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Terrorteppich über Irak

Vor den Provinzwahlen machen militante Extremisten mobil *

Fünf Tage vor wichtigen Wahlen haben Terroristen Irak mit einer Welle von Anschlägen überzogen.

Insgesamt starben am Montag bei Terroranschlägen in Irak mindestens 24 Menschen. Polizei und Krankenhausärzte zählten 145 Verletzte. Die Attentate richteten sich sowohl gegen Zivilisten als auch gegen die Polizei. Vor dem internationalen Flughafen von Bagdad explodierte eine Autobombe, kurz darauf schlug am gleichen Ort eine Mörsergranate ein. Bei dem Anschlag, der sich an einer Straßensperre ereignete, wurden laut Berichten lokaler Medien drei Menschen getötet. Zehn erlitten Verletzungen.

In der nördlichen Provinz Salaheddin sprengte sich ein Selbstmordattentäter an einer Straßensperre der Polizei. In der Stadt Kirkuk explodierten Autobomben vor einer schiitischen Moschee, vor dem Katasteramt und neben einem Fahrzeug mit kurdischen Kämpfern. Weitere Anschläge ereigneten sich in Al-Hilla und Al-Musajib südlich von Bagdad, wo eine Bombe vor einem Restaurant detoniert, sowie in den nördlich der Hauptstadt gelegenen Städten Bakuba und Tikrit. In der Stadt Mossul wurde eine Angehörige der christlichen Minderheit von Unbekannten erschossen.

In 12 der insgesamt 18 Provinzen Iraks werden am Sonnabend neue Räte gewählt. Deren Chancen, einen echten Wandel herbeizuführen, sind angesichts der gewaltgeladenen Atmosphäre in einigen Regionen gering. Nach Angaben der Wahlkommission zogen alleine in der Stadt Mossul 14 Bewerber ihre Kandidatur zurück, nachdem sie Todesdrohungen erhalten hatten.

Am Sonntag wurde der Kandidat Nadschim Harbi, der für die säkulare Liste Irakija antrat, von einer Bombe zerfetzt. Auch drei seiner Brüder kamen bei dem Anschlag bei Bakuba um. Harbi ist mindestens der 14. Kandidat, der im Wahlkampf ermordet wurde. Fast gleichzeitig wurde der Spitzenkandidat der konkurrierenden Liste Irada in der Provinz bei einem Anschlag schwer verletzt.

Am 6. April sprengte sich während einer Wahlkampfveranstaltung in Bakuba ein Selbstmordattentäter; 23 Menschen starben. Martin Kobler, der Leiter der UN-Mission, erinnerte die Sicherheitskräfte an ihre Verantwortung dafür, »die Kandidaten und ihre Unterstützer zu schützen«.

Die drei kurdischen Autonomieprovinzen Erbil, Suleimanija und Dohuk haben sich schon in vielerlei Hinsicht abgekoppelt. Sie wollen ihre Provinzräte voraussichtlich erst im September austauschen. In der nördlichen Provinz Tamim mit der Hauptstadt Kirkuk fällt die Wahl wahrscheinlich wegen des seit Jahren andauernden Konflikts zwischen Kurden, Arabern, Turkmenen und Christen komplett aus. Nach einer Serie von Anschlägen im März hatte Regierungschef Nuri al-Maliki zudem beschlossen, die Wahl in den vorwiegend von Sunniten bewohnten Provinzen Anbar und Ninive zu verschieben.

* Aus: neues deutschland, 16. April 2013


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