungen 28 Prozent weniger Fläche mit Reispflanzen-Setzlingen bestellt, heißt es aus dem Ministerium. Hintergrund für diesen rapiden Rückgang ist, daß die Monsunregen im Durchschnitt auf dem Subkontinent bisher rund ein Viertel weniger Niederschläge als üblich gebracht haben. Dies treffe neben den Zuckerrohrpflanzungen auch die Hauptanbaugebiete von Reis schwer. Diese Getreideart, ursprünglich eine Sumpfpflanze, ist nämlich in der Wachstumsphase auf »nasse Füße«, also ausreichend Wasser auf den Feldern, angewiesen.

Statt 8,5 Millionen seien für Thailand dieses Jahr mindestens 8,7 Millionen Tonnen Exporte realistisch, hat auch die Vereinigung der Reisfarmer des Landes ausgerechnet. Die Prognosen basieren ebenfalls darauf, daß Indien außer bei den Basmati-Sorten 2009 wegen des Anbaurückgangs keine nennenswerten Mengen mehr ausführen könne.

Zu Jahresbeginn (pro Jahr sind bis zu drei Ernten möglich) hatte dies noch anders ausgesehen. Wegen einer guten Ernte unmittelbar davor waren insgesamt rund eine Million Tonnen exportiert worden. Im gesamten Jahr 2008 wiederum hatten Indien statt 5,6 Millionen insgesamt nur 2,9 Millionen Tonnen verschifft, was schon zu jener Zeit in erster Linie Thailand zugute kam.

Daß die Nachfrage nach Thai-Reis nicht noch größer ausfällt, liegt daran, daß ein weiterer Großexporteur vermutlich sein Jahresziel halten kann. Vietnam als globale Nummer drei hat geplant, sechs Millionen Tonnen auszuführen und Verträge für 5,2 Millionen Tonnen bereits unter Dach und Fach.

Thailands Exportwirtschaft kommen die Probleme der Inder durchaus zupaß. In den Lagern türmen sich derzeit Bestände von sieben Millionen Tonnen Reis – der größte Ertragsüberschuß der zurückliegenden Jahre. Allein für August sind Verkäufe von rund 1,1 Millionen Tonnen vorgesehen, um diese enormen Reserven ein wenig abzubauen. Bevor die neue Ernte eingefahren wird und man damit womöglich bei den Einlagerungskapazitäten an ihre Grenzen stößt.

* Aus: junge Welt, 13. August 2009


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