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US-Außenminister: "Wir werden vor einem Krieg nicht zurückschrecken" / Secretary of State: "We Will Not Shrink From War"

Von Colin L. Powell / By Colin L. Powell

Am 5. Februar 2003 tagt der UN-Sicherheitsrat, um einen Bericht von US-Außenminister Powell zur Kenntnis zu nehmen. Dieser Bericht befasst sich mit angeblichen oder vermeintlichen Verstößen des Irak gegen die UN-Sicherheitsratsresolution 1441. Insgesamt zielt die Sitzung aber nicht darauf ab, wirklich neue Beweise vorzulegen, sondern eher darauf, weitere Verbündete für einen evtl. Krieg gegen Irak zu sammeln. Im Folgenden dokumentieren wir einen Namensartikel von US-Außenminister Colin L. Powell, der erstmals am 3. Februar 2003 im Wall Street Journal erschienen ist. Darin wird die Argumentation deutlich, mit der Powell in die Sicherheitsratssitzung geht.
Die deutsche Übersetzung des Artikels besorgte die US-Botschaft. Das Original befindet sich weiter unten.



In seinem Bericht zur Lage der Nation warnte Präsident Bush, "geächtete Regime, die den Besitz von nuklearen, chemischen oder biologischen Waffen anstreben oder bereits in deren Besitz sind, stellen die schwerwiegendste Gefahr für die Vereinigten Staaten und die Welt dar." Beispiel A ist Saddam Husseins Irak. Wie der Präsident sagte, müssen wir uns nur ansehen, wie Saddam Hussein sein eigenes Volk terrorisiert, unterdrückt und ermordet, um seine Methoden zu verstehen. Am wichtigsten ist vielleicht, dass der Präsident die offenen Kanäle und Verbindungen des Irak zu Terrororganisationen, einschließlich der Al Qaida, bestätigt hat.

Im November vergangenen Jahres verabschiedete der UN-Sicherheitsrat einstimmig Resolution 1441, mit der dem Irak eine letzte Chance zur friedlichen Entwaffnung eingeräumt wurde, andernfalls "sieht er sich ernsthaften Konsequenzen gegenüber". Statt zu entwaffnen, reagierte der Irak jedoch mit leeren Behauptungen, leeren Worten und leeren Gesten auf Resolution 1441. Erst vor einer Woche erklärte der oberste Waffeninspekteur der Vereinten Nationen, Hans Blix, im Sicherheitsrat, dass "der Irak anscheinend noch nicht einmal bis heute die von ihm geforderte Entwaffnung wirklich akzeptiert hat". In der Tat unternimmt das irakische Regime alles, um seine Massenvernichtungswaffen zu verbergen. Es hat Material aus Einrichtungen entfernt, von denen es wusste, dass sie wahrscheinlich einer Inspektion unterzogen werden. Das Regime unterhält ferner ein aktives Programm zur Einweisung von Wissenschaftlern bevor sie mit den Inspekteuren sprechen und erlaubt Interviews nur in Anwesenheit von Aufsehern. Darüber hinaus wurden tausende Seiten sicherheitsempfindlicher Dokumente für den Waffenbau in Privathäusern gefunden.

Resolution 1441 enthält zwei entscheidende Tests: die vollständige und genaue Offenlegung des irakischen Waffenbestands und die Forderung zur unverzüglichen, bedingungslosen und aktiven Zusammenarbeit mit den Inspekteuren. Der Irak hat beide Tests nicht bestanden. Der Bericht des Irak über seinen Waffenbestand ist unvollständig und ungenau und enthält keine substanziellen Informationen über die Entsorgung seiner Massenvernichtungswaffen. Es überrascht nicht, dass die UN-Inspekteure diesen Bericht völlig unzulänglich fanden. In seinem Bericht an den Sicherheitsrat stellte Waffeninspekteur Blix fest, dass der Irak keine Rechenschaft über die Herstellung des tödlichen Nervengases VX, ungefähr 6.500 chemische Bomben und rund 1.000 Tonnen chemischer Kampfstoffe abgelegt hat. Der Irak hat außerdem zuvor das Material zur Herstellung von sehr viel mehr Anthrax beschafft, als er erklärt hat.

Bei seinen Inspektionen entdeckte das Team von Waffeninspekteur Blix eine Reihe chemischer Gefechtsköpfe, deren Existenz vorher vom Irak nicht zugegeben worden war. Der Irak beschafft auch weiterhin verbotenes Gerät, und erst letzten Monat kamen Importe mit geächtetem Material an. Die Inspekteure berichteten auch, dass irakische Aktivitäten ihre Arbeit ernsthaft behindern. Der Irak hat beispielsweise die Forderung der Inspekteure zum Einsatz von U-2-Aufklärungsflugzeugen abgelehnt - ein entscheidendes Instrument für die Inspektionen. Die Inspekteure werden überall von irakischen Aufsehern begleitet, werden von irakischen Beamten als Spione verleumdet und sehen sich Belästigungen und störenden Protesten ausgesetzt, die ohne die Ermutigung der Behörden wahrscheinlich nicht vorkommen würden.

Am Mittwoch werde ich dem Sicherheitsrat nachrichtendienstliche Erkenntnisse der Vereinigten Staaten vorlegen, die weitere Beweise für die Täuschungsmanöver des Irak enthalten. Unsere Beweise werden das untermauern, was die Inspekteure letzte Woche im Sicherheitsrat erklärt haben - dass sie nicht die erforderliche Zusammenarbeit erhalten, ihre Forderungen blockiert und ihre Fragen nicht beantwortet werden. Obwohl es keine "rauchenden Colts" geben wird, werden wir Beweise bezüglich des Waffenprogramms vorlegen, das zu verbergen der Irak sich so vehement bemüht. Mit anderen Worten, wir werden ehrlich, nüchtern und zwingend demonstrieren, dass Saddam Hussein die Beweise für seine Massenvernichtungswaffen verbirgt, während er gleichzeitig die Waffen selbst behält. Die Welt muss sich jetzt bewusst machen, dass der Irak den Willen der internationalen Gemeinschaft, wie in Resolution 1441 niedergelegt, nicht befolgt hat. Der Irak hat die beiden Tests der Resolution - offen zu legen und zusammenzuarbeiten - in einer Weise nicht bestanden, die eine weitere erhebliche Verletzung der Resolution darstellt.

Als Reaktion werden die Vereinigten Staaten eine neue Runde umfassender und offener Konsultationen mit ihren Bündnispartnern über die nächsten Schritte einleiten. Die Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und einigen ihrer traditionellen Partner bezüglich des Vorgehens gegen den Irak wurden ziemlich aufgebauscht. Wir werden darauf hinarbeiten, unsere Differenzen zu überbrücken sowie ein solides Fundament unserer gemeinsamen Werte und langen Geschichte der Zusammenarbeit zur Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen zu schaffen. Die Früchte unserer Partnerschaft sind auf der ganzen Welt sichtbar, von Westeuropa bis nach Japan, Korea, Bosnien und Afghanistan.

Gemeinsam müssen wir uns den Fakten stellen, die uns von den UN-Inspekteuren und angesehenen nachrichtendienstlichen Quellen vorgelegt wurden. Der Irak verbirgt weiterhin tödliche Waffen und ihre Bestandteile und benutzt Verleugnungstaktiken, Täuschungsmanöver und Ausflüchte, um sie zu behalten. Der Irak unterhält Verbindungen zu Terrorgruppen und unterstützt sie. Der Irak hatte keine Gewissensbisse beim Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen sein eigenes Volk und seine Nachbarstaaten.

Präsident Bushs Botschaft war von Anfang an klar. Der Präsident hat die amerikanische Position am 12. September eloquent und überzeugend vor den Vereinten Nationen dargelegt: Ein friedliches Ergebnis ist möglich, wenn der Irak mit den Vereinten Nationen zusammenarbeitet und abrüstet. Bedauerlicherweise scheint Saddam Hussein seine Nation auf einen anderen Weg zu führen. Die Vereinigten Staaten streben eine friedliche Entwaffnung an. Aber wir werden vor einem Krieg nicht zurückschrecken, sollte dies der einzige Weg sein, dem Irak seine Massenvernichtungswaffen zu nehmen.

Originaltext: Byliner: "We will Not Shrink From War," Says Secretary Powell

"We Will Not Shrink From War"

By Secretary of State Colin Powell

This column by Secretary of State Colin Powell, published in the Wall Street Journal February 3, is in the public domain.

President Bush warned in his State of the Union address that "the gravest danger facing America and the world is outlaw regimes that seek and possess nuclear, chemical and biological weapons." Exhibit A is Saddam Hussein's Iraq. As the president said, we need only look at how Saddam has terrorized, oppressed and murdered his own people to understand his methods. And, perhaps most critically, the president confirmed that Iraq has open channels and ties to terrorist organizations, including al Qaeda.

Last November, the U.N. Security Council unanimously passed Resolution 1441, giving Iraq one last chance to disarm peacefully or "face serious consequences." However, instead of disarming, Iraq has responded to Resolution 1441 with empty claims, empty declarations and empty gestures. Just a week ago, U.N. chief weapons inspector Hans Blix told the Security Council that "Iraq appears not to have come to a genuine acceptance, not even today, of the disarmament that was demanded of it." Indeed, the Iraqi regime is going to great lengths to conceal its weapons of mass destruction. It has removed material from sites it knew were likely to be inspected. The regime also has an active program of coaching scientists before they talk to inspectors and only permits interviews when minders are present. On top of that, thousands of pages of sensitive weapons-related documents have been found in private homes.

Resolution 1441 established two key tests: a full and accurate disclosure of Iraq's weaponry and a requirement to cooperate immediately, unconditionally and actively with the inspectors. Iraq has failed both tests. Iraq's declaration of its weapons holdings is incomplete and inaccurate and provides no substantive information on the disposition of its weapons of mass destruction. Not surprisingly, the U.N. inspectors have found it woefully deficient. In his report to the Security Council, Mr. Blix noted that Iraq has failed to account for its production of the deadly nerve agent VX, some 6,500 chemical bombs, and about 1,000 metric tons of chemical agent. Iraq also previously acquired the materials to make much more anthrax than it declared.

In their inspections, Mr. Blix's team discovered a number of chemical warheads not previously acknowledged by Iraq. Iraq also continues to acquire banned equipment, with proscribed imports arriving as recently as last month. The inspectors also reported that Iraqi activity is severely hampering their work. For example, Iraq has refused the inspectors' request to use a U-2 reconnaissance aircraft, a critical tool for inspections. Inspectors are accompanied everywhere by Iraqi minders, are slandered by Iraqi officials as spies, and face harassment and disturbing protests that would be unlikely to occur without the encouragement of the authorities.

On Wednesday, I will present to the Security Council U.S. intelligence showing further evidence of Iraq's pattern of deception. Our evidence will reinforce what the inspectors told the Security Council last week -- that they are not getting the cooperation they need, that their requests are being blocked, and that their questions are going unanswered. While there will be no "smoking gun," we will provide evidence concerning the weapons programs that Iraq is working so hard to hide. We will, in sum, offer a straightforward, sober and compelling demonstration that Saddam is concealing the evidence of his weapons of mass destruction, while preserving the weapons themselves. The world must now recognize that Iraq has not complied with the will of the international community as expressed in Resolution 1441. Iraq has failed the resolution's two tests -- to disclose and to cooperate -- in a manner that constitutes a further material breach of the resolution.

In response, the U.S. will begin a new round of full and open consultation with our allies about next steps. Much has been made of the friction between the U.S. and some of its traditional partners over how to proceed with Iraq. We will work to bridge our differences, building on the bedrock of our shared values and long history of acting together to meet common challenges. The fruits of our partnership are evident all around the globe, from Western Europe to Japan, Korea, Bosnia and Afghanistan.

Together we must face the facts brought to us by the U.N. inspectors and reputable intelligence sources. Iraq continues to conceal deadly weapons and their components, and to use denial, deception and subterfuge in order to retain them. Iraq has ties to and has supported terrorist groups. Iraq has had no compunction about using weapons of mass destruction against its own people and against its neighbors. President Bush's message has been clear from the beginning. The President eloquently and persuasively set forth the U.S. position at the U.N. on Sept. 12: A peaceful outcome to this situation is possible if Iraq cooperates with the U.N. and disarms. Unfortunately, Saddam seems to be leading his nation down another path. The U.S. seeks Iraq's peaceful disarmament. But we will not shrink from war if that is the only way to rid Iraq of its weapons of mass destruction.

Distributed by the Office of International Information Programs, U.S. Department of State. Web site: http://usinfo.state.gov


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