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Überragender Sieg für Maliki

Oberste Wahlkommission im Irak gibt offizielle Ergebnisse der Wahlen zu den Provinzparlamenten bekannt

Von Karin Leukefeld *

Fast drei Wochen nach den Wahlen zu den Provinzparlamenten im Irak hat die Unabhängige Oberste Wahlkommission (IHEC) jetzt die Ergebnisse bekanntgegeben. Sie entsprechen den bereits Anfang Februar verkündeten vorläufigen Ergebnissen und bestätigen den überragenden Sieg der »Koalition für Rechtsstaatlichkeit«, die dem amtierenden Ministerpräsidenten Nuri Al-Maliki und seiner Dawa- Partei nahesteht. Nur 51 Prozent der rund 14 Millionen Wahlberechtigten waren in 14 der 18 Provinzen zur Wahl gegangen. In der umstrittenen ölreichen Provinz Kirkuk sowie in den drei kurdischen Provinzen im Nordirak sollen die Wahlen zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. Die Ergebnisse in etwa 60 der landesweit 6500 Wahlzentren hätten für ungültig erklärt werden müssen, sagte Karim Al-Tamimi von der Wahlkommission. Teilweise seien dort mehr Wahlzettel abgegeben worden, als Wahlberechtigte in den Listen eingetragen waren. Insgesamt mußte die Wahlkommission 1405 Beschwerden überprüfen, konnte aber keine schweren Fälle von Wahlbetrug feststellen.

Signifikant war der Sieg der »Koalition für Rechtsstaatlichkeit« nicht nur in Bagdad, wo das Bündnis 38 Prozent der Stimmen erhielt, auch in allen neun südlichen Provinzen kam es auf Platz eins. An zweiter Stelle landeten in Bagdad die Kandidaten der Sadr-Bewegung mit neun Prozent. Die Sadr-Bewegung hatte schon nach Bekanntgabe der vorläufigen Ergebnisse Beschwerde eingelegt, weil viele Stimmen für ihre Bewegung sowohl in Bagdad als auch in Nadschaf nicht gezählt worden seien.

Weit abgeschlagen blieb der Hohe Islamische Rat im Irak (SIIC), der bei den ersten Provinzwahlen noch die Mehrheit der Stimmen in Bagdad und den südlichen Provinzen erhalten hatte. In einem Interview über die Gründe des schlechten Abschneidens stellte Adil Abdulmehdi, ein hochrangiger Politiker im SIIC und irakischer Vizepräsident, in der Webzeitung Niqash die Unabhängigkeit sowohl der irakischen Medien als auch der Wahlkommission in Frage. Möglicherweise hätten aber auch die gewählten SIIC-Vertreter ihre Aufgaben nicht genügend erfüllt, daher hätten die Wähler ihre Stimmen anderen gegeben. Zudem seien andere im Vorteil gewesen, weil sie »staatliche Einrichtungen« in den Wahlkampf eingebunden hätten. Ohne ihn beim Namen zu nennen, kritisierte Abdulmehdi damit Ministerpräsident Maliki, dem auch von anderen Parteien vorgeworfen worden war, seinen Regierungsapparat für den Wahlkampf eingesetzt zu haben. Sowohl der SIIC als auch die Kurdische Allianz gehörten zu den klaren Verlierern der Provinzwahlen. Die Kurden rutschten in Mosul, wo sunnitische Parteien bei den letzten Wahlen nicht angetreten waren, von 75 auf 25 Prozent ab.

Nach Einschätzung politischer Beobachter waren die Wahlen eine deutliche Absage an die von den Kurden und dem SIIC propagierte Regionalisierung des Irak in verschiedene Autonomiegebiete sowie eine Abkehr von religiösen Programmen. Der Schiit Nuri Al-Maliki stand zwar selber nicht zur Wahl, doch die von ihm unterstützte »Koalition für Rechtsstaatlichkeit« konnte sich glaubwürdig als Verfechter eines starken irakischen Zentralstaates durchsetzen, heißt es in einer Analyse von Joost Hiltermann auf der Website Open Democracy. Die Provinzparlamente müssen nun innerhalb von 30 Tagen jeweils einen Gouverneur und zwei Stellvertreter wählen, die Amtszeit beträgt vier Jahre.

* Aus: junge Welt, 21. Februar 2009


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