Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Aussöhnung als "beste Revanche"

Pakistans Präsident ruft Indien zu gemeinsamem Kampf auf

Von Hilmar König, Delhi *

Indische Regierungskreise äußerten am Donnerstag Genugtuung darüber, dass der UN-Sicherheitsrat am Vortag Delhis Antrag entsprochen hat, die pakistanische Organisation Jamaat-ud-Dawah (JuD) auf die Terroristenliste zu setzen. Solche Gruppen unterliegen UNO-Sanktionen.

Islamabad hatte für den Fall eines solchen UNO-Schrittes angekündigt, die JuD zu verbieten. Die Organisation trat 2003 nach dem Verbot der militanten Lashkar-e-Taiba (LeT) auf den Plan. Diese organisierte nicht nur Ausbildung und Entsendung von Aufständischen in den indischen Teil Kaschmirs, sondern auch zahlreiche Sprengstoffanschläge und Attacken auf indische Einrichtungen. Der dreisteste Angriff erfolgte im Jahre 2001 auf das Parlament in Delhi. Jamaat-ud-Dawah als LeTNachfolgerin fungierte bislang unter dem Deckmantel einer Wohltätigkeitsorganisation mit Hospitälern, Schulen, aber auch Ausbildungslagern für Militante. Der indische Verdacht, dass LeT bzw. JuD die Drahtzieher der Terroroperation vom 26. November in Mumbai sein könnten, erhärtete sich inzwischen. Indien verfügt über Aufzeichnungen der Gespräche, die zwischen den Angreifern und ihren Auftraggebern per Internet-Telefon-Service geführt worden waren. Es konnte die zehn Terroristen zweifelsfrei als Pakistanis identifizieren, die von LeT-Kadern indoktriniert und für diese Mission ausgebildet wurden.

Die Beweise sind offenbar so erdrückend, dass die pakistanische Regierung indischem und US-Druck nachgeben musste, einige LeT/JuD-Aktivisten festzunehmen. In Delhi wurde das zwar als erster Schritt in die richtige Richtung registriert. Zugleich aber bleibt Skepsis, weil es auch in der Vergangenheit Hausarreste und Festnahmen gegeben hatte, die ohne Wirkung blieben. Skepsis, weil der Eindruck besteht, dass in Islamabad immer noch Kreise im Geheimdienst mit LeT/JuD kooperieren. Mit Zurückhaltung wurde deshalb auch ein in der »New York Times« veröffentlichter, bemerkenswerter Artikel von Präsident Asif Ali Zardari aufgenommen.

Der Präsident machte darin deutlich, dass die Mumbai-Attacken nicht nur gegen Indien, sondern auch gegen Pakistans neue demokratische Regierung und gegen den Friedensprozess zwischen den Nachbarn gerichtet waren. Dieser Prozess müsse gegen die Absichten des gemeinsamen Feindes fortgesetzt werden. »Indien, Pakistan – und der Rest der Welt – müssen zusammenarbeiten, um die Terroristen aufzuspüren, die ein Gemetzel in Mumbai anrichteten, New York, London und Madrid in der Vergangenheit attackierten und in Islamabad im September das Mariott-Hotel zerstörten«, schrieb Zardari. Die Terroristen, die vor einem Jahr seine Gattin Benazir Bhutto umbrachten, seien mit der gleichen Ideologie dieser Feinde der Zivilisation behaftet.

Diese seien nicht vom Himmel gefallen. »Pakistan war Verbündeter des Westens im Kalten Krieg. Die Welt war bemüht, die Religion in Afghanistan gegen die Sowjetunion zu missbrauchen, indem die fanatischsten Extremisten als Instrument der Zerstörung einer Supermacht eingesetzt wurden. Die Strategie ging auf, aber das Erbe war die Schaffung einer extremistischen Miliz mit eigener Dynamik.« Pakistan zahle dafür noch immer den Preis: das Erbe einer Diktatur, Fanatismus, zerstörte demokratische Infrastruktur. Wir haben 150 000 Soldaten im Kampf gegen Al Qaida, die Taliban und ihre extremistischen Verbündeten entlang der Grenze zu Afghanistan – weit mehr Truppen als die NATO in Afghanistan hat. Fast 2000 Pakistaner fielen in diesem Jahr dem Terrorismus zum Opfer.

Es gab über 600 Terroranschläge in diesem Jahr in Pakistan. Zardari rief dazu auf, Aussöhnung und Annäherung als »beste Revanche gegen die dunklen Streitmächte einzusetzen, die eine Konfrontation zwischen Indien und Pakistan provozieren wollen.«

In Indien zweifeln wenige an Zardaris Aufrichtigkeit. Doch ist die Ansicht weit verbreitet, Pakistans Präsident könne sagen und schreiben, was er will, die Entscheidungen würden die Generäle im Hauptquartier in Rawalpindi fällen.

* Aus: Neues Deutschland, 12. Dezember 2008

Four Pakistani militants added to UN terrorism sanctions list

11 December 2008 – The United Nations Security Council has imposed sanctions, including a travel ban and assets freeze, on four leaders of a Pakistani militant group blamed by India for last month’s deadly terrorist attack in Mumbai.

The four – Muhammad Saeed, Zaki-ur-Rehman Lakhvi, Haji Muhammad Ashraf and Mahmoud Mohammad Ahmed Bahaziq, known under various spellings and variations – were added yesterday to a list established by the so-called 1267 committee of people and firms facing sanctions for ties to Al-Qaida or the Taliban.

The committee named Mr. Saeed as leader of Lashkar-e-Tayyiba, Mr. Lakhvi as its chief of operations, Mr. Ashraf as its chief of finance, and Mr. Bahaziq as its financier.

It also listed a host of alternative names and spellings for Lashkar-e-Tayyiba, Al-Rasheed Trust and Al Akhtar Trust, which are under committee sanctions.

The list consists of four sections and currently contains 507 names: individuals associated with the Taliban (142 individuals); entities and other groups and undertakings associated with the Taliban (none); individuals associated with Al-Qaida (253 individuals); and entities and other groups and undertakings associated with Al-Qaida (112 entities).

Quelle: Website der Vereinten Nationen; www.un.org




Zurück zur Indien-Seite

Zur Terrorismus-Seite

Zur Pakistan-Seite

Zurück zur Homepage