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Feindbild Iran

Sanktionen statt Verhandlungen. Neue US-Strafmaßnahmen gegen Teheran und seine Handelspartner. Gespräche über Atomprogramm seit zwei Monaten unterbrochen

Von Knut Mellenthin *

Die US-Regierung hat innerhalb weniger Tage eine Reihe neuer Strafmaßnahmen gegen Iran und seine Handelspartner in Kraft gesetzt, während die Verhandlungen über Teherans Atomprogramm seit zwei Monaten unterbrochen sind. Eine Wiederaufnahme der Gespräche ist vor der Präsidentenwahl am 14. Juni nicht zu erwarten. Vermutlich wollen die USA und ihre Verbündeten sogar noch die Amtseinführung des Nachfolgers von Mahmud Ahmadinedschad Anfang August abwarten, bevor sie an den Verhandlungstisch zurückkehren. Zu diesem Zeitpunkt wird die israelische Regierung, ihren eigenen früheren Ankündigungen zufolge, bereits stark auf ein Ultimatum zur Auslösung eines militärischen Konflikts drängen.

Am vergangenen Freitag ließ US-Präsident Barack Obama Strafmaßnahmen gegen mehrere ausländische Unternehmen verhängen, die den Iran angeblich beim Umgehen bereits praktizierter Sanktionen unterstützen. Darunter ist die auf Zypern und in der Ukraine ansässige Ferland Company. Washington wirft ihr vor, den Iranern beim Export von Rohöl behilflich zu sein. Mehrere Fluggesellschaften der Ukraine, Kirgistans und der Vereinigten Arabischen Emirate sollen dafür bestraft werden, daß sie angeblich »illegale Fracht« aus dem Iran nach Syrien transportieren. Gleichzeitig wurden acht iranische Unternehmen der petrochemischen Industrie neu auf die schwarze Liste der US-Regierung gesetzt, mit der Begründung, sie würden »von der iranischen Regierung kontrolliert«. Petrochemische Erzeugnisse sind Irans zweitwichtigste Exportgüter nach Erdöl und Erdgas.

Alle mit Sanktionen belegten Firmen müssen damit rechnen, daß sie vom US-amerikanischen Markt ausgeschlossen und ihre Guthaben in den Vereinigten Staaten beschlagnahmt werden. Strafmaßnahmen drohen darüber hinaus auch allen US-Amerikanern, die mit solchen Unternehmen noch irgendwelche Geschäfte machen oder in ihrem Auftrag finanzielle Transaktionen vornehmen.

Am Montag unterzeichnete Obama ein weiteres Sanktionspaket, das den internationalen Zahlungsverkehr Irans und seine Autoindustrie treffen soll, deren Produkte vor allem in benachbarten Ländern anerkannt sind. Strafmaßnahmen richten sich künftig gegen alle Unternehmen und Personen, die Transaktionen mit der iranischen Landeswährung Rial durchführen oder »erleichtern« oder die größere Bestände dieser Währung halten. Ebenso wird sanktioniert, wer mit der iranischen Autoindustrie etwa bei Materiallieferungen oder Dienstleistungen zusammenarbeitet.

Am Dienstag setzte Washingtons Finanzministerium 37 ausländische Firmen auf die schwarze Liste, die angeblich Teil eines »Netzwerks« sind, das den Iranern beim Umgehen der US-amerikanischen Sanktionen hilft, indem es die finanzielle Abwicklung von Handelsgeschäften ermöglicht. Die gemaßregelten Unternehmen sind unter anderem in Deutschland, Südafrika, Kroatien und den Emiraten ansässig.

Am 1. Juli tritt eine Anordnung des Finanzministeriums in Kraft, die den Verkauf von Gold an iranische Unternehmen und Privatpersonen mit Strafen bedroht. In diesem Handel sind vor allem türkische Firmen engagiert. Iran benötigt das Gold zur Abwicklung von Auslandsgeschäften, da der normale Bankverkehr durch die westlichen Sanktionen weitgehend blockiert ist.

* Aus: junge Welt, Donnerstag, 6. Juni 2013


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