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Kritik an Bushs Irakplan: "Dem Irak hilft nur eine Exit-Strategie"

Friedensbewegung legt alternativen 5-Punkte-Plan vor - Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag

Im Folgenden dokumentieren wir eine Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag, in dem die Rede des US-Präsidenten Bush vom 24. Mai kritisiert wird.


Pressemitteilung
  • Bushs Irakstrategie führt nur weiter in die Katastrophe
  • Friedensbewegung legt alternativen 5-Punkte-Plan vor
  • Bundesregierung muss deutlich Nein zur Besatzung sagen
  • Friedensbewegung bereitet Irak-Tribunal vor
Kassel, 26. Mai 2004 - Der Bundesausschuss Friedensratschlag, der sich in den letzten Wochen wiederholt mit der Situation im Irak und im Nahen Osten befasst hat, hält die jüngste Rede des US-Präsidenten für eine politische Katastrophe. Bushs 5-Schritte-Strategie zur Herstellung der Souveränität und zur Befriedung des Irak ist eine explosive Mischung aus Ignoranz und Arroganz.

Bush verkennt den Ernst der Lage im Irak, wenn er davon ausgeht, dass die Besatzung von der irakischen Bevölkerung gutgeheißen und die versprochene Freiheit begrüßt würden. Die Umfragen im Land, die Situationsberichte über die Stimmung in der Bevölkerung und der zunehmende Widerstand gegen die Besatzung (der sich keinesfalls nur in verbrecherischen Terrorakten gegen die Zivilbevölkerung ausdrückt) sprechen eine deutliche Sprache: Die Bevölkerung wünscht sich nichts sehnlicher als den Abzug der ausländischen Truppen und die Herstellung der vollen Souveränität des Landes, die auch die freie Verfügung über die Ressourcen des Landes einschließt.

Die Besatzung hat sich durch die bekannt gewordenen Folter- und Misshandlungszustände in den Gefangenenlagern selbst immer mehr ins Unrecht gesetzt und auch bei "gut meinenden" Irakern jeden Kredit verspielt. Eine Armee und ein Geheimdienst, die in einem fremden Land derart außerhalb jeden Gesetzes und internationalen Rechts Krieg führen und Menschen "behandeln", haben jeden Anschein einer Aufenthaltsberechtigung verloren.

Bush sitzt noch einer zweiten Lebenslüge auf: Seine Besatzungstruppen würden weiterhin benötigt, um das Land vor dem "Chaos" zu bewahren. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Je länger fremde Truppen im Land sind, desto größer wird das "Chaos", desto zahlreicher werden Anschläge und Terrorakte, desto mehr leidet die Bevölkerung unter Kriminalität, Plünderungen und Gesetzlosigkeit. Einer aktuellen AP-Erhebung zufolge starben seit dem offiziellen Ende des Irakkriegs (1. Mai 2003) pro Monat durchschnittlich 357 Bagdader eines gewaltsamen Todes. Im Jahr 2002 waren es dagegen nur 14 pro Monat.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag setzt dem 5-Schritte-Plan des US-Präsidenten eine in sich schlüssige Exit-Strategie entgegen, die aus folgenden fünf Elementen bestehen könnte:
  • Schnellstmöglicher und geordneter Abzug aller Besatzungstruppen der "Kriegsallianz" aus dem Irak (Abschluss des Abzugs am 30. Juni).
  • Abzug der US-Militärpersonen (einschließlich Geheimdienstmitarbeiter und privater Sicherheitsleute) aus den Gefangenenlagern; Unterstellung der Gefängnisse unter eine irakisch-internationale Kommission, wobei die internationale Komponente vom Roten Kreuz und vom Roten Halbmond gebildet werden sollte.
  • Der UN-Sicherheitsrat und die zum 1. Juli eingesetzte irakische Übergangsverwaltung bereiten allgemeine, gleiche und geheime Wahlen vor.
  • Der Irak erhält die volle Souveränität und Verfügungsgewalt über seine natürlichen Ressourcen, insbesondere der Ölquellen.
  • Der UN-Sicherheitsrat berät ein Programm zum wirtschaftlichen und infrastrukturellen Wiederaufbau des Landes; zu dessen Finanzierung sollen vor allem die Staaten der ehemaligen Kriegsallianz herangezogen werden (Reparationsleistungen).
Die Bundesregierung wird aufgefordert, keiner Resolution im UN-Sicherheitsrat zuzustimmen, welche die militärische Präsenz der Kriegsallianz im Irak verlängern würde. Wer Nein zum Krieg gesagt hat, muss heute auch Nein zur Besatzung sagen.

Die Friedensbewegung wird am 19. Juni in Berlin eine Anhörung zur Vorbereitung eines internationalen Irak-Tribunals veranstalten. Dort werden nicht nur die Handlungen der Kriegsallianz während des "offiziellen" Teils des Krieges, sondern auch jene Verstöße gegen die Genfer Konvention, die in der Zeit der 13-monatigen Besatzung begangen wurden, verhandelt. Bis dahin will der Bundesausschuss Friedensratschlag seine Aufklärung über die reale Lage im Irak verstärken und und dabei insbesondere für seine Exit-Strategie werben.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)


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