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Vereinte Nationen sollen Chaos ordnen

Gewerkschaft plädiert für Abzug des UNO-Personals aus Irak wegen mangelnder Sicherheit

Von Karin Leukefeld *

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat am Donnerstag die Verlängerung des Mandats für die USA-geführten Besatzungstruppen in Irak um weitere sechs Monate verhandelt.

Beraten wurde auch über einen von den UNO-Botschaftern Großbritanniens und der USA vorgelegten Resolutionsentwurf, wonach die politische Rolle der UNO in Irak gestärkt werden soll. Die UNAMI-Mission soll künftig die irakische Regierung in politischen und wirtschaftlichen Angelegenheiten, im Wahlrecht, in Fragen der Rechtssicherheit, der Verfassung, der Flüchtlinge und der Menschenrechte »beraten und unterstützen«, erläuterte der US-amerikanische UNO-Botschafter Zalmay Khalilzad. Außerdem soll die UNO bei der innerirakischen Versöhnung helfen und international um mehr Unterstützung für den Wiederaufbau Iraks werben.

Khalilzad, der bis Anfang 2007 US-Botschafter in Irak war, meinte, dass die UNO bestens geeignet sei, den Irakern bei der Überwindung ihrer Probleme zu helfen. Auch im Streit um das Kirkuk-Referendum soll die UNO vermitteln. Die für November vorgesehene Abstimmung soll entscheiden, ob die Ölstadt Kirkuk künftig zu den autonomen kurdischen Provinzen gehören soll.

Ein Sprecher von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon, der ehemalige US-Diplomat und heutige politische Direktor im UNO-Generalsekretariat B. Lynn Pascoe, hatte schon Anfang der Woche erklärt, die UNO sei zu mehr Verantwortung in Irak bereit. Vorher allerdings, so Pascoe, brauche man 130 Millionen US-Dollar, um in Bagdad eine sichere Unterkunft zu errichten. Das internationale Personal von derzeit höchstens 65 soll bis Oktober auf 95 Mitarbeiter erhöht werden. Die Gewerkschaft der UNO-Mitarbeiter plädierte für den Abzug des Personals, weil es in Irak zu gefährlich sei. Der damalige UNO-Generalsekretär Kofi Annan hatte das Personal aus Bagdad abgezogen, nachdem am 19. August 2003 eine Autobombe das langjährige Hauptquartier zerstört und 21 Mitarbeiter getötet hatte, darunter Annans Sonderbotschafter Sergio de Mello.

Derzeit dürfen UNO-Vertreter nur mit militärischem Schutz ihre Residenz in der von US-Soldaten und privaten Sicherheitskräften gesicherten »Grünen Zone« verlassen. Die gefährliche Arbeit außerhalb absolvieren lokale Mitarbeiter. Nach dem Beginn des Rückzugs der britischen Truppen aus Basra musste die UNO ihr dortiges Büro aus Sicherheitsgründen schließen. Als Generalsekretär Ban bei seinem Antrittsbesuch in Bagdad mit Ministerpräsident Nuri al-Maliki zur Presse sprach, erschütterte die Explosion einer Mörsergranate den Raum. In Vorbereitung des Irakfeldzuges hatte die US-Administration den Sicherheitsrat absichtlich getäuscht, als der damalige US-Außenminister Colin Powell gefälschte »Beweise« über irakische Massenvernichtungswaffen vorlegte. Der Krieg begann ausdrücklich ohne UN-Votum. Das Pentagon sorgte später dafür, dass die UNO beim Wiederaufbau Iraks keine Rolle spielte.

Die Zeit der Dissonanzen zwischen dem UNO-Generalsekretariat und der US-Administration scheint nun vorbei. Ban Ki Moon hatte erst kürzlich das Engagement der US-Armee in Irak ausdrücklich gelobt.

* Aus: Neues Deutschland, 10. August 2007


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