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"Unser Land hat die Welt sicherer und wohlhabender gemacht" - "Heute habe ich zwei Einsätze im Irak genehmigt – gezielte Luftangriffe und einen humanitären Einsatz"

Rückkehr in den Krieg: Erklärung des US-Präsidenten Obama zum Irak (Im Wortlaut)


Im Folgenden dokumentieren wir die leicht gekürzte Erklärung von Präsident Obama zum Irak vom 7. August 2014. Die Übersetzung stammt vom Amerika Dienst.

US-Präsident:

Guten Abend. Heute habe ich zwei Einsätze im Irak genehmigt – gezielte Luftangriffe zum Schutz amerikanischen Personals und einen humanitären Einsatz, um einen Beitrag zur Rettung tausender irakischer Zivilisten zu leisten, die sich auf den Berg Sindschar geflüchtet haben, dort ohne Nahrungsmittel und Wasser ausharren und quasi dem Tode geweiht sind. Ich möchte diese Schritte kurz erläutern und unsere Gründe darlegen.

Erstens habe ich bereits im Juni, als der Vormarsch der ISIS-Terroristen im Irak begann, gesagt, dass die Vereinigten Staaten bereit sind, dann gezielt militärisch im Irak einzugreifen, wenn wir zu dem Schluss kommen, dass die Situation dies erforderlich macht. In den vergangenen Tagen haben die Terroristen immer mehr irakisches Territorium eingenommen. Sie stehen nun kurz vor Erbil, wo amerikanische Diplomaten und Zivilisten an unserem Konsulat tätig sind und wo Angehörige der amerikanischen Streitkräfte irakische Sicherheitskräfte beraten.

Um den Vormarsch auf Erbil aufzuhalten, habe ich unsere Streitkräfte angewiesen, ISIS-Konvois gezielt anzugreifen, wenn sie sich auf die Stadt zubewegen. Wir werden wachsam bleiben und einschreiten, wenn die Terroristen eine Bedrohung für unsere Mitarbeiter oder Einrichtungen im Irak darstellen, einschließlich unseres Konsulats in Erbil und unserer Botschaft in Bagdad. Wir leisten darüber hinaus der irakischen Regierung und den kurdischen Kräften drigend benötigte Hilfe, so dass sie wirksamer gegen ISIS vorgehen können.

Zweitens haben wir auf Wunsch der irakischen Regierung damit begonnen, einen Beitrag zur Rettung der auf dem Berg eingeschlossenen Zivilisten zu leisten. ISIS hat im Irak immer mehr an Boden gewonnen und ist dabei skrupellos gegen unschuldige Iraker vorgegangen. Gegenüber religiösen Minderheiten wie den Christen und den Jesiden, einer kleinen, traditionsreichen Konfession, sind die Terroristen besonders barbarisch vorgegangen. […]

In den vergangenen Tagen sind jesidische Frauen, Männer und Kinder aus der Region Sinjar geflohen, weil die Lage für sie dort lebensbedrohlich war. Tausende - vielleicht sogar Zehntausende – haben auf dem Berg Zuflucht gesucht und haben nichts außer der Kleider, die sie am Leib tragen. Sie haben keine Nahrungsmittel und kein Wasser. Viele verhungern. Kinder verdursten. Gleichzeitg haben die sie belagernden ISIS-Terroristen zur systematischen Auslöschung des gesamten jesidischen Volkes aufgerufen, was einem Völkermord gleichkommen würde. Diese unschuldigen Familien haben nur die Wahl zwischen Pest und Cholera: Entweder sie verlassen den Berg und werden brutal ermordet, oder sie bleiben und verdursten und verhungern qualvoll. […]

Bei früheren Gelegenheiten habe ich betont, dass die Vereinigten Staaten nicht bei jeder internationalen Krise eingreifen können und sollten. Deshalb möchte ich erklären, warum wir in diesem Fall handeln müssen, und zwar jetzt. In Situationen wie auf diesem Berg, in denen unschuldige Menschen so massiv von Gewalt in einem unvorstellbaren Ausmaß bedroht sind, und in denen wir ein Mandat haben zu helfen – in diesem Fall hat die irakische Regierung uns darum gebeten – und wenn wir über die Fähigkeiten verfügen, ein Massaker zu verhindern, dann – so denke ich – können die Vereinigten Staaten nicht einfach wegsehen. Wir können vorsichtig und verantwortungsbewusst handeln, um einen potenziellen Völkermord zu verhindern. Genau deshalb schreiten wir auf diesem Berg ein. [...] Amerikanische Flugzeuge haben bereits damit begonnen, aus der Luft Lebensmittel und Wasser abzuwerfen, um diesen verzweifelten Männern, Frauen und Kindern das Überleben zu ermöglichen. Anfang der Woche hat ein Iraker aus dieser Region vor den Augen der Weltöffentlichkeit ausgerufen: „Niemand kommt uns zur Hilfe“. Aber ab heute hilft Amerika. […]

Ich weiß, dass viele Amerikanerinnen und Amerikaner zu Recht besorgt über amerikanisches militärisches Eingreifen im Irak sind, auch wenn es wie heute nur um begrenzte Militärschläge geht. Dafür habe ich vollstes Verständnis. Einer der Gründe, warum ich für dieses Amt kandidiert habe, war, den Krieg im Irak zu beenden und unsere Soldatinnen und Soldaten nach Hause zu holen. Das ist auch geschehen. Als Oberbefehlshaber werde ich es nicht zulassen, dass die Vereinigten Staaten in einen weiteren Krieg im Irak hineingezogen werden. Auch wenn wir die Iraker nun dabei unterstützen, diese Terroristen zu bekämpfen, werden wir nicht erneut amerikanische Kampftruppen in den Irak entsenden, denn es gibt keine amerikanische militärische Lösung für die umfassende Krise im Irak. Die einzige dauerhafte Lösung besteht in der Aussöhnung der verschiedenen irakischen Volksgruppen und stärkeren irakischen Sicherheitskräften. […]

Sobald im Irak eine neue Regierung gebildet worden ist, werden die Vereinigten Staaten mit ihr und anderen Staaten der Region zusammenarbeiten und weitere Hilfen leisten, um der humanitären Krise und der Herausforderung der Terrorismusbekämpfung zu begegnen. Keiner der Nachbarstaaten des Iraks hat Interesse an diesem schrecklichen Leiden oder der Instabilität.

Deshalb werden wir weiterhin mit unseren Freunden und Verbündeten zusammenarbeiten, damit Flüchtlinge dringend Benötigtes wie ein Obdach, Nahrungsmittel und Wasser erhalten und um die Iraker dabei zu unterstützen, die ISIS-Kämpfer zurückzudrängen. Hunderte amerikanische Berater, die ich in den Irak beordert habe, werden vor Ort weiterhin analysieren, was wir zukünftig zusätzlich tun können, um irakische Sicherheitskräfte auszubilden, zu beraten und zu unterstützen. […]

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, weltweit gibt es unzählige Herausforderungen. Die Vereinigten Staaten waren nie in der Lage, überall für Gerechtigkeit zu sorgen, aber unser Land hat die Welt sicherer und wohlhabender gemacht. Unsere Führungsrolle ist notwendig, um die Grundlage für die globale Sicherheit und den Wohlstand zu legen, auf die unsere Kinder und Enkel angewiesen sind. Das tun wir, indem wir uns an bestimmte Grundprinzipien halten. Wir tun alles Notwendige, um das amerikanische Volk zu schützen. Wir unterstützen unsere Verbündeten, wenn sie Gefahren ausgesetzt sind. Wir führen internationale Koalitionen an, um internationale Normen durchzusetzen. Wir setzen alles daran, grundlegenden Werten wie dem Wunsch nach Grundfreiheiten und Würde gerecht zu werden, die alle Menschen teilen, unabhängig davon, wo sie leben. Deshalb schauen Menschen auf der ganzen Welt auf die Vereinigten Staaten, wenn es darum geht, Führungsverantwortung zu übernehmen. Und deshalb übernehmen wir Führungsverantwortung. […]

Originaltext: Statement by the President
Herausgeber: US-Botschaft Berlin, Abteilung für öffentliche Angelegenheiten; http://blogs.usembassy.gov/amerikadienst/



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