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Bush macht sich mit Rede zum Irak-Krieg zur Witzfigur

Von Andrej Fedjaschin *

Bisher hat George W. Bush als der zweitschlechteste Präsident der Vereinigten Staaten nach Millard Fillmore gegolten, der 1850 das Präsidentenamt übernommen hatte.

Nach Bushs Rede zum 5. Jahrestag der US-Invasion in den Irak äußern US-Medien allerdings die Vermutung, der jetzige Präsident sei berechtigt, Fillmore von dieser Spitzenposition zu verdrängen.

Selbst diejenigen, die der Rede des US-amerikanischen Oberbefehlshabers im Pentagon zugehört haben, konnten sich dabei, nach ihren Gesichtsausdrücken auf den Bildschirmen zu urteilen, kaum beherrschen. Man musste in der Tat stählerne Nerven haben, um dabei ein ironisches Kichern oder ein sarkastisches Grinsen zu unterdrücken.

Eine der Washingtoner Zeitungen ist der Ansicht, Bush habe sich rettungslos einem „Selbstbetrug von historischer Dimension“ hingegeben. Eine andere schrieb, der Präsident habe sich als „absolut realitätsfremd“ gezeigt.

Hier nur einige Kostproben: „Für die Terroristen hätte der Irak ein Ort werden sollen, wo Al Qaida die arabischen Massen zusammenschließen und Amerika verdrängen sollte. Stattdessen wurde der Irak zu einem Ort, wo sich die Araber Amerika angeschlossen haben, um Al Qaida zu verdrängen.“ „Im Irak sind wir Zeugen eines ersten umfassenden arabischen Aufstands gegen Osama bin Laden.“ „Die Schlacht im Irak ist edel, sie ist notwendig und gerecht. Dank unserer Tapferkeit wird die Schlacht im Irak mit einem Sieg gekrönt.“

Es wäre ein sinnloses Unterfangen, sich auf der Suche nach einer sinnvollen Aussage durch diesen Wald von Absurditäten durchzuboxen, weil die Rede eigentlich keinen Sinn enthielt - bis auf die Losung „Wir werden siegen!“

Mit dieser Rede hat Bush seinen bisher wohl blamabelsten Auftritt im Mai 2003 an Bord eines US-Flugzeugträgers vor der Nahost-Küste in den Schatten gestellt, als er stolz verkündet hat: „Die Mission ist erfüllt!“ Nun ist aber schon der 5. Jahrestag des Krieges vorbei, ein Ende der Mission ist aber immer noch nicht in Sicht.

Zum Glück kam Bush ausgerechnet sein schlimmster Feind Osama bin Laden zur Hilfe, der gerade am selben Tag den Europäern ein Blutbad versprochen hat, verglichen mit dem alle Bombenangriffe gegen die irakischen und die afghanischen Dörfer wie ein kleiner Hagel vorkommen würden. Die kolossalen Terrorakte sollen eine Antwort auf die jüngste Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in Dänemark sein.

Der Bösewicht kam mit seinen Versprechungen wirklich gerade zur rechten Zeit. Die irakische „Antiterrorkoalition“ ist heute nahezu zerfallen. Diejenigen, die geblieben sind, haben ihre Teilnahme an den Kampfhandlungen auf ein Minimum reduziert. Europa brauchte eindeutig eine Mahnung, dass der Terrorismus noch lebt - insbesondere im Vorfeld des Nato-Gipfels in Bukarest, bei dem die USA ihre Verbündeten unter Druck setzen und dazu zwingen möchten, noch ein Weilchen im Irak zu kämpfen.

Während die stärksten, am modernsten ausgestatteten und am besten finanzierten Agenten der Welt erbittert nach Osama bin Laden suchen, setzt er weiterhin gelassen und regelmäßig seine Appelle in Umlauf. Man sagt, er sitzt irgendwo bei den Puschtunen im pakistanischen Waziristan nahe der Grenze zu Afghanistan. Beinahe hat er sich schon in einen muslimischen Zorro verwandelt: Niemand weiß zwar, wo er ist und woher er auftauchen wird, alle haben sich aber bereits an seine Maske und seine Taten gewöhnt. Wenn es ihn gibt, ist es auch irgendwie bequemer, gegen das Böse anzukämpfen und sogar eigene Siege über dieses Böse zu verkünden.

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.

* Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti; http://de.rian.ru


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