Umsturzpläne in Malikis Dawa-Partei
Gefolgschaft des erfolglosen irakischen Ministerpräsidenten schrumpft
Von Karin Leukefeld *
Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki, der im Frühjahr 2006 Ibrahim al-Dschafari im Amt
folgte, steht unter Druck von allen Seiten.
Für den irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki sieht es nicht gut aus. Der Wiederaufbau klappt
nicht, die Gewalt lässt nicht nach, Hunderttausende seiner Landsleute suchen angesichts der
Perspektivlosigkeit in ihrer Heimat Schutz im Ausland. Mitglieder seiner Koalitionsregierung haben
mehrfach ihre Mitarbeit im Kabinett in Frage gestellt und nun soll einem Bericht der amerikanischen
Nachrichtenagentur AP zufolge sogar in der eigenen Dawa-Partei über seinen Sturz nachgedacht
werden.
Kurz nach seinem Amtsantritt hatte Maliki den Irakern Versöhnung versprochen, doch das Projekt
hat sich in Luft aufgelöst. Treffen der verschiedenen politischen und religiösen Gruppen wurden
wiederholt durch interne Ränkespiele oder Gewalt torpediert. Heute wirken sunnitische
Stammesführer aus Zentralirak eher mit den US-Besatzungstruppen zusammen als mit der
Regierung.
Besonders das Vorgehen des Innenministeriums hat Maliki geschadet. Es wird von einem Minister
des SCIRI, des Obersten Rats für eine Islamische Revolution in Irak, geführt. Nach einer Umtaufung
heißt dieser neuerdings SIIC, Oberster Islamischer Rat in Irak. In den Reihen der Polizeikräfte
befinden sich viele Mitglieder der Badr-Brigaden, der in Iran ausgebildeten SCIRI-Miliz. Die
Todesschwadronen des Innenministeriums sind in Bagdad und seiner Umgebung inzwischen mehr
gefürchtet als US-Soldaten, berichtet Scheich Khamis al-Dhari vom Dhari- Stamm, der in Abu
Ghoreib siedelt. Maliki ordnete zwar hin und wieder Untersuchungen an, um die Vorwürfe gegen die
Polizeieinheiten zu klären. Aber in den meisten Fällen wurden die Beschuldigten entlastet, was das
Vertrauen der Bevölkerung in Malikis Agieren nicht gestärkt hat.
Hinzu kommen Korruption und eine angesichts der Armut in Irak zutiefst unanständige
Selbstbedienungsmentalität der führenden Politiker. Sie kassieren nicht nur ein hohes
Monatseinkommen, sondern verabschiedeten sich jetzt auch noch für zwei Monate in die
Sommerferien. Ein Machtwort des Premiers blieb aus, wobei es fraglich ist, ob es genutzt hätte. Die
Unfähigkeit der Regierung, den Menschen eine halbwegs normales Leben zu sichern und sie mit
Strom, Wasser, Nahrung und medizinischer Hilfe zu versorgen, verstärkt die Ablehnung gegen
Maliki.
Im Frühjahr, als die Fraktion der Sadr-Bewegung sich aus Parlament und Regierung zurückzog,
spitzte sich die Krise zu. Damit protestierte sie dagegen, dass die Regierung von den USA keinen
Rückzugsplan verlangt hatte. Als dann auch die sunnitische Fraktion (44 Abgeordnete) des
Parlaments und deren sechs Minister ihre Mitarbeit suspendierten, sank die Legitimität der Maliki-
Regierung in den Keller.
Die sunnitische Einheitsfront um Tarik al-Haschimi fordert Maliki nun ultimativ auf, innerhalb einer
Woche die Auflösung der Milizen anzuordnen, sogenannte Sicherheitsgefangene freizulassen und
alle Vertreter der Koalitionsregierung in sicherheitsrelevante Entscheidungen einzubeziehen. Am
Mittwoch erklärte sie, dass sie die Regierung verlassen wolle.
Hinzu kommt offenbar ein Streit in der Dawa-Partei. Der frühere Regierungschef Ibrahim al-
Dschafari wirft Maliki vor, eine religiöse, sektiererische Politik zu verfolgen, die eine Versöhnung mit
den sunnitischen Irakern unmöglich mache. Dschafari soll bereits mit Vertretern der kurdischen und
sunnitischen Parteien sowie der Sadr-Bewegung gesprochen haben, um eine Alternativregierung zu
präsentieren. Zudem soll er vorgeschlagen haben, dass sunnitische Kurden und sunnitische Araber
ihre Führungsposten tauschen. Bisher ist der Präsident ein Kurde, der Parlamentssprecher ein
sunnitischer Araber. Außerdem will Dschafari das Referendum über die Zukunft der ölreichen Stadt
Kirkuk bis Ende des Jahres abhalten. Bislang hat Maliki gezögert, eine solche Abstimmung
anzuberaumen, deren Ausgang eine Aufspaltung Iraks in drei Teile – Kurdistan mit Kirkuk,
Zentralirak und Südirak – zur Folge haben könnte.
* Aus: Neues Deutschland, 2. August 2007
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