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Iran feiert, USA drohen

Kundgebungen in Teheran und anderen Städten zum 32. Jahrestag der Revolution. Washington will "sicherstellen", daß Ägypten seine Außenpolitik nicht ändert

Von Knut Mellenthin *

In ungewöhnlich großem Umfang hat der Iran am Freitag den 32. Jahrestag der Revolution begangen, die 1979 zum Sturz des Schah-Regimes führte. An den Kundgebungen im ganzen Land nahmen nach iranischen Meldungen mehrere Millionen Menschen teil. In Teheran, wo Mahmud Ahmadinedschad zu den Massen sprach, füllten Hunderttausende den riesigen Freiheitsplatz und die umgebenden Straßen. Der Präsident bekräftigte das Festhalten Irans an seinem zivilen Atomprogramm und rief zugleich die Staaten des Westens zu »Kooperation statt Konfrontation« auf. In der Menschenmenge waren Plakate und Transparente zu sehen, die die Aufstände in Tunesien und Ägypten unterstützten.

Die US-Regierung unternimmt indessen größte Anstrengungen, um die ägyptische Außenpolitik trotz des Volksaufstands auf Anti-Iran- und Pro-Israel-Kurs zu halten. Pentagon-Staatssekretär Alexander Vershbow versprach am Mittwoch bei der alljährlichen Sicherheitskonferenz im israelischen Herzliya seinen Gastgebern, die USA würden »sicherstellen«, daß Ägypten in der »Übergangsperiode« dem 1979 geschlossenen Separatfrieden verpflichtet bleibt. »Ein starkes ägyptisches Militär, das sich auf robuste Verteidigungsbeziehungen zu den USA stützt, kann eine Kraft der Mäßigung und der fortgesetzten Unterstützung des Friedensvertrages sein.«

Ägyptens Streitkräfte, die bis Anfang der 1970er Jahre überwiegend mit sowjetischen Waffensystemen ausgerüstet waren, wurden nach dem Friedensschluß komplett auf die USA umorientiert. Nach Israel ist Ägypten das zweitwichtigste Empfängerland von US-amerikanischer Militärhilfe, deren Umfang zuletzt 1,3 Milliarden Dollar betrug.

Vershbow gab sich in Herzliya absolut sicher, daß Ägypten auch künftig Teil der amerikanisch geführten internationalen Front gegen Iran bleiben werde: »Die vom Iran ausgehende Bedrohung hat eine einmalig günstige Gelegenheit geschaffen. Zum ersten Mal seit der Gründung des Staates Israel sind israelische und arabische Nationalinteressen in einem noch nie gekannten Ausmaß vereint. Sie gründen auf der gemeinsamen Überzeugung, daß wir dem Iran entgegentreten und ihn eindämmen müssen. Die Lage in Ägypten hat diese grundlegende geopolitische Realität nicht verändert.«

Eine kürzlich veröffentlichtes Dokument aus dem Wikileaks-Material bietet allerdings ein anderes Bild. Aus der vom 9. Februar 2010 stammenden Depesche der amerikanischen Botschaft in Kairo geht hervor, daß man dort äußerst unzufrieden war mit der »Zurückhaltung« der ägyptischen Seite, die »Umorganisation« ihrer Streitkräfte gemäß den Forderungen der USA vorzunehmen. Statt »Terrorismus«, palästinischer Waffenschmugel nach Gaza und Unterstützung der aggressiven US-Politik gegen den Iran stünde immer noch Israel im Zentrum der ägyptischen Militärplanung.

Nach dieser Depesche befragt, sagte Vershbow: »Wir versuchen, unsere militärischen Partner in der Region zu veranlassen, ihre Streitkräfte in Übereinstimmung mit den derzeitigen Bedrohungen und Herausforderungen zu bringen. Das war die Botschaft, die wir den Ägyptern übermittelt haben.«

* Aus: junge Welt, 12. Februar 2011


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