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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

1. bis 16. März 2005

Dienstag, 1. März, bis Sonntag, 6. März
  • Top-Terrorist Osama bin Laden plant nach amerikanischen Geheimdienstinformationen neue Terroranschläge in den USA. Das gehe aus einer Botschaft Bin Ladens an den im Irak operierenden Terroristen Abu Mussab el Sarkawi hervor, die die Geheimdienste abgefangen hätten. Das berichteten US-Medien am 1. März. Bin Laden fordert Sarkawi auf, auch außerhalb des Irak aktiv zu werden.
  • Die seit fast zwei Monaten im Irak entführte französische Journalistin Florence Aubenas hat in einem eindringlichen Appell um Hilfe gefleht. "Bitte helft mir. Mir geht es gesundheitlich und psychisch sehr schlecht", sagte sie in einer Videobotschaft, die am 1. März ausgestrahlt wurde. Die 43-Jährige wirkte sehr erschöpft. Die Haare fielen ihr in die Augen, sie trug ein verschmutztes T-Shirt. Die Video-Kassette enthielt keine Forderungen. Die Reporterin der Zeitung "Libération" und ihr Dolmetscher Hussein Hanun werden seit dem 5. Januar vermisst.
  • Erste Festnahmen nach dem verheerendsten Anschlag seit dem Sturz des irakischen Diktators Saddam Hussein: Die Polizei nahm in der Stadt Hilla zwölf Verdächtige fest. Die Zahl der Todesopfer stieg laut der Gesundheitsbeamten auf 132. Einige der 124 Verletzten schweben noch in Lebensgefahr, hieß es am 1. März.
  • Menschenrechtler wollen in den USA US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld vor Gericht bringen, um ihm die Verantwortung für Misshandlungen von US-Soldaten an Gefangenen im Irak und in Afghanistan nachzuweisen. Dies teilten die Bürgerrechtsbewegung "American Civil Liberties Union" (ACLU) und die Menschenrechtsorganisation "Human Rights First" am 1. März auf einer Pressekonferenz in Washington mit. Es sei das erste Mal, dass ein Verfahren gegen einen hochrangigen Vertreter der US-Regierung angestrengt werde, erlärte ACLU-Präsident Anthony Romero.
  • Die neue ukrainische Führung will Mitte März mit dem Abzug ihrer insgesamt 1600 Mann starken Truppe aus dem Irak beginnen. Bis Oktober solle der letzte ukrainische Soldat das Land verlassen haben, kündigte Präsident Viktor Juschtschenko am 1. März in Kiew an. Der nationale Sicherheitsrat der Ukraine stimmte einem schnellen Truppenabzug zu.
  • Bei einem mit einer Autobombe verübten Selbstmordanschlag am Eingang eines irakischen Militärstützpunkts in Bagdad hat es am Morgen des 2. März nach Angaben des Innenministeriums nach AFP-Angaben mindestens sechs Tote und mehrere Verletzte gegeben (nach dpa: 8 Tote). Ein Augenzeuge sprach von mindestens zehn Opfern. Ein Selbstmordattentäter habe einen weißen Toyota zur Explosion gebracht. Über dem Gelände des alten Flughafens El Muthanna im Westen der Stadt stieg eine Rauchsäule zum Himmel auf, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Der Explosion folgten Schusssalven. Auf dem nicht mehr von Flugzeugen genutzten Muthanna-Flughafen befinden sich Militärstützpunkte von irakischen und US-Soldaten.
  • Unbekannte griffen den Militärstützpunkt in Bagdad wenige Stunden nach dem ersten Anschlag am Morgen erneut mit Mörsergranaten an. Dabei wurden nach Krankenhausangaben ein Soldat getötet und neun weitere verletzt.
  • Bei einem Anschlag auf einen Kontrollpunkt der Armee im Südwesten der Stadt wurden am 2. März drei irakische Soldaten getötet.
  • Der kurdische Untersuchungsrichter Barwise Mohammed Marwan und sein ebenfalls am irakischen Sondergericht beschäftigter Sohn Arajan wurden erschossen, als sie ihr Haus in Bagdad verließen, wie aus Justizkreisen am 2. März verlautete. Es sind die ersten beiden Mitglieder des von den USA im Dezember 2003 geschaffenen Gerichts, die getötet wurden.
  • Im Norden Bagdads erschossen am 2. März Unbekannte zwei türkische Lastwagenfahrer, die in einem von irakischen und US-Armeefahrzeugen bewachten Konvoi fuhren. Die Extremistengruppe Anwar El Sunna bekannte sich zur Ermordung zweier weiterer türkischer Lastwagenfahrer, die Ende Februar auf der Straße von Tikrit nach Kirkuk entführt worden waren.
  • In der Nähe der Stadt Baidschi fand die Polizei am 2. März zwei irakische Soldaten, die durch Schüsse in den Hinterkopf getötet worden waren.
  • Der schiitische Kandidat für das Amt des irakischen Regierungschefs, Ibrahim Dschaafari, und der Vorsitzende der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), Dschalal Talabani, verhandelten am 2. März über eine mögliche Allianz. Der Schiite Dschaafari äußerte sich nach einem Treffen mit dem Kurdenführer Talabani zuversichtlich, dass ihre Parteien im Parlament eine Allianz bilden könnten. Eine endgültige Einigung sei aber noch nicht erzielt worden. Die Vereinigte Irakische Allianz von Dschaafari und die Patriotische Union Kurdistans stellen insgesamt mehr als zwei Drittel der Abgeordneten im neuen irakischen Parlament.
  • Der internationale Drogenhandel bedroht die Stabilität in Afghanistan und behindert die Entwicklung im Irak. Das geht aus einem am 2. März veröffentlichten Bericht des Internationalen Suchtstoffkontrollrats (INCB) der Vereinten Nationen hervor. Darin heißt es, die Drogenproduktion in Afghanistan habe 2004 trotz aller Bemühungen der neuen Regierung in Kabul einen neuen Höchststand erreicht. Im Irak hätten die Drogenhändler von dem Machtvakuum nach dem Sturz Saddam Husseins profitiert. „Die komplexe Verkettung von Terrorismus, organisiertem Verbrechen, Korruption und Drogenhandel stellen eine beispiellose Gefahr dar und wecken die Befürchtung vor einer weiteren Verschlechterung der Gesamtsituation“, warnt der Bericht.
  • Der ehemalige US-Botschafter in Kuwait, Richard Jones, wird künftig die Irak-Politik im US-Außenministerium koordinieren. Dies teilte Ministeriumssprecher Adam Ereli am 2. März mit. Jones werde Außenministerin Condoleezza Rice direkt unterstellt und solle die US-Politik im Irak planen und umsetzen. Außerdem werde er für die Zusammenarbeit mit Vertretern ausländischer Regierungen in Irak-Fragen zuständig sein. Der 54-jährige Jones ist ein erfahrener Diplomat und arbeitete unter anderem von November 2003 bis Juni 2004 als Leiter der Polizeikräfte für die US-Zivilverwaltung im Irak.
  • Vor dem schwer bewachten Innenministerium in Bagdad sind am Morgen des 3. März zwei Attentäter und fünf Polizisten ums Leben gekommen.
  • Die Zahl der im Irak gefallenen US-Soldaten hat die Marke von 1.500 überschritten. Das berichtet CNN am 3. März. Die meisten von Ihnen starben nach dem offiziellen Ende der Kampfhandlungen.
  • Iraks Übergangsministerpräsident Ijad Allawi verlängerte den Ausnahmezustand für weitere 30 Tage und bekräftigte seinen Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten auch in der neuen Regierung.
  • Ein 52-jähriger US-Bürger ist im US-Bundesstaat Indiana wegen versuchter Geheimdiensttätigkeit für die Nachrichtendienste des irakischen Ex-Präsidenten Saddam Hussein angeklagt worden. Shaaban Hafiz Ahmad Ali Shaaban würden Verschwörung, Tätigkeit als ausländischer Agent ohne Genehmigung und Verstoß gegen Irak-Sanktionen vorgeworfen, hieß es in am 3. März veröffentlichten Justizdokumenten. Shaaban soll den Angaben zufolge Ende 2002 in den Irak gereist sein und Mitgliedern eines irakischen Geheimdienstes für drei Millionen Dollar die Namen von im Irak tätigen US-Agenten angeboten haben. Aus den Dokumenten ging zunächst nicht hervor, woher Shaaban seine Informationen erhielt.
  • Trotz der Eroberung durch die USA könnte der Irak nach Einschätzung des ehemaligen UN-Chefinspektors Hans Blix die Produktion von Massenvernichtungswaffen wieder aufnehmen. Der Irak verfüge weiterhin über das "theoretische und technische Know-how", um alte Programme zur Herstellung von atomaren, biologischen oder chemischen Waffen wiederzubeleben, schreibt Blix in der überarbeiteten Neuauflage seines Buches "Mission Irak". Vor diesem Hintergrund wäre es falsch, die UN-Abrüstungskommission für Irak (UNMOVIC) aufzulösen, warnt der ehemalige UNMOVIC-Chef. Wichtige Dienste könnte die UNMOVIC seiner Ansicht nach auch bei der Schaffung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten leisten. Dafür müsste neben dem Iran auch Israel auf Atomwaffen verzichten, schreibt Blix. (AP, 4. März)
  • In der mittelirakischen Stadt Budajr wurde am 4. März der Polizeichef des Ortes erschossen, wie das polnische Militär mitteilte. Die Attentäter seien anschließend geflüchtet. Eine Frau sei zudem bei dem Angriff verwundet worden. Die polinischen Truppen sind in diesem Gebiet für die Sicherheit zuständig.
  • Erstmals seit knapp fünf Jahren habe die US-Armee im Februar nicht so viele Rekruten anwerben können, wie sie sich zum Ziel gesetzt habe, sagte ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums am 4. März. "Ich glaube, das ist ein Faktor - dass wir uns im Krieg befinden." Die US-Armee habe im Februar nur knapp drei Viertel ihres Anwerbeziels erreicht, sagte Pentagonsprecher Lawrence DiRita. Zuletzt sei das Militär im Mai 2000 unter seiner eigenen Zielmarke geblieben. Neben dem US-Einsatz im Irak habe dies auch damit zu tun, dass sich die Wirtschaft erholt habe und es deshalb einen größeren Wettbewerb gebe.
  • Bei einem Feuergefecht mit Aufständischen im Irak ist ein bulgarischer Soldat am Abend des 4. März getötet worden. Nach Angaben des bulgarischen Verteidigungsministeriums trug sich der Vorfall nahe der Stadt Diwanija in Zentralirak zu. Eine Gruppe von Soldaten auf Patrouille sei unter Beschuss geraten, hieß es. Nähere Einzelheiten nannte das Ministerium nicht.
  • Giuliana Sgrena: Freigelassen und dann beschossen
    Nach einem Monat in der Gewalt von Entführern im Irak ist die italienische Journalistin Giuliana Sgrena wieder frei. Das bestätigte der italienische Staatschef Carlo Azeglio Ciampi am Abend des 4. März in Rom. Auch Sgrenas Arbeitgeber, die linksgerichtete Zeitung "Il Manifesto", gab unter Berufung auf den italienischen Geheimdienst die Freilassung der 56-Jährigen bekannt; ebenso berichtete der arabische Fernsehsender El Dschasira darüber, ohne jedoch nähere Angaben zu machen. - Sgrena war am 4. Februar in Bagdad entführt worden.
    Die im Irak entführte italienische Journalistin Giuliana Sgrena ist kurz nach ihrer Freilassung bei einem Zwischenfall durch Schüsse verletzt worden. Wie die italienische Nachrichtenagentur Apcom am Abend meldete, feuerte ein gepanzertes Fahrzeug der US-Streitkräfte "irrtümlich" auf den Wagen, in dem Sgrena saß. Ein italienischer Geheimdienstbeamter sei dabei getötet und ein zweiter verletzt worden. Sgrena sei mit einer Schulterverletzung in ein Krankenhaus eingeliefert worden. Der Zwischenfall habe sich an einer Straßensperre zugetragen. - Die US-Armee im Irak hat den Beschuss des Konvois der freigelassenen Journalistin Giuliana Sgrena durch US-Soldaten bestätigt.
    Die nach ihrer Freilassung durch US-Beschuss verletzte Giuliana Sgrena ist nach Angaben ihrer Zeitung "Il Manifesto" noch am Abend des 4. März operiert worden. Die 56-Jährige sei an der Lunge verletzt worden, ihr Zustand sei aber nicht berdrohlich, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus der Redaktion in Rom. Sgrena wurde bei dem Beschuss ihres Konvois getroffen; ein italienischer Geheimdienstmitarbeiter, der bei den Verhandlungen zu ihrer Freilassung geholfen hatte, wurde getötet.
    Die US-Armee hat sich am Abend zu dem tragischen Beschuss des Autos mit der freigelassenen italienischen Journalistin Giuliana Sgrena geäußert. Der Wagen sei mit hoher Geschwindigkeit auf eine Straßensperre zugefahren und habe Aufrufe zum Bremsen mehrfach ignoriert, heißt es in der Erklärung. Die Soldaten der 3. US-Infanteriedivision hätten zunächst mit Handzeichen, dann mit Lichtsignal und schließlich mit Warnschüssen ihren Stopp-Befehl signalisiert; erst dann hätten sie gezielt gefeuert.
    US-Präsident George W. Bush sprach dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi inzwischen sein Bedauern über den Zwischenfall aus. Bush sicherte zu, dass die Umstände des Vorfalls vollständig aufgeklärt werden. Zuvor hatte die Regierung in Rom den amerikanischen Botschafter einbestellt.
    Die italienische Opposition rief für den 5. März zu Protestkundgebungen auf.
    Wieder in Rom
    Als nach ihrer Freilassung die Gefahr vorüber schien, kam für die italienische Journalistin Giuliana Sgrena der schrecklichste Augenblick: Der Mann, der bei den irakischen Geiselnehmern ihre Freilassung erreicht hatte, starb schützend über sie gebeugt im Kugelhagel amerikanischer Soldaten, schreibt AP am 5. März. "Wir dachten, die Gefahr sei nach meiner Rettung vorbei", sagte Sgrena nach ihrer Ankunft in Rom am 5. März, wo sie verletzt in ein Krankenhaus gebracht wurde.
    "Stattdessen plötzlich diese Schüsse, wir wurden von einem Kugelhagel getroffen", sagte die 56-Jährige in einem Telefoninterview des Senders RAI News 24 über den Zwischenfall, als sich ihr Auto einer Bagdader Straßensperre näherte. Geheimdienstoffizier Nicola Calipari warf sich schützend über sie. "Ich sprach mit Nicola, als er sich über mich beugte - offensichtlich, um mich zu schützen. Und dann sackte er zusammen. Das war wahrlich schrecklich."
    Sgrenas Freund Pier Scolari sagte nach einer Meldung der italienischen Nachrichtenagentur ANSA, sie habe ihm gesagt: "Der schwierigste Augenblick war, als ich die Person, die mich rettete, in meinen Armen sterben sah." Ihren Kollegen von der Zeitung "Il Manifesto" sagte sie, ihre Entführer hätten sie nie schlecht behandelt.
    Die verletzte und erschöpft wirkende Journalistin war bei ihrer Ankunft in Rom am 5. März von Ministerpräsident Silvio Berlusconi begrüßt worden. Sie wurde dann in ein Militärkrankenhaus gebracht, wo eine weitere Operation an ihrem Schlüsselbein vorgesehen war. In einem Bagdader US-Lazarett waren der Journalistin bereits am Vorabend Munitionssplitter aus der Schulter entfernt worden.
  • Die Vereinten Nationen haben neue Hinweise auf eine Plünderung irakischer Industrie- und Waffenproduktionsanlagen gefunden. Satellitenaufnahmen zeigten, dass rund 90 ehemals von UN-Waffeninspektoren überwachte Produktionsstätten weitgehend leer geräumt oder komplett abgerissen worden seien, heißt es in einem am 4. März in New York veröffentlichten Bericht. Die UN-Inspektoren hatten ihre Kontrollen Anfang 2003 wegen des Irak-Kriegs einstellen müssen. "Rund 90 der 353 analysierten Stätten, auf denen Ausrüstung und Materialien von Bedeutung gelagert waren, sind abgeräumt oder komplett zerstört worden", schreibt UNMOVIC. Dabei handele es sich nicht um Zerstörungen durch Bombenangriffe, die in dem Bericht gesondert aufgeführt werden. In den Monaten vor dem US-Angriff im März 2003 hatten die UN-Inspektoren insgesamt 411 Produktionsstätten im Irak untersucht. Massenvernichtungswaffen wurden dabei nicht gefunden. Bereits im vergangenen Jahr hatte Perricos anlässlich der Entdeckung irakischer Raketenbestandteile in Jordanien aber kritisiert, diese könnten zur Waffenproduktion genutzt werden.
  • Bei einem US-Militäreinsatz in der irakischen Provinz Anbar sind am 4. März vier Soldaten ums Leben gekommen. Das teilten die US-Streitkräfte am 5. März mit. In der Provinz, in der die Rebellenhochburgen Ramadi und Falludscha liegen, hatten die US-Truppen vor zwei Wochen eine neue Großoffensive gestartet. Über die genaueren Umstände der vier neuen Todesfälle gaben die Streitkräfte keine Informationen heraus.
  • Bei Tikrit im Norden des Irak starb ein US-Soldat bei einem Unfall auf einer Straße; ein weiterer Soldat wurde Armeeangaben zufolge bei dem Unfall verletzt. (AFP, 5. März)
  • Wegen Mordes an einem irakischen Polizeibeamten muss sich ein amerikanischer Nationalgardist vor einem Kriegsgericht verantworten. Das teilte eine Militärsprecherin in Fort Knox im US-Staat Kentucky am 4. März mit. Der US-Soldat hat gestanden, den Polizisten im November 2003 südlich von Bagdad erschossen und anschließend sich selbst eine Schusswunde zugefügt zu haben. Ursprünglich hatte der 21-Jährige ausgesagt, er sei von dem Iraker angegriffen worden und habe diesen dann in Notwehr erschossen. Für seine Verletzung war er bei seiner Rückkehr aus dem Irak Anfang 2004 mit einer Medaille ausgezeichnet worden.
  • Am letzten Tag des Besuchs von Bundeskanzler Gerhard Schröder in der Golfregion sind am 5. März in Abu Dhabi Vereinbarungen über weitere deutsche Ausbildungshilfe für den Irak unterzeichnet worden. Die Bundeswehr wird danach in den Vereinigten Arabischen Emiraten einen Baupionierverband in Bataillionstärke aufbauen. Bislang verfügten die irakischen Streitkräfte nicht über solche Einheiten. Der neue Verband erhält von der Bundeswehr Gerät im Wert von zwei Millionen Euro, darunter zehn Schwerlasttransporter.
  • Giuliana Sgrena
    Nach der Rückkehr in ihre italienische Heimat am 5. März hat die Journalistin Giuliana Sgrena schwere Vorwürfe gegen die US-Armee erhoben. Sgrenas Konvoi, der von US-Soldaten beschossen worden war, sei "mit normaler Geschwindigkeit" gefahren, sagte die Journalistin den italienischen Ermittlern. "Das konnte nicht missverstanden werden." Sgrenas Lebensgefährte Pier Scolari sagte, die Soldaten hätten seine Freundin absichtlich töten wollen.
    Sgrena sagte den Ermittlern weiter, ihr Wagen sei nicht an einem Kontrollpunkt, sondern von einer US-Patrouille beschossen worden. Der Journalistin zufolge prasselte "ein Kugelhagel" auf den Wagen. Ihre Version wurde demnach auch von anderen Mitgliedern ihrer Eskorte bestätigt, die sie am Samstag nach Rom begleiteten. Sgrenas Lebensgefährte fügte nach einem Besuch im Krankenhaus hinzu, seine Freundin sei im Besitz von "Informationen" gewesen "und die amerikanischen Militärs wollten nicht, dass sie lebend da heraus kommt".
    Die US-Armee erklärte dagegen, die Soldaten wollten das Fahrzeug mit Sgrena an einem Kontrollposten anhalten. Es habe jedoch ungeachtet mehrerer Warnsignale die Fahrt fortgesetzt.
    Der italienische Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi und der ehemalige EU-Kommissionspräsident Romano Prodi verlangten Erklärungen von den US-Behörden. Der italienische Außenminister Gianfranco Fini wird dem Parlament in Rom am 8. und 9. März über den Vorfall Bericht erstatten. Vor der US-Botschaft in Rom demonstrierten am 5. März hunderte Menschen gegen die US-Politik im Irak und gegen die italienische Unterstützung der Besatzung.
    Das von Millionen Menschen in Italien an den Fernsehbildschirmen verfolgte Schlagerfestival von San Remo, wurde am Abend des 5. März für eine Direktschaltung zu einer Sonderausgabe der Nachrichten unterbrochen. Gezeigt wurde die Ankunft der italienischen Militärmaschine mit dem Leichnam des im Irak getöteten Geheimdienstmitarbeiters Nicola Calipari auf dem römischen Flughafen. Nach der Einspielung rief der Moderator des San-Remo-Festivals, Paolo Bonolis, die Zuschauer zu einer Schweigeminute auf - zum Gedenken an Calipari und die "Absurdität aller Kriege".
    Tausende Italiener haben am 6. März in Rom dem nach der Befreiung der Journalistin Giuliana Sgrena im Irak getöteten Geheimdienstagenten Nicola Calipari die letzte Ehre erwiesen. Der Sarg mit den sterblichen Überresten Caliparis wurde im Vaterlandsaltar im Zentrum der italienischen Hauptstadt aufgebahrt; die Trauernden defilierten mit Blumen und italienischen Flaggen daran vorbei. Auch im Namen von Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi wurde ein Blumengebinde abgelegt.
    "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo hat Zweifel an der offiziellen Darstellung des Zwischenfalls bei der Befreiung von Giuliana Sgrena im Irak geäußert. "Wir als Journalisten dürfen uns nicht auf die offizielle Darstellung verlassen", sagte er der "Bild am Sonntag" (Ausgabe vom 6. März). "Es klingt doch absurd, dass angeblich in mehreren Phasen alles getan worden ist, um das Fahrzeug zu warnen, und dann wird einfach geschossen."
    Italien hat für die Freilassung der im Irak entführten Journalistin Giuliana Sgrena angeblich ein hohes Lösegeld bezahlt. In italienischen Medien war am 6. März von bis zu sechs Millionen Dollar die Rede. Die Medien beriefen sich in ihren Berichten über Lösegeldzahlungen auf Aussagen des irakischen Parlamentsabgeordneten Yonadam Kanna.
  • Bei einem gemeinsamen Großeinsatz haben irakische und US-Soldaten am 6. März in Samarra und Umgebung nach dem jordanischen Islamistenchef Abu Mussab el Sarkawi gesucht. Ein hochrangiger Mitarbeiter des irakischen Innenministeriums sagte der Nachrichtenagentur AFP, bei dem Einsatz seien zunächst 66 Verdächtige festgenommen worden. Laut dem Gouverneur der Region, General Abdallah Dschabara, soll die Aktion eine Woche dauern und zur Festnahme von 250 Verdächtigen führen, die für sieben verschiedene bewaffnete Gruppen arbeiteten.
  • Aufständische feuerten am 6. März zwei Granaten in die so genannte Grüne Zone von Bagdad, in der die irakischen Verwaltungsbehörden und die US-Botschaft untergebracht sind. Niemand wurde verletzt.
  • Drei irakische Soldaten wurden am 6. März bei der Explosion einer Bombe an einer Straße der Hauptstadt getötet.
  • Im westlich davon gelegenen Abu Ghraib wurde ein irakischer Soldat erschossen.
  • In Mossul im Norden des Landes wurden ein türkischer Fahrer und ein Kurde getötet.
Montag, 7. März, bis Sonntag, 13. März
  • Die US-Regierung hat den Vorwurf der italienischen Journalistin Giuliana Sgrena zurückgewiesen, ihr Konvoi im Irak sei vorsätzlich von US-Truppen beschossen worden. Die Behauptung, US-Soldaten hätten die 56-Jährige nach ihrer Freilassung aus einmonatiger Geiselhaft töten wollen, sei "absurd", erklärte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, am 7. März in Washington. "Es ist absurd zu behaupten, dass unsere Männer und Frauen in Uniform absichtlich auf unschuldige Zivilisten zielen würden", fügte der Präsidentensprecher hinzu. (Siehe auch unsere Presseschau zum Thema: "Tragisch, vermeidbar, gewollt?".)
  • Die US-Streitkräfte haben bei Razzien gegen mutmaßliche Rebellenverstecke im Irak mehr als 50 Verdächtige festgenommen. Nach Angaben des US-Militärs durchsuchten rund 500 Soldaten am 7. März am südlichen Stadtrand von Bagdad ein Haus, von dem aus Ende Februar Anschläge auf US-Truppen verübt worden sein sollen. Insgesamt 52 Bewohner, mehrheitlich Frauen und Kinder, seien zu Verhören mitgenommen worden.
  • Der scheidende irakische Ministerpräsident Ijad Allawi lehnt eine Beteiligung an der künftigen irakischen Regierung ab. Der hochrangige Schiitenpolitiker Hussein Schahristani von der Mehrheitsliste Vereinigte Irakische Allianz sagte am 7. März in Bagdad, Allawi habe ein entsprechendes Angebot abgelehnt und auch kein Interesse an einem Ministerposten bekundet.
  • Bei einer Anschlagserie auf Sicherheitskräfte im Irak sind am 7. März mindestens 30 Menschen getötet worden. In Balad nördlich von Bagdad starben mindestens 15 Menschen, als ein Selbstmordattentäter sein Auto beim Haus eines irakischen Armeeoffiziers in die Luft sprengte. Mindestens 23 weitere Menschen seien verletzt worden. Laut US-Armee waren an dem Angriff 20 Angreifer beteiligt gewesen.
    In der nordöstlich von Bagdad gelegenen Stadt Baakuba starben am 7. März nach Polizeiangaben vier Menschen, darunter zwei Polizisten, bei der Explosion einer Autobombe.
    Vier weitere Tote gab es bei Angriffen von Aufständischen in Bagdad.
  • Mit einem Staatsakt haben zehntausende Italiener am 7. März Abschied von dem im Irak getöteten Geheimdienstoffizier Nicola Calipari genommen. Im Zentrum Roms ruhte der Verkehr, während der Trauerzug vorüberfuhr. Präsident Carlo Azeglio Ciampi und Regierungschef Silvio Berlusconi waren unter den Trauergästen. Calipari war nach der Befreiung der italienischen Journalistin Giuliana Sgrena aus irakischer Geiselhaft getötet worden, als ihr Konvoi unter Beschuss von US-Truppen geriet.
  • Die italienischen Sicherheitskräfte haben laut einem internen Papier des Pentagon keine Vereinbarung mit der US-Armee über eine sichere Durchfahrt des Wagens mit der italienischen Journalistin Giuliana Sgrena in Bagdad getroffen. "Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die italienischen Sicherheitskräfte Vereinbarungen trafen, um die Fahrt zum Flughafen zu erleichtern", heißt es in dem Memo des US-Verteidigungsministeriums, aus dem die Zeitung "The Washington Times" am 8. März zitierte. Zudem sei das Fahrzeug, das die aus der Geiselhaft befreite Journalistin zum Bagdader Flughafen brachte, im "Stockdunkeln" und mit hoher Geschwindigkeit gefahren.
  • Unbekannte haben im Irak fünf Mitarbeiter des US-Konzerns Bechtel entführt. Das berichtete die Polizei in der nordirakischen Stadt Kirkuk am 8. März. Demnach hätten die Entführer das Auto der Männer in der 230 Kilometer nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Tus gestoppt. Ob es sich bei den Verschleppten um Iraker oder Ausländer handelt, ist noch unklar.
  • Der italienische Außenminister Gianfranco Fini hat die USA aufgefordert, die Schuldigen für den Tod des Geheimdienstoffiziers Nicola Calipari "zu identifizieren und zu bestrafen". Italiens Rekonstruktion der Ereignisse nach der Geiselbefreiung vom vergangenen Freitag in Bagdad unterscheide sich von der Darstellung der USA, sagte Fini am 8. März vor dem Parlament in Rom. Calipari habe die US-Verantwortlichen über die Befreiung der entführten Journalistin Giuilana Sgrena informiert und "alle notwendigen Kontakte" mit den US-Behörden hergestellt. "Wir fordern Wahrheit und Gerechtigkeit", betonte der Außenminister.
  • Nach häufigen Angriffen Aufständischer auf das Abu-Ghraib-Gefängnis bei Bagdad erwägen die US-Streitkräfte die Verlegung von Häftlingen aus dem Hochsicherheitstrakt an einen anderen Ort. Das Gebäude könnte dann den irakischen Behörden zur Inhaftierung gewöhnlicher Krimineller zurückgegeben werden, sagte Oberstleutnant Barry Johnson am 8. März der Nachrichtenagentur AP. Eine Entscheidung über die Räumung von Abu Ghraib sei aber noch nicht gefallen.
  • US-Soldaten töteten in der Nacht zum 8. März zwei mutmaßliche Extremisten, die in Ad Dudscha, rund 50 Kilometer nordwestlich von Bagdad, nach Militärangaben einen Anschlag verüben wollten. Sechs Verdächtige wurde festgenommen.
  • Amerikanische Soldaten haben sich am 8. März in der irakischen Stadt Ramadi ein heftiges Gefecht mit Aufständischen geliefert. Mindestens zwei Iraker kamen dabei nach Krankenhausangaben ums Leben. Die Kämpfe dauerten mehr als eine Stunde. US-Scharfschützen bezogen Stellung auf Dächern.
  • In der Hauptstadt wurde am 8. März ein ranghoher Mitarbeiter des irakischen Innenministeriums erschossen. Die Attentäter eröffneten im Stadtteil Ghasalija aus einem fahrenden Wagen heraus das Feuer auf Ghasi Mohammed Issa, den Leiter der Einwanderungsabteilung des Ministeriums. Die militante Gruppierung Al Kaida im Irak bekannte sich in einer Erklärung im Internet zu dem Mordanschlag.
  • Südöstlich von Bagdad griffen Aufständische einen Lastwagenkonvoi an, der Lebensmittel für das Handelsministerium transportierte. Wie das Innenministerium am 8. März mitteilte, wurden bei dem Zwischenfall in Salman Pak drei Zivilpersonen getötet, mindestens einer der Lastwagen fing Feuer.
  • Im Westen von Bagdad wurde am 8. März der stellvertretende Direktor des Hai-Alfurat-Krankenhauses erschossen.
  • Bei einem schweren Angriff auf das Landwirtschaftsministerium in Bagdad sind am Morgen des 9. März mindestens drei Menschen getötet und Dutzende verletzt worden. Nach Angaben von Augenzeugen und der Polizei wurde das Gebäude im Osten der irakischen Hauptstadt am Morgen von mehreren Seiten angegriffen. Zwei Selbstmordattentäter steuerten laut Aussagen eines Wächters mit einem Müllwagen auf das Ministerium zu und brachten diesen auf einer Straße hinter dem Ministerium zur Explosion. Nahezu zeitgleich wurden nach Angaben eines Polizisten an einem anderen Eingang von einem Fahrzeug aus Granaten auf das Gebäude gefeuert. Ein weiterer Augenzeuge schilderte, wie sich zwei in Polizeiuniformen gekleidete Männer zu Fuß dem Gebäude näherten und einen Wächter erschossen. Das Ministerium stand in Flammen, und dichter schwarzer Rauch stieg über dem Viertel auf. Im nahe gelegenen Nafis-Krankenhaus wurden die Verletzten behandelt. Die Ärzte nannten die Zahl von 28 verletzten Männern und Frauen. Zahlreiche Polizisten waren im Einsatz und riegelten das Gelände um das Ministerium ab. (AFP)
  • Die irakische Polizei hat im Westen des Landes die Leichen von 41 Menschen entdeckt, die alle erschossen wurden. Wie ein Polizeisprecher am 9. März mitteilte, waren die Toten von Kugeln durchsiebt, darunter 15 ohne Kopf. Unter den Toten seien auch Frauen und Kinder. Sie hätten alle Zivilkleidung getragen. Die Leichen wurden am Abend zuvor auf einem Feld in der Nähe der Ortschaft Rumana gefunden, unweit der syrischen Grenze. Vermutlich seien die Opfer bereits einige Tage zuvor getötet worden, sagte Polizeisprecher Musahim al Karbuli.
  • Bei einem Angriff auf einen US-Militärstützpunkt südlich von Bagdad ist eine irakische Zivilistin getötet worden. Nach Polizeiangaben feuerten Aufständische Mörsergranaten auf den Stützpunkt nördlich von Hilla ab. Eine Granate verfehlte ihr Ziel und traf das Haus der Irakerin. Sie war sofort tot. (dpa, 10. März)
  • Aufständische haben am 10. März in der nordirakischen Stadt Kirkuk den Bürochef des Fernsehsenders Kurdistan TV auf dem Weg zur Arbeit erschossen. Der Sender gehört der Kurdischen Demokratischen Partei.
  • In Bagdad töteten Unbekannte den Chef einer Polizeistation in der Innenstadt zusammen mit zwei seiner Mitarbeiter. Das berichteten Polizeieioffiziere am 10. März in der Wache.
  • Bei einem Selbstmordanschlag in der nordirakischen Stadt Mossul sind am 10. März zahlreiche Menschen getötet worden. Ärzte im Krankenhaus der Stadt sprachen von mehr als 50 Toten. Ein Reporter vor Ort berichtete dagegen, 30 Menschen seien ums Leben gekommen. Ein Attentäter hatte sich bei einer Trauerfeier in einer Schiiten-Moschee in der mehrheitlich von Sunniten bewohnten Stadt in die Luft gesprengt. (dpa)
  • Die Gewalt im Irak ist wieder auf das Niveau vor der Wahl angestiegen, wie aus einem Bericht von UN-Generalsekretär Kofi Annan hervorgeht. Die neue Regierung müsse dagegen entschlossen und zugleich behutsam vorgehen. "Besondere Vorsicht muss walten, damit Zivilpersonen nicht unbeabsichtigt in Mitleidenschaft gezogen werden", schreibt Annan in dem am 10. März in New York veröffentlichten Bericht. Die Zunahme der Anschläge und des Widerstandes sei besonders beunruhigend, weil viele Iraker und ausländische Beobachter auf ein abflauen der Gewalt nach der Wahl einer souveränen Regierung gehofft hätten. Annans Sondergesandter für den Irak, Aschraf Kasi, habe die irakischen Verantwortlichen zum Dialog bei der Ausarbeitung einer neuen Verfassung aufgerufen. Zentral für die weitere Entwicklung im Irak sei eine Versöhnung zwischen der sunnitischen und schiitischen Bevölkerungsgruppe.
  • Im US-Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad ist auch ein elfjähriger Junge festgehalten worden. Das geht aus Dokumenten der US-Streitkräfte hervor, die die Amerikanische Union für Bürgerrechte (ACLU) am 10. März veröffentlichte. Darin sind auch Zeugenaussagen über sexuellen Missbrauch einer 17-Jährigen durch Gefängnispersonal und weitere Einzelheiten über minderjährige Häftlinge in Abu Ghraib enthalten. Die Streitkräfte hatten bislang stets versichert, dass unter den in Abu Ghraib misshandelten Gefangenen keine Jugendlichen gewesen seien.
  • Wenige Stunden nach dem blutigen Selbstmordanschlag auf eine schiitische Moschee in der nordirakischen Stadt Mossul ist der Anschlagsort am Morgen des 11. März mit einer Mörsergranate beschossen worden. Die Angehörigen verzichteten daraufhin auf die ursprünglich für diesen Tag geplante gemeinsame Beerdigung der Toten. Der schiitische Prediger Jassem Mohammed sagte, die Opfer sollten nun einzeln bestattet werden. Bei dem Anschlag während einer schiitischen Trauerfeier waren am 10. März 47 Menschen getötet und 81 weitere verletzt worden.
  • Die Misshandlung von Gefangenen durch US-Soldaten im Irak, in Afghanistan und in Guantánamo geht nach Einschätzung eines internen Berichts der US-Armee auf das Fehlverhalten Einzelner zurück. Die Führung von Armee und Verteidigungsministerium hätten derartige Misshandlungen niemals angeordnet, heißt es in einem Auszug des Berichts, der von Vizeadmiral Albert Church am 10. März vorgestellt wurde. "Das Verhörpersonal wusste genau, dass Missbrauchstechniken zu allen Zeiten verboten waren", heißt es in dem Bericht. Dennoch seien in einigen Einheiten "Ordnung und Disziplin zusammengebrochen". Bei Verhören seien "kulturelle und religiöse Empfindlichkeiten" von Gefangenen missachtet worden. Mit Anordnungen von oben habe dies nichts zu tun gehabt: "Wir fanden keinen Zusammenhang zwischen erlaubten Verhörmethoden und dem Missbrauch von Gefangenen." Dem Bericht zufolge wurden bis September vergangenen Jahres 71 ernsthafte Missbrauchsfälle dokumentiert, bei denen 121 Gefangene betroffen waren. Sechs von diesen seien tot. 130 weitere Fälle würden noch untersucht, auch unter diesen habe es Todesfälle gegeben. Der Bericht wurde unter Churchs Leitung für den Streitkräfteausschuss des Senats erstellt. Von den etwa 400 Seiten wurde nur eine 25-seitige Zusammenfassung der Öffentlichkeit vorgestellt.
  • Eine Gruppe internationaler Gesundheitsexperten hat London und Washington scharf dafür kritisiert, die Kriegsopfer im Irak nicht zu zählen. Die Angaben des irakischen Gesundheitsministeriums, auf die sich die britische und amerikanische Regierung stützen, lägen weit unter den tatsächlichen Zahlen. Eine umfassende Untersuchung über die tatsächliche Opferzahl sei dringend geboten und müsse sofort begonnen werden. Den Aufruf der Gruppe veröffentlichte das "British Medical Journal", wie AP am 11. März meldete. Nach Angaben der irakischen Regierung wurden zwischen April und Oktober vergangenen Jahres 3.853 Zivilpersonen getötet und 15.517 verletzt. Darin sind die Zahlen aus dem ersten Kriegsjahr nicht enthalten. Zudem wurden den Gesundheitsexperten zufolge diejenigen Menschen, die nur indirekt an den Folgen von Kriegshandlungen gestorben sind, nicht aufgenommen. Auch zählt das Ministerium nur die Opfer, die auch offiziell gemeldet werden. Das Medizinjournal "Lancet" schätzte im Oktober letzten Jahres, seit Kriegsbeginn vor zwei Jahren seien 98.000 Menschen getötet worden. Die Lancet-Zahlen basieren auf der Befragung von Haushalten und der daraus hochgerechneten höheren Todesrate nach dem Einmarsch der US-geführten Koalition. "Die Opfer zu zählen kann dabei helfen, Leben zu retten", heißt es in dem Aufruf. Das britische Außenministerium erklärte, wegen der angespannten Sicherheitslage sei eine Untersuchung im Irak derzeit nicht durchzuführen. Die Zahlen des irakischen Gesundheitsministeriums seien die akkuratesten.
  • Die Freilassung der italienischen Journalistin Giuliana Sgrena aus der Geiselhaft im Irak sollte einem Zeitungsbericht zufolge ohne das Wissen der USA ablaufen. Er habe zwei Mal vom später von US-Soldaten erschossenen Geheimdienst-Unterhändler Nicola Calipari die Anweisung erhalten, die US-Truppen nicht zu informieren, zitierte die italienische Zeitung "La Repubblica" den Vize-Kommandeur der multinationalen Truppen im Irak, den italienischen General Mario Marioli, am 12. März.
  • Die Ukraine hat mit dem Abzug ihrer Truppen aus dem Irak begonnen. Eine 150 Mann starke Kompanie habe am 12. März ihren Stützpunkt nahe der irakischen Stadt As Suwajra verlassen und werde voraussichtlich am 15. März in die Ukraine zurückkehren, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew am Samstag mit. Bis Oktober sollen alle 1.650 bislang im Irak stationierten Soldaten das Land verlassen. Präsident Viktor Juschtschenko macht damit eine äußerst unpopuläre Entscheidung seines Vorgängers Leonid Kutschma rückgängig.
  • Im Irak sind bei Angriffen und Anschlägen von Nachmittag des 12. März bis Mittag des 13. März mindestens acht Menschen ums Leben gekommen. Bei einem Autobombenanschlag in der im Norden von Bagdad gelegenen Stadt Tschorgat starben am Abend des 12. März vier Menschen, unter ihen zwei Polizisten, wie die örtliche Polizei mitteilte. Zwei US-Staatsbürger, Mitarbeiter der Sicherheitsfirma Blackwater, wurden bei der Explosion einer Bombe an der Straße in die südlich der Hauptstadt gelegenen Stadt Hilla getötet, wie die US-Botschaft am 13. März mitteilte. Sie hatten als Vertragsarbeiter für die US-Armee gearbeitet. Ein Polizist wurde laut Innenministerium am 12. März in der östlich von Bagdad gelegenen Stadt Maamel erschossen. Ein Unbekannter erschoss demnach außerdem einen ranghohen Angestellten des Bagdader Flughafens in seinem Haus in der Hauptstadt.
  • Die kurdischen Parteien im Irak haben ihren Willen zur Bildung einer Koalitionsregierung mit den Schiiten bekräftigt. Der stellvertretende Ministerpräsident Barham Saleh, ein Kurde, erklärte am 13. März, eine endgültige Einigung mit der Vereinigten Irakischen Allianz stehe kurz bevor. Teil dieser Einigung werde auch die Verteilung der Ämter in der zukünftigen Regierung sein. Saleh wies Berichte über ein Scheitern der Gespräche zurück.
  • Eine bislang unbekannte islamistische Gruppe hat sich zu dem Selbstmordanschlag während einer schiitischen Beerdigungsfeier in Mossul am vergangenen Donnerstag bekannt. Die Gruppe namens Dschund el Sahaba fi al Irak (Soldaten der Kampfgefährten (des Propheten Mohammed) im Irak) übernahmen in einer am 13. März im Internet veröffentlichten Erklärung die Verantwortung für die Tat, bei der 51 Menschen getötet und 77 weitere verletzt worden waren. In dem Schreiben wird die Bluttat als "Eroberung Mossuls" und Bestrafung der Schiiten bezeichnet. Die Schiiten wollten die "Sunniten im Irak beseitigen".
  • Mehr als zwei Monate nach dem Verschwinden der französischen Journalistin Florence Aubenas im Irak gibt es neue Hoffnung. Die Regierung in Paris hat möglicherweise Kontakt zu den Geiselnehmern. Immer mehr Menschen kämen zur französischen Botschaft in Bagdad, um Informationen zu geben, sagte die Sprecherin der Regierungspartei UMP am 13. März dem Rundfunksender Europe-1. Am Wochenende (12./13. Mäez) kam es in ganz Frankreich erneut zu Solidaritätskundgebungen für Aubenas und ihren ebenfalls verschleppten irakischen Fahrer.
Montag, 14. März, bis Mittwoch, 16. März
  • Die aus der irakischen Geiselhaft befreite italienische Journalistin Giuliana Sgrena ist am 14. März erfolgreich an der linken Schulter operiert worden. Wie ihr Lebensgefährte Pier Scolari in Rom mitteilte, verlief der zweistündige Eingriff im Krankenhaus Celio in Rom ohne Komplikationen.
  • Der ehemalige irakische Vize-Regierungschef und Außenminister Tarek Asis hat am 14. März in einem offenen Brief einen fairen Prozess verlangt. In dem Schreiben bittet Asis, der in Bagdad in US-Gefangenschaft sitzt, die internationale Öffentlichkeit um Unterstützung. "Wir haben seit langem keinen Kontakt mehr zu unseren Familien, dürfen nicht telefonieren, und man gibt uns die Post unserer Angehörigen nicht", kritisiert Asis in dem Brief, der der Nachrichtenagentur AFP vorliegt.
  • Irakische Sicherheitskräfte haben in der Nähe von Tikrit zwei Vertraute des ehemaligen Staatschefs Saddam Hussein festgenommen. Die Einsatzkräfte hätten in der Heimatregion des gestürzten Präsidenten am vergangenen Dienstag (8. März) vier Menschen gefasst, unter denen auch Abdullah Maher Abdel Raschid und Marwan Taher Abdel Raschid gewesen seien, teilte die Regierung in Bagdad am 14. März mit. Maher Abdel Raschid sei der Schwager des getöteten Kusai Hussein gewesen, einem der Söhne von Saddam Hussein. Es sei sehr wahrscheinlich, dass er von Kusai und Saddam Hussein "große Summen Geld" bekommen habe, "um den Terrorismus im Irak zu finanzieren".
  • Bei der Explosion einer Autobombe im Norden Bagdads sind am 15. März mindestens vier Menschen verletzt worden. Wie das Innenministerium in der irakischen Hauptstadt mitteilte, detonierte die Bombe nahe einer sunnitischen Moschee im Stadtteil Bab es Mosam.
  • Bei einem Autobombenanschlag in Bagdad ist am 15. März ein US-Soldat getötet worden. Sechs weitere wurden bei dem Attentat im Westen der irakischen Hauptstadt verletzt, wie die US-Armee mitteilte.
  • Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat am 15. März eine Reduzierung von Roms 3.000 Mann starken Militärkontingent im Irak ab September angekündigt. Zugleich gab der Regierungschef am Dienstag in Rom bekannt, dass das Mandat der italienischen Truppen um weitere sechs Monate verlängert werde. Für diese Verlängerung hatten die Abgeordneten zuvor mit 246 Ja- bei 180 Nein-Stimmen und acht Enthaltungen gestimmt. Der Senat hatte die Verlängerung vor einem Monat mit 141 Stimmen bei 112 Gegenstimmen und einer Enthaltung knapp gebilligt.
    Nach der Ankündigung des italienischen Truppenabzugs aus dem Irak hat die US-Regierung den Bündnispartner gelobt. Die Italiener hätten "tapfer gedient bei der Unterstützung der Demokratie", sagte Außenministerin Condoleezza Rice am 16. März bei einem Besuch in Indien. Sie vertraue darauf, dass jede Entscheidung so koordiniert werde, dass die Mission im Irak nicht gefährdet werde.
    Australien schließt nicht aus, Ersatz für die ab September reduzierten italienischen Truppen im Irak zu entsenden. Derzeit gebe es zwar keine Pläne für eine Aufstockung des australischen Kontingents, sagte Regierungschef John Howard am 16. März vor dem Parlament. Er könne aber Änderungen nicht ausschließen, fügte er auf drängende Fragen der Abgeordneten hinzu. Bislang habe die Regierung in Canberra aber keine Bitte um die Entsendung von mehr Soldaten in den Irak erhalten.
  • In der Nähe eines Postens der irakischen Armee in Baakuba ist am 16. März ein Autobombenanschlag verübt worden. Bei dem Attentat im Viertel Mafrak im Nordosten der Stadt wurden mehrere Menschen verletzt, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Krankenwagen transportierten die Opfer ab. Baakuba befindet sich 60 Kilometer nordöstlich der irakischen Hauptstadt Bagdad.
  • Sechseinhalb Wochen nach der Wahl kommt das neue irakische Parlament am 16. März in Bagdad zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Die 275 Abgeordneten sollen den Parlamentspräsidenten und den dreiköpfigen Präsidialrat mit dem Staatschef an der Spitze wählen. Der Präsidialrat soll dann den Regierungschef bestimmen; Favorit für diesen Posten ist der Schiitenpolitiker Ibrahim Dschaafari. Am 15. März verhandelten Vertreter der Schiiten, Kurden und Sunniten allerdings noch bis zur letzten Minute über die Besetzung der höchsten Staatsämter - für ihre Wahl ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Das Datum des 16. März ist hochsymbolisch: An dem Tag wurden vor 17 Jahren tausende Kurden bei einem Giftgasangriff der Armee von Saddam Hussein auf die Ortschaft Halabdscha getötet.
    Die konstituierende Sitzung des irakischen Parlaments ist am 16. März nach eineinhalb Stunden zu Ende gegangen, ohne dass die Abgeordneten einen Parlamentspräsidenten und den dreiköpfigen Präsidialrat gewählt haben. Einer der Redner sagte, die Parlamentarier sollten zu einem späteren Zeitpunkt zusammenkommen, um den Parlamentspräsidenten zu bestimmen.
    Die künftige Regierung des Iraks strebt einen Abzug aller ausländischen Truppen an. Eine von der Vereinigten Irakischen Allianz geführte Regierung trete für die volle Unabhängigkeit und ein Ende der ausländischen Militärpräsenz ein, sagte der Vorsitzende der schiitischen Partei, Abdel Asis al Hakim, am Mittwoch während der ersten Sitzung des neu gewählten Parlaments in Bagdad. Der bisherige Übergangspräsident Ghasi al Jawar rief die Parteien zur nationalen Einheit auf. "Wir müssen wissen, dass es keine Gewinner oder Verlierer unter uns gibt", sagte der Interimspräsident. "Entweder gewinnen wir alle oder wir verlieren gemeinsam." Nach der Verlesung von Versen aus dem Koran und ersten Redebeiträgen legten die Abgeordneten ihren Amtseid ab. Der Irak-Gesandte der Vereinten Nationen, Ashraf Jehangir Qazi, sagte: "Es macht uns stolz zu sehen, wie vor unseren Augen Geschichte geschrieben wird." Der kurdische Abgeordnete Fuad Massum erinnerte daran, dass die Sitzung am 17. Jahrestag des Giftgasangriffs auf das kurdische Dorf Halbdscha stattfand. Damals kamen unter Saddam Hussein 5.000 Menschen ums Leben.
    US-Präsident George W. Bush hat die erste Sitzung des irakischen Übergangsparlamentes als ein "Moment der Hoffnung" bezeichnet. Die konstituierende Sitzung sei eine "Etappe im Prozess" in Richtung Demokratie, sagte Bush am 16. März vor der Presse im Weißen Haus in Washington. Dies sei ein Schritt auf dem Weg zu einer neuen Verfassung und Wahlen.
  • Die US-Armee verdächtigt eigene Mitglieder, seit 2002 mindestens 26 Gefangene in Afghanistan und im Irak getötet zu haben. In 18 Fällen seien die internen Ermittlungen mit der Empfehlung einer weiteren strafrechtlichen Verfolgung abgeschlossen worden, berichtete die "New York Times" am 16. März unter Berufung auf Angaben der US-Armee. In acht weiteren Fällen werde noch ermittelt. Ein Sprecher der US-Armee bestätigte die Untersuchungen.
  • Bei einem Anschlag in der irakischen Stadt Baidschi sind am 16. März vier Menschen ums Leben gekommen. Der Sprengsatz explodierte, als ein Lehrer und drei Schüler in einem Auto das Öl-Institut der 200 Kilometer nördlich von Bagdad gelegenen Stadt verließen, wie die Polizei mitteilte.
  • Nahe der rund 70 Kilometer nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Balad wurden am 16. März drei Leichen entdeckt, die nach Krankenhausangaben mit Kopfschüssen hingerichtet worden waren. Dabei handelte es sich um einen Übersetzer, einen Chauffeur und einen Geschäftsmann, die für die US-Truppen im Irak gearbeitet hatten.
  • Nach Rücksprache mit seinen Verbündeten hat der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi seine Ankündigung eines Truppenrückzug aus dem Irak relativiert: Der Rückzug sei lediglich "ein Wunsch", sagte er am 16. März. Alles müsse mit den Alliierten abgestimmt werden. "Wenn es nicht geht, dann geht es nicht", sagte Berlusconi. In einem Telefonat mit US-Präsident George W. Bush hatte Berlusconi zuvor aber nochmals den grundsätzlichen Willen für den Abzug betont. Der Abzug der gut 3000 italienischen Soldaten im Irak solle "so schnell wie möglich", möglichst schon im September, eingeleitet werden, sagte er laut seinem Büro. Die Entscheidung hänge gleichwohl von der "wachsenden Fähigkeit" der irakischen Regierung ab, selbst für Sicherheit und Ordnung im Land sorgen zu können. Alle Verbündeten und die Regierung in Bagdad würden dazu konsultiert.
  • Wenn nicht schnell gegengesteuert werde, könnte das Irak-Programm den "größten Korruptionsskandal in der Geschichte" mit sich bringen, heißt es im vierten Welt-Korruptionsbericht, den Transparency International (TI) am 16. März in London und Berlin vorstellte. Bei nahezu allen Tätigkeiten irakischer Regierungsstellen seien Schmiergelder im Spiel. TI warf auch den USA Mängel bei der Auftragsvergabe vor. "Mittel, die wie im Irak für den Wiederaufbau von Ländern zur Verfügung gestellt werden, müssen vor Korruption geschützt werden", sagte TI-Vorsitzender Peter Eigen in London. (Frankfurter Rundschau, 17.03.2005)
  • Ein Hauptmann der US-Armee ist am 16. März in Colorado wegen Körperverletzung begangen an drei Irakern schuldig gesprochen worden. Mehrere weitere Vorwürfe wie Behinderung der Justiz und Angriff auf einen seiner eigenen Soldaten verwarf das Gericht. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft herrschte Shawn Martin in Ar Rutba in der westirakischen Wüste wie ein Kleinstadtsheriff mit einen Baseballschläger und einer Pistole. Zeugen sagten aus, er habe irakische Zivilpersonen geschlagen und getreten und ihnen mit der Erschießung gedroht. Ihm drohen insgesamt mehr als neun Jahre Haft. Die Jury wollte ab dem 17. März über das Strafmaß beraten.



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