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Noch 22 Milliarden US-Dollar für Kuwait

UN-Sanktionen gegen Irak aufgehoben – mit einigen Ausnahmen

Von Karin Leukefeld *

Über 20 Jahre lang galten Sanktionen gegen den Irak. Am Mittwoch nun beschäftigte sich der UN-Sicherheitsrat in New York mit ihnen und hob unter Vorsitz von US-Vizepräsident Joseph Biden zunächst alle Resolutionen auf, auf deren Grundlage Strafen gegen das Zweistromland wegen dessen angeblichen Programms zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen verhängt worden waren. Dagegen bleiben die staatlichen Einnahmen aus dem Öl- und Gasexport, die seit 2003 in einen »Entwicklungsfonds für den Irak« eingezahlt werden, unter UN-Kontrolle. Auch die Verpflichtung Bagdads, fünf Prozent seiner Öleinkünfte in einen Wiedergutmachungsfonds für Kuwait zu zahlen, gilt weiterhin. Das Scheichtum beansprucht noch rund 22 Milliarden US-Dollar.

Ban Ki Moon, Generalsekretär der Vereinten Nationen, lobte die weitgehende Aufhebung der Sanktionen als »Meilenstein« für die Zukunft des Landes. Der noch amtierende irakische Außenminister Hosjar Zebari bezeichnete die Entscheidung des UN-Sicherheitsrates als »größten Erfolg«, den sein Land in der jüngeren Vergangenheit erreicht habe.

Erste Sanktionen gegen den Irak waren von den Vereinten Nationen im August 1990 verhängt worden, nachdem irakisches Militär in das Nachbarland Kuwait einmarschiert war und es besetzt hatte. Tausende irakischer Geschäftsleute verlagerten damals ihre Geschäfte ins benachbarte Jordanien, während große Teile der verbliebenen Bevölkerung unter Mangel an Lebensmittel und Medikamenten litten. Verläßliche Zahlen, wie viele Menschen in Folge verstarben, liegen nicht vor.

Im März 2003 schließlich hatte die US-Regierung unter Präsident George W. Bush behauptet, daß sich Massenvernichtungswaffen im Irak befänden, und dieses zum Anlaß für einen Krieg genommen: Das Land wurde überfallen und besetzt. Die Waffen indes wurden nie gefunden. Schnell nach der Invasion war klar, daß die Beteuerung des Irak gegenüber UN-Inspektoren, er verfüge nicht über derartige Waffen, tatsächlich stimmte. Am Mittwoch nun erwähnte Ban Ki-Moon immerhin das »schreckliche Leid«, daß die Iraker in den vergangenen Jahren erlitten hätten und noch erleiden. Sie hätten mit Unsicherheit und Gewalt zu kämpfen, ihnen fehlten Arbeit und Grundversorgung, räumte der UN-Generalsekretär ein.

»Aber«, so Ban weiter, es sei inzwischen zu erkennen, daß das Land auf seiner Reise zurück in die Staatengemeinschaft »weit gekommen« ist. Jetzt gelte es, die neue Regierung zügig zu bilden und für Stabilität im Land zu sorgen. Die Beziehungen zwischen Arabern und Kurden müßten sich normalisieren, Minderheiten geschützt, die Ölproduktion in Gang gebracht und die Rückkehr der Flüchtlinge und Inlandsvertriebenen gewährleistet werden. Die »UN-Unterstützungsmission für den Irak«, die vor sieben Jahren installiert worden war, werde »fortgesetzt und braucht starke politische und finanzielle Hilfe der (UN)Mitgliedsstaaten«.

Wiedergutmachung für das »schreckliche Leid«, das die Iraker durch den völkerrechtswidrigen Krieg und die Besatzung seit 2003 erlitten haben, war auch am Mittwoch (15. Dez.) im UN-Sicherheitsrat kein Thema.

* Aus: junge Welt, 17. Dezember 2010


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