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"Verantwortung für die Zukunft: Freie Iraker konzipieren einen neuen Irak"

Ein Papier aus dem Büro des US-Außenministeriums. Mit einem Vorwort von Colin Powell

Im Folgenden dokumentieren wir in einer vom Amerika Dienst vorgenommenen Übersetzung eine Publikation des Büros für internationale Informationsprogramme des US-Außenministeriums vom März 2003. Den englischen Originaltext haben wir ebenfalls dokumentiert:
Duty to the Future: Free Iraqis Plan for a New Iraq.



Vorwort von Außenminister Colin Powell

Das in dieser Publikation beschriebene Projekt "Die Zukunft des Irak" verkörpert den seit langem gehegten Wunsch unserer Regierung, den Irakern bei ihren Bestrebungen behilflich zu sein, ihr Land von der Tyrannei zu befreien.

Über viele Monate hinweg kamen im Rahmen des Projekts freie Iraker zusammen, die das Glück haben, nicht unter Saddam Husseins Herrschaft leben zu müssen und die über Fachwissen in vielen Berufssparten verfügen. Sie haben zuversichtlich konkrete Vorschläge für den Wiederaufbau ihres Landes und die Umstrukturierung seiner Institutionen erörtert, so dass der Irak erneut seinen rechtmäßigen Platz als führende Nation in der Region und darüber hinaus einnehmen kann.

Ich hatte das Vergnügen, einige dieser herausragenden Iraker bei einem Iftaar kennen zu lernen, das ich während des muslimischen heiligen Monats Ramadan veranstaltet habe. Ich war beeindruckt von dem Talent und der Erfahrung, die sie in dieses Unternehmen einbringen, aber noch mehr von ihrem Engagement für die Vision eines neuen, freien und demokratischen Irak.

Ich beglückwünsche alle Beteiligten des Projekts "Die Zukunft des Irak" zu ihrem Mut und ihrer Entschlossenheit. Ich hoffe, dass ihre noch im Irak lebenden Landsleute, die noch keine Möglichkeit hatten, sich eine andere Zukunft für ihre Nation vorzustellen oder darüber zu diskutieren, eingehend über ihre Vorschläge informiert werden. Ich bin zuversichtlich, dass diese Iraker durch den Austausch ihrer Erfahrungen mit dem Leben in freien und offenen Gesellschaften und ihrer Gedanken über die Zukunft des Irak ihre im Irak des Saddam Hussein gebliebenen Landsleute befähigen werden, ein Land aufzubauen, in dem Rechtsstaatlichkeit und Rechtsgrundsätze gelten und in dem das Recht aller seiner Bürger respektiert wird, gemeinsam in Harmonie und Wohlstand zu leben.


Verantwortung für die Zukunft: Freie Iraker konzipieren einen neuen Irak

Die Iraker erinnern sich an eine jetzt über drei Jahrzehnte zurückliegende Zeit, als ihr kulturelles Erbe, ihre reichhaltigen Ölvorkommen sowie die Ausbildung und Qualifikationen des irakischen Volks dem Irak einen anerkannten Platz in der arabischen Welt und der internationalen Gemeinschaft gleichermaßen verschafft hatte.

Die seit der Machtübernahme von Saddam Hussein herangewachsene Generation hat vielleicht keine persönlichen Erinnerungen an eine solche Zeit, aber auch sie haben die Geschichten ihrer Familien gehört. Auch sie haben die Erinnerungen einer älteren Generation gehört, die die Zeit vor Saddam Hussein nicht vergessen hat, der ihre Nation vereinnahmte und die Geschichte eines Volks in die Biografie eines Tyrannen verwandelte.

Viele der im Ausland lebenden Iraker - sei es in den Vereinigten Staaten, Europa, dem Nahen Osten oder andernorts - haben mehr getan, als sich zu erinnern. Lange vor dem derzeitigen militärischen Feldzug zur Befreiung des Irak haben sie sich aktiv dafür eingesetzt, durch beispiellose Anstrengungen zur Planung einer Zukunft nach Saddam Husseins Abgang Hoffnung Wirklichkeit werden zu lassen.

Im letzten Jahr kamen viele dieser Iraker in 17 verschiedenen vom US-Außenministerium organisierten Arbeitsgruppen zusammen, um ihre Gedanken und Pläne für den Aufbau eines neuen Irak auszutauschen.

Die unter dem Namen "Die Zukunft des Irak" bekannte Initiative war kein politischer Prozess oder ein Versuch, eine Art Exilregierung einzurichten. Stattdessen war es ein umfassendes, freiwilliges Unterfangen, die Talente, Erfahrungen und das Fachwissen vieler Iraker zu verschmelzen, die außerhalb der Reichweite von Saddam Hussein leben und von denen viele jetzt ihre Rückkehr planen.

In diesen Arbeitsgruppen - deren Schwerpunkte vom Aufbau von Demokratie über Öl bis zu Gesundheit, Bildung und Wasser reichen - haben sich die freien Iraker mit Überlegungen befasst, wie sich ihr Heimatland von der Grausamkeit und Korruption von Saddam Husseins Regime erholen kann, und wie Institutionen der politischen, wirtschaftlichen und persönlichen Freiheit aufgebaut werden können, die dem Irak erlauben, wieder seinen rechtmäßigen Platz in der internationalen Staatengemeinschaft einzunehmen.

Alle Iraker in den Arbeitsgruppen - unabhängig davon, ob sie vorher in von Irakern geleiteten politischen Organisationen tätig waren oder nicht - nahmen für die Teilnahme an dem Projekt "Die Zukunft des Irak" Risiken auf sich. Sie boten dennoch ihr Fachwissen in den Bereichen Hoch- und Tiefbau, Gesundheitsfürsorge, Ölförderung, Landwirtschaft oder Rechtsstaatlichkeit an.

Sie brachten auch ein Vielzahl von Gesichtspunkten in ihre Arbeit ein. Praktisch alle waren sich einig, dass die Möglichkeit zum Austausch unterschiedlicher Sichtweisen - selbst wenn ihre Diskussionen nicht zu vollständiger Übereinstimmung führten - einer der wertvollsten Aspekte ihrer Erfahrungen war.

Das Projekt "Die Zukunft des Irak" war weder eine akademische noch eine theoretische Übung. Vor Einleitung der Operation Iraqi Freedom erklärte der Abteilungsleiter für politische Angelegenheiten im US-Außenministerium, Marc Grossman, bei einer Anhörung vor dem Senat am 11. Februar 2003: "Im rechtlichen Bereich haben die irakischen Rechtsanwälte in der Arbeitsgruppe 'Rechtswesen im Übergang' 600 Seiten auf Arabisch über vorgeschlagene Reformen des Strafgesetzbuchs, der Strafprozessordnung, des Bürgerlichen Gesetzbuches, des Staatsangehörigkeitsgesetzes, der militärischen Prozessordnung und anderer Gesetzesbücher entworfen."

Die Arbeitsgruppe "Wasser, Landwirtschaft und Umwelt" erklärte die Bereitstellung von sauberem Wasser für die irakische Bevölkerung zu ihrer obersten Priorität. Darüber hinaus verabschiedeten sie das Projekt "Eden Again", das die Wiederherstellung der Feuchtgebiete und Marschen vorsieht, die Saddam Hussein in einem unerbittlichen, jahrzehntelangem Angriff auf das Land und die Bevölkerung im Südirak zerstört hat.

Die Arbeitsgruppe "Wirtschaft und Infrastruktur" spiegelte die Vielfalt des Irak selbst wider und brachte Fachleute aus den Vereinigten Staaten, Großbritannien, Kanada, Europa, dem Nahen Osten und dem irakischen Kurdistan zusammen. Die Teilnehmer gehörten vielen unterschiedlichen ethnischen und religiösen Gruppen an, darunter Sunniten, Schias, Assyrer, Kurden und viele andere. In ihren Berichten umrissen sie einen dreistufigen Prozess, der sich auf die Bewahrung der Sicherheit und unerlässlicher Dienstleistungen, die Erfüllung der Grundbedürfnisse aller Iraker und den Wiederaufbau der Infrastruktur und Wirtschaft konzentrierte.

Eine neuere Arbeitsgruppe "Zivilgesellschaft" stellte am Ende ihrer ersten Sitzung im Februar 2003 fest: "Es ist nur natürlich, dass der Irak als die historische Wiege der Zivilisation eine Zivilgesellschaft hat, die die Iraker respektiert, schützt und ermächtigt, in einer demokratischen Regierung zu prosperieren."

Die Arbeitsgruppe "Öl und Energie" hat genaue Pläne für den Wiederaufbau der Infrastruktur der Ölindustrie entworfen und arbeitet gleichzeitig an der Diversifizierung der irakischen Wirtschaft. "Alle waren sich einig, dass der Öl- und Energiesektor die treibende Kraft sein wird, die den Irakern erlaubt zu prosperieren, sobald das despotische Regime Saddam Husseins abgesetzt worden ist", äußerten sie in einer Erklärung vom 1. März 2003.

Die Arbeitsgruppe "demokratische Prinzipien und Verfahren" erörterte einige der schwierigsten und kontroversesten Aspekte politischer Autorität und ethnischer Identität. Dennoch konnte sie sich auf umfassende Grundsätze demokratischer Regierungsführung und ein föderales Repräsentationssystem in einem geeinten Irak einigen. Ein Teilnehmer sagte: "Wir alle müssen uns zuallererst als Iraker fühlen und dann als Kurden oder Schias, Sunniten, Araber oder Turkmenen. Wir alle müssen das Gefühl haben, zum Irak zu gehören."

Obwohl freie Iraker an dem Projekt "Die Zukunft des Irak" mitarbeiten, haben weder die Teilnehmer noch das US-Außenministerium diese Initiative je als ein Mittel angesehen, den über 20 Millionen Irakern, die Saddam Husseins eiserne Herrschaft erdulden mussten, Parameter für die Zukunft zu diktieren. Im Gegenteil, viele Teilnehmer der Arbeitsgruppen haben informelle Wege gesucht, um mit den Irakern im Land über ihre Ideen und Vorschläge zu sprechen - lange vor der Militäraktion. Darüber hinaus gehen alle Empfehlungen der Arbeitsgruppe - unabhängig davon, ob es sich um die Bereiche Gesundheit, Öl oder politische Verfahren handelt - von einem inneneren und äußeren Ansatz aus, mit dem die freien Iraker der Bevölkerung eines befreiten Irak bei der weiteren Entwicklung und Umsetzung der Pläne des Projekts "Die Zukunft des Irak" behilflich sind. Sie werden Qualifikationen und Ressourcen bereitstellen, die denjenigen innerhalb von Saddam Husseins Mauern der Unterdrückung einfach nicht zugänglich waren.

In seiner Anhörung vor dem Kongress erklärte Abteilungsleiter Grossman: "Die im Ausland lebenden Iraker werden nicht die Kontrolle über die Entscheidungen übernehmen, die letztlich von allen Irakern getroffen werden müssen. Die Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten, sind eine großartige Ressource, aber sie und wir alle wissen, dass alle Iraker am Ende frei reden und zusammenarbeiten können müssen, um einen freien und demokratischen Irak aufzubauen."

Die Unterstützung der Vereinigten Staaten für das Projekt "Die Zukunft des Irak" ist ein greifbarer Beweis für ihre langjährige Verpflichtung zur Freiheit und zum Wohlergehen des irakischen Volks. Das Projekt ist auch ein ausdrückliches Versprechen, dass die Zukunft des Irak ausschließlich dem irakischen Volk und sonst niemandem gehört.



Die Arbeitsgruppen des Irak-Zukunfts-Projekts:
  • Democratic Principles and Procedures
  • Economy and Infrastructure
  • Defense Policy and Institutions
  • Education
  • Public Health and Humanitarian Needs
  • Civil Society Capacity Building
  • Transitional Justice
  • Water, Agriculture and Environment
  • Preserving Iraq's Cultural Heritage
  • Public Finance
  • Oil and Energy
  • Local Government
  • Anti-Corruption Measures
  • Foreign and National Security
  • Free Media
  • Migration
  • Public Outreach



Mit den Worten von Douglas Feith, dem Abteilungsleiter für internationale Sicherheitsangelegenheiten im US-Verteidigungsministerium, wird die Arbeit der Vereinigten Staaten nach dem Krieg von zweifacher Entschlossenheit geleitet sein, "einer Verpflichtung zu bleiben und einer Verpflichtung zu gehen".

Die Vereinigten Staaten und die Mitglieder der Koalition werden bleiben, um die grundlegenden Ziele zu verwirklichen, das Regime von Saddam Hussein abzusetzen, alle Massenvernichtungswaffen aufzuspüren und zu zerstören sowie die territoriale Integrität des Irak sicherzustellen. Die Vereinigten Staaten haben jedoch eine ebensolche Verpflichtung, die Region so bald wie möglich zu verlassen und zu demonstrieren, dass die Zukunft des Irak ausschließlich dem irakischen Volk gehört.

Erst wenn die Iraker selbst entschieden haben, werden die Vereinigten Staaten zusammen mit den Mitgliedern der Koalition, Freunden und internationalen Organisationen die langfristigen Bestrebungen des Landes zum Aufbau eines friedlichen, demokratischen und wohlhabenden Irak unterstützen.

William Burns, der Abteilungsleiter für Nahostangelegenheiten im US-Außenministerium erklärte am 6. März 2003 vor Beginn der Militäraktion gegenüber arabischen Journalisten:

Die Einrichtung einer stabilen repräsentativen Regierung nach der brutalen Herrschaft von Saddam Hussein ist ein schwieriger Prozess. Er muss von den Irakern gesteuert werden - und das bezieht jetzt die Iraker im Land sowie die mutigen Angehörigen der irakischen Opposition im Ausland ein, die viele, viele Jahre darauf hingearbeitet haben, dies Wirklichkeit werden zu lassen.

Die Vereinigten Staaten werden ihrer Verantwortung gerecht werden, zur Unterstützung dieses Prozesses und zum Aufbau dieser Institutionen beizutragen. Aber wir werden es in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft und den Irakern selbst tun, denn es wird international und unter den Irakern selbst diese Art von Zusammenarbeit erfordern, um den Interessen der Iraker und dem Interesse der Stabilität in der Region zu dienen.

Das Projekt "Die Zukunft des Irak" ist ein Schritt auf dem Weg zu einer neuen Nation. In einer Reihe von Interviews tauschten die Teilnehmer des Projekts vor kurzem ihre Gedanken über diese Erfahrung aus.

Ihre Stimmen sind echt, unterschiedlich und keinesfalls einmütig. Sie bringen Skepsis, Sorge und Widersprüche zum Ausdruck - obwohl sie grundlegende Sichtweisen der Notwendigkeit für Freiheit und Demokratie für den Irak teilen. Mit anderen Worten: Sie sind die Stimme der Freiheit, die Stimme der Iraker, denen ihre Zukunft am Herzen liegt und die die Möglichkeit haben möchten, sie eines Tages wieder selbst zu bestimmen.

Den Originaltext finden Sie hier:
Duty to the Future: Free Iraqis Plan for a New Iraq

Quelle: http://usinfo.state.gov/products/pubs/dutyiraq


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