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Blairs Dossier über die irakische Bedrohung / "IRAQ`S WEAPONS OF MASS DESTRUCTION" - Executive Summary (verbatim)

Eine Studie der britischen Regierung zur rechten Zeit - Darstellung und Kommentar

Der Zeitpunkt war nicht schlecht gewählt: Am 24. September 2002, zwei Tage nach der Bundestagswahl, die der rot-grünen Koalition mit einer ausreichenden Zahl von Leihstimmen aus dem Friedenslager überraschend eine zweite Chance zur Regierung bescherte, stellte Tony Blair ein brisantes Dossier der britischen Regierung vor, das die Menschen erschrecken und zur Sammlung hinter der Kriegsfront Bush-Blair bewegen soll. Eine ähnliche Funktion hatte seinerzeit, in der Vorbereitungsphase des Afghanistan-Krieges im September/Oktober 2001, die britische Veröffentlichung von angeblichen Beweisen einer Verstrickung Bin Ladens, der Al Qaida und des Taliban-Regimes in die Terroranschläge vom 11.9. gehabt. Von Experten wurde das Papier damals heftig kritisiert. Es tauge nicht einmal für die Begründung eines Anfangsverdachts gegen die Beschuldigten. Angesichts der dürftigen Aktenlage müssten die Angeklagte vor jedem ordentlichen Gericht "mangels Beweisen" freigesprochen werden.

Der Rahmen aus deutscher Sicht

Nun also ein Papier, das die Notwendigkeit eines Präventivkrieges gegen Irak begründen soll. Es ist gar keine Frage, dass dieses Dossier schon während des Bundestagswahlkampfs hätte veröffentlicht werden können. Doch das wäre äußerst ungeschickt gewesen. Hätte es doch den forschen Antikriegskurs Schröders konterkariert, der u.a. damit begründet wurde, dass die von den USA und Großbritannien behaupteten Gefährdungen, die von irakischen Massenvernichtungswaffen ausgehen, wesentlich geringer und die Risiken, die ein Krieg gegen Irak für die Region und die Anti-Terror-Koalition bergen würde, wesentlich größer wären. In einer Situation, wo sich abzeichnete, dass ein Wahlsieg für Rot-Grün nur durch die beharrliche Ablehnung des Krieges möglich wäre, hätte das Blair-Papier störend und schädlich gewirkt. Wasser auf die Mühlen des innenpolitischen Gegners von Rot-Grün zu leiten, konnte denn doch nicht die Absicht des "Genossen" Blair sein. Nach der Wahl mussten solche Rücksichten nicht mehr genommen werden. Im Gegenteil: Da alle Welt, sprich: die herrschende veröffentliche Meinung davon ausgeht, dass Schröder und Fischer außenpolitisch ohnehin zurückrudern müssten, um den "Riss" in den deutsch-amerikanischen Freundschaftsbeziehungen wieder zu kitten, können ein paar "neue Erkenntnisse" nichts schaden. Für Politiker ist es ja immer wichtig, das "Gesicht zu wahren": Der deutsche Bundeskanzler wird sich künftig darauf berufen können, dass sein Irak-Kurs vor der Wahl auf den ihm zugänglichen Informationen beruhte; nun könnte sich die Lage durch neue Erkenntnisse, über die Bush und Blair schon früher verfügten und demnach mit ihrem Irak-Kurs auch schon Recht hatten, ändern.

Und in der Tat: Die Rolle rückwärts hat unmittelbar nach der gewonnen Wahl bereits begonnen, als Verteidigungsminister Struck ein stärkeres Engagement in Afghanistan (ISAF-Truppe) und auf dem Balkan (Bosnien, Kosovo, Mazedonien) in Aussicht stellte. Wer in größeren Zusammenhängen denkt, wird sich ausrechnen können, dass damit anglo-amerikanische Truppen an dieser Front entlastet und an der irakischen Front verstärkt werden könnten. Die Bundesregierung unterstützt damit aktiv einen Krieg, den sie bislang nicht unterstützen wollte, weil sie ihn für falsch hielt. Auch die Nutzung des deutschen Luftraums und der US-Stützpunkte auf deutschem Boden durch US-Truppen für deren Einsatz im Irak dürfte für die Bundesregierung nicht in Frage stehen. Das geht nicht nur daraus hervor, dass über dieses Thema in Berlin beharrlich geschwiegen wird, sondern auch daraus, dass die Völkerrechts- und Grundgesetzwidrigkeit des bevorstehenden Angriffskriegs gegen Irak bisher von keinem Regierungspolitiker thematisiert wurde. Lediglich Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hatte sich hierzu ein Mal geäußert und auf die einschlägigen Artikel des Grundgesetzes hingewiesen (z.B. Art. 26 GG), die einen Angriffskrieg unmissverständlich verbieten und unter Strafe stellen.

Das Dossier mit dem nüchternen Titel "Iraq`s Weapons of Mass Destruction" basiert, so stellt Tony Blair in seinem Vorwort fest, auf der Arbeit des Joint Intelligence Committee (JIC), einem Gremium, das sich - unter Leitung des Büros des Ministerpräsidenten - aus den Spitzen der drei britischen Geheimdienste, dem Chef des Verteidigungsausschusses und höheren Beamten aus den wichtigsten Ministerien zusammensetzt. Das seit 60 Jahren betsehende JIC arbeitet normalerweise streng geheim und es sei noch nie vorgekommen, dass die Regierung ein solches Papier veröffentlicht hat, teilt Blair weiter mit. Diesmal aber müsste eine Ausnahme gemacht werden: ".. im Lichte der Debatte über Irak und die Massenvernichtungswaffen wollte ich mit der britischen Öffentlichkeit die Gründe teilen, weshalb ich glaube, dass diese Angelegenheit eine präsente und ernsthafte Bedrohung des nationalen Interesses des Vereinigten Königreichs darstellt." Und das Bild, das er sich in den letzten Monaten dank der Arbeit des JIC machen konnte, verstärkte seine Besorgnis. "Es ist klar", sagt Blair weiter, "dass trotz der Sanktionen die Politik der Eindämmung nicht ausreichend war, um Saddam an der Entwicklung solcher Waffen zu hindern." Deshalb plädiert er dafür, dass die UN-Waffeninspektoren wieder ins Land dürfen, um "ihren Job gewissenhaft zu machen". Wenn Saddam das nicht zulässt oder wenn er es ihnen so wie früher unmöglich macht, ihre Arbeit zu verrichten, "muss die internationale Gemeinschaft handeln".

Das Dossier der britischen Regierung: Zusammenfassung

Das 50 Seiten starke Dossier enthält im Grunde alle Vorwürfe, die bereits seit Monaten von Bush und Blair vorgetragen werden. Im Einzelnen geht es um folgende "Tatbestände", die Saddam zur Last gelegt, aber an keiner Stelle wirklich mit Belegen substantiiert werden:
  1. Unter Saddam Hussein entwickelte der Irak chemische und biologische Waffen, beschaffte Raketen, die es erlauben, benachbarte Länder mit diesen Waffen anzugreifen, und versuchten andauernd eine Atomwaffe zu entwickeln. Saddam hat chemische Waffen eingesetzt, sowohl gegen den Iran als auch gegen das eigene Volk. All das musste Irak nach dem Golfkrieg eingestehen. Und beim Waffenstillstand 1991 erklärte sich Saddam bedingungslos einverstanden, sich von seinen Massenvernichtungswaffen zu trennen.
  2. Viele Informationen über die irakischen Massenvernichtungswaffen konnten bereits von UN-Berichten oder von irakischen Überläufern entnommen werden. Diese Informationen deuten darauf hin, dass der Irak auch nach 1991 im Besitz von chemischen und biologischen Waffen geblieben ist, die vor dem Golfkrieg produziert worden waren. Sie zeigen auch, dass der Irak Produktionsstätten instandgesetzt hat, die früher mit der Herstellung von chemischen und biologischen Waffen befasst waren. Und es lässt darauf schließen, dass Irak die Fähigkeit behalten hat, diese Stoffe zu produzieren und Bomben, Granaten und Raketen einzusetzen, solche Stoffe zu transportieren.
  3. Eine unabhängige und gut belegte Übersicht über dieses bekannte Beweismaterial lieferte am 9. September 2002 das International Institute for Strategic Studies (IISS). Der IISS-Report behauptet darüber hinaus, dass der Irak innerhalb von Monaten Atomwaffen zusammenbauen könnte, wenn er aus fremden Quellen spaltbares Material erhielte.(Nachdem George W. Bush unter Berufung auf IISS und die Wiener Atomenergiebehörde diese Behauptung in die Welt setzte, kam eine Klarstellung aus Wien: ("IAEA-Sprecherin Fleming widerspricht US-Präsident Bush"), worin betont wird, dass die Atombehörde über keinerlei Informationen darüber verfüge, dass Irak in den letzten Jahren spaltbares Material erhalten hätte.
  4. Über diese Beweise hinaus habe die britische Regierung überzeugende Informationen aus Geheimdienstkreisen, die im vorliegenden Papier im Detail aufgeführt seien. Diese Erkenntnisse bieten zwar kein lückenloses, aber doch ein "vollständigeres Bild" von den Plänen und Fähigkeiten des Irak. Sie zeigen, dass Saddam großes Augenmerk darauf legt, in den Besitz von Massenvernichtungswaffen zu kommen, die er als Grundlage für Iraks regionale Macht ansieht. Sie zeigen auch, dass Saddam den Einsatz solcher Waffen nicht nur als letzten Ausweg betrachtet. "Er ist bereit sie zu gebrauchen, auch gegen die eigene Bevölkerung, und er ist entschlossen sie zu behalten - unter Bruch der UN-Resolutionen.
  5. Es liegen außerdem Erkenntnisse vor, dass der Irak Pläne schmiedet, wie der Verbleib dieser Waffen einschließlich der belastenden Dokumente vor neuerlichen Inspektionen verborgen werden könnten. Es hätte sich auch bestätigt, dass Saddam trotz Sanktionen und der Politik der Eindämmung (containment) Fortschritte macht mit seinen Waffenprogrammen.
  6. Unter Berücksichtigung aller Erkenntnisse kommt die britische Regierung zu der Ansicht, dass der Irak
    • fortfuhr, chemische und biologische Waffen zu produzieren;
    • über militärische Einsatzpläne (auch gegen die Schiiten im eigenen Land) für chemische und biologische Waffen verfügt. Einige dieser Waffen sind innerhalb von 45 Minuten einsatzbereit;
    • Befehls- und Kontrollstrukturen für den Gebrauch von Massenvernichtungswaffen installiert hat. Die letzte Befehlsgewalt liegt bei Saddam Hussein, es gibt aber Hinweise darauf, dass er seine Befehlsgewalt auf seinen Sohn delegiert hat;
    • mobile Forschungslabor für militärische Zwecke entwickelt hat, was frühere Berichte über die mobile Produktion von biologischen Kriegswaffen bestätigt;
    • illegale Programme verfolgt, um sich kontrollierte Materialien zu besorgen, die in der Produktion von chemischen und biologischen Waffen gebraucht würden;
    • insgeheim versuchte, Technologie und Materialien zu beschaffen, die für die Herstellung von Atomwaffen benötigt werden;
    • suchte an beträchtliche Mengen von Uran aus Afrika heranzukommen, obwohl e kein ziviles Nuklearenergieprogramm gibt, das es brauchend könnte;
    • Spezialisten zurückrief, die am Nuklearprogramm arbeiten könnten;
    • illegal bis zu 20 a-Hussein-Raketen behielt, mit einer Reichweite von 650 km und der Fähigkeit chemische oder biologische Gefechtsköpfe zu tragen;
    • mit der Entwicklung von al-Samoud-Flüssigtreibstoff-Raketen begann und die Abwesenheit der UN-Inspekteure dazu nutzte, ihre Reichweite auf mindestens 200 km zu erhöhen (was jenseits der von den Vereinten Nationen erlaubten 150 km liegt);
    • mit der Produktion seiner Feststoff-Rakete Ababil-100 begann und ebenfalls Anstrengungen unternahm, deren Reichweite auf mindestens 200 km zu erhöhen;
    • eine neue Maschinen- und Testvorrichtung entwarf für die Entwicklung von Raketen, die die britische Militärbasis auf Cypern, andere NATO-Mitglieder wie Türkei und Griechenland sowie alle Golfstaaten und Israel erreichen können;
    • illegale Programme vorantrieb um Materialien zu erhalten, die für die illegale Entwicklung von Langstreckenraketen gebraucht werden;
    • von früheren UN-Waffeninspektionen Erfahrungen sammelte und in Erwartung der Rückkehr der Inspekteure bereits begonnen hat, sensible Ausrüstungen und Dokumente zu verstecken.
  7. Diese Feststellungen geben die Sichtweise des Joint Intelligence Committee (JIC) wieder.
  8. Iraks Massenvernichtungswaffen stellen einen Bruch des Völkerrechts dar. Der Irak ist durch eine Reihe von UN-Sicherheitsrats-Resolutionen verpflichtet, die Bestände solcher Waffen unter Aufsicht der UN-Inspekteure zu vernichten. (Mit der wechselvollen Geschichte der UN-Inspektionen befasst sich der Teil 2 des Dossiers.)
  9. Die Bedrohung durch den Irak geht aber nach Auffassung der britischen Regierung nicht nur von den Fähigkeiten aus, die bisher beschrieben wurden. Sie kämen auch aus der "gewalttätigen und aggressiven Natur von Saddam Husseins Regime". Ernsthafte Sorgen über die Bedrohung, die Saddam darstellt, rühren auch von dem Register seiner internen Repression und externen Aggressionsakte. Belegt wird dies in Teil 3 des vorliegenden Dossiers.
  10. Schließlich wird auch dargelegt, wie Saddam seine Waffenprogramme finanziert. So wird etwa behauptet, der Irak hätte aus verbotenen Geschäften außerhalb des UN-Sanktionsregimes ein Einkommen von etwa drei Milliarden US-Dollar erzielt.
Kritik und Bewertung

Die Kritik an dem Blair-Papier kam aus vielen Richtungen. Haupttenor: Was hier zusammengetragen wurde, ist entweder im Wesentlichen schon lange bekannt, oder wird systematisch überbewertet und aufgebauscht oder wird nicht hinreichend belegt. Am ausführlichsten geht ein Papier einer oppositionellen Gruppe in der Labour Party auf das Dossier ein und widerlegt die Behauptungen Punkt für Punkt. Wir haben es ebenfalls im Original dokumentiert - mit einer einleitenden deutschen Zusammenfassung (LABOUR AGAINST THE WAR's COUNTER-DOSSIER.) Ein Sprecher der Bundesregierung bewertete das Blair-Papier diplomatisch zurückhaltend; es enthalte nichts, was die Bundesregierung nicht schon gewusst hätte (FR, 25.09.2002). Götz Neuneck vom Hamburger Institut für Friedensforschung (IFSH) sagte gegenüber der Süddeutschen Zeitung (26.09.2002), er könne die "große Gefahr" nicht erkennen, welche das Dosier an die Wand male. 1990 sei der Irak gefährlicher gewesen als heute. Heute verfüge er im Wesentlichen nur über Mörser und Granaten, mit den wenigen Scud-Raketen, die er möglicherweise noch hat (das Dossier spricht von 20), ließe sich auch nicht viel ausrichten. Es sei auch an keiner Stelle belegt, sagt Neuneck, dass der Irak die Produktion chemischer oder biologischer Waffen fortführe. Die evtl. noch vorhandenen Reste solcher Agenzien stellen keine besondere Gefahr dar, denn: "Für Chemiewaffen braucht man enorme Mengen, und die Verteilung des Giftes ist wie auch bei biologischen Kampfstoffen sehr schwierig." Der Biowaffenexperte Jan van Aken vom Sunshine-Project stößt in dieselbe Kerbe und hält die meisten Vorwürfe in dem britischen Dossier für nicht belegt. "Das Dossier enthält nur heiße Luft und unbewiesene Behauptungen und keinen einzigen Beleg, der frischer wäre als vier Jahre", sagt Jan van Aken gegenüber der Tageszeitung junge Welt (26.09.2002).

Nicht so einfach sei es für den Irak auch, Atomwaffen herzustellen. Ein Engpass ist vor allem das spaltbare Material, das ja nur von außen zu erhalten sei. Das waffenfähige Nuklearmaterial, das weltweit nachweislich geschmuggelt würde, belaufe sich jährlich auf gerade einmal 30 kg. Außerdem fehlt in dem Dossier jeglicher Hinweis darauf, welche Art von Uran der Irak angeblich gekauft haben soll. Jan van Aken im "junge-welt"-Interview: "Wenn man Blairs Bericht genau liest, sieht man, dass der Irak eben nicht über die Technologie zur Atomwaffenproduktion verfügt. Im Bericht heißt es lediglich, dass der Irak innerhalb von zwei Jahren Atomwaffen bauen könnte, falls er sowohl hochangereichertes Uran als auch andere Technologien von außen zur Verfügung gestellt bekommt. Es wird ausdrücklich erwähnt, dass er aus eigener Kraft nicht dazu in der Lage ist."

Was alle Kritiker aber übereinstimmend fordern ist die Rückkehr der Waffeninspekteure, weil nur sie verifizieren oder falsifizieren könnten, was an Verdächtigungen von der britischen Regierung und von Washington in die Welt gesetzt wird. Dazu liegt das Angebot aus Bagdad vor. Wer ein Interesse an der Abrüstung des Irak und anderer Staaten der Nahost-Region hat, sollte dieses Angebot annehmen. Wer es ausschlägt, setzt sich dem Verdacht aus, dass es ihm um mehr als die Massenvernichtungswaffen geht. Von der US-Administration wissen wir, dass sie hauptsächlich am gewaltsamen Sturz des irakischen Regimes interessiert ist. Großbritannien als treuester Verbündeter der USA wollen, gestützt auf eine neue UN-Resolution, den Irak entwaffnen. So sagte es vor kurzem der britische Außenminister Jack Straw: "Das Ergebnis, das wir anstreben, ist die Abrüstung des Regimes von Saddam Hussein." (SZ, 26.09.2002) Das Dossier allerdings geht in seiner Argumentation weiter (siehe oben Ziffer 9 der Zusammenfassung) und widmet der Innenpolitik Saddams ein eigenes Kapitel (Teil 3). Darin soll nachgewiesen werden, dass Saddam auf keinen Fall zu trauen sei, da er und sein Regime von "Natur" aus "aggressiv" und "gewaltsam" seien. Wenn man einmal von der "Natur" absieht, könnte man dieser Einschätzung sogar zustimmen. Nur: Wenn das zum Kriterium für die Anwendung militärischer Gewalt in den internationalen Beziehungen würde, wären zugleich das Völkerrecht und die UN-Charta (mit ihrem strikten Gewaltverbot und der Souveränität der Mitgliedsstaaten) außer Kraft gesetzt und überhaupt jedes geregelte Zusammenleben auf dieser Erde aufs äußerste gefährdet. Die Bush-Administration hat sich auf die künftige Anarchie im Zusammenleben der Staaten und Völker mit ihrer neuen Nationalen Sicherheitsdoktrin bereits eingestellt. Es ist eine Strategie des Präventivkrieges, den die USA gegen all jene Staaten für sich in Anspruch nehmen, die angeblich ihre "nationalen Interessen" gefährden.

Peter Strutynski

Anhang


EXECUTIVE SUMMARY

1. Under Saddam Hussein, Iraq developed chemical and biological weapons, acquired missiles allowing it to attack neighbouring countries with these weapons, and persistently tried to develop a nuclear bomb. Saddam has used chemical weapons, both against Iran and against his own people. Following the Gulf War, Iraq had to admit to all this. And in the ceasefire of 1991 Saddam agreed unconditionally to give up his weapons of mass destruction.

2. Much information about Iraq's mass destruction weaponry is already in the public domain from UN reports and from Iraqi defectors. This points clearly to Iraq's continuing possession, after 1991, of chemical and biological agents and weapons produced before the Gulf War. It shows that Iraq has refurbished sites formerly associated with the production of chemical and biological agents. And it indicates that Iraq remains able to manufacture these agents, and to use bombs, shells, artillery rockets and ballistic missiles to deliver them.

3. An independent and well researched overview of this public evidence was provided by the International Institute for Strategic Studies (IISS) on 9 September. The IISS report also suggested that Iraq could assemble nuclear weapons within months of obtaining fissile material from foreign sources.

4. As well as the public evidence, however, significant additional information is available to the government from secret intelligence sources, described in more detail in this paper. This intelligence cannot tell us about everything. However, it provides a fuller picture of Iraqi plans and capabilities. It shows that Saddam Hussein attaches great importance to possessing weapons of mass destruction which he regards as the basis for Iraq's regional power. It shows that he does not regard them only as weapons of last resort. He is ready to use them, including against his own population, and is determined to retain them, in breach of United Nations Security Council Resolutions.

5. Intelligence also shows that Iraq is preparing plans to conceal evidence of these weapons, including incriminating documents, from renewed inspections. And it confirms that despite sanctions and the policy of containment, Saddam has continued to make progress with his illicit weapons programmes.

6. As a result of the intelligence we judge that Iraq has:
  • continued to produce chemical and biological agents;
  • military plans for the use of chemical and biological weapons, including against its own
  • Shia population. Some of these weapons are deployable within 45 minutes of an order to use them.
  • command and control arrangements in place to use chemical and biological weapons.
  • Authority ultimately resides with Saddam Hussein. (There is intelligence that he may have delegated this authority to his son Qusai);
  • developed mobile laboratories for military use, corroborating earlier reports about the mobile production of biological warfare agents;
  • pursued illegal programmes to procure controlled materials of potential use in the production of chemical and biological weapons programmes;
  • tried covertly to acquire technology and materials which could be used in the production of nuclear weapons;
  • sought significant quantities of uranium from Africa, despite having no active civil nuclear power programme that could require it;
  • recalled specialists to work on its nuclear programme;
  • illegally retained up to 20 Al Hussein missiles, with a range of 650km, capable of carrying chemical or biological warheads;
  • started deploying its Al-Samoud liquid propellant missile, and has used the absence of weapons inspectors to work on extending its range to at least 200km, which is beyond the limit of 150km imposed by the United Nations;
  • started producing the solid-propellant Ababil-100, and is making efforts to extend its range to at least 200km, which is beyond the limit of 150km imposed by the United Nations;
  • constructed a new engine test stand for the development of missiles capable of reaching the UK Sovereign Base Areas in Cyprus and NATO members (Greece and Turkey), as well as all Iraq's Gulf neighbours and Israel;
  • pursued illegal programmes to procure materials for use in its illegal development of long range missiles;
  • learnt lessons from previous UN weapons inspections and has already begun to conceal sensitive equipment and documentation in advance of the return of inspectors.
7. These judgements reflect the views of the Joint Intelligence Committee (JIC). More details on the judgements, and on the development of the JIC's assessments since 1998, are set out in Part 1 of this paper.

8. Iraq's weapons of mass destruction are in breach of international law. Under a series of United Nations Security Council Resolutions Iraq is obliged to destroy its holdings of these weapons under the supervision of UN inspectors. Part 2 of the paper sets out the key UN Security Council Resolutions. It also summarises the history of the UN inspection regime and Iraq's history of deception, intimidation and concealment in its dealings with the UN inspectors.

9. But the threat from Iraq does not depend solely on the capabilities we have described. It arises also because of the violent and aggressive nature of Saddam Hussein's regime. His record of internal repression and external aggression gives rise to unique concerns about the threat he poses. The paper briefly outlines in Part 3 Saddam's rise to power, the nature of his regime and his history of regional aggression. Saddam's human rights abuses are also catalogued, including his record of torture, mass arrests and summary executions.

10. The paper briefly sets out how Iraq is able to finance its weapons programme. Drawing on illicit earnings generated outside UN control, Iraq generated illegal income of some $3 billion in 2001.

Ein Gegendossier zu Tony Blairs Papier aus den Reihen der Labour Party / LABOUR AGAINST THE WAR's COUNTER-DOSSIER


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