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Furcht vor Iran-Angriff: Krieg oder Frieden?

Von Dmitri Kossyrew, RIA Novosti *

Wer geglaubt hatte, die IAEA-Inspektionen in den iranischen Nuklearanlagen würden zur Wiederaufnahme der Atom-Verhandlungen führen, lag absolut falsch.

Die Sechser-Verhandlungen zu Teherans umstrittenes Atomprogramm liegen weiter auf Eis. Die Experten der Internationalen Atomenergiebehörde zogen nach drei Tagen Inspektionen wieder ab.

Krise ohne Ende

Aus dem IAEA-Hauptquartier in Wien verlautete kürzlich, dass die Gespräche positiv verlaufen seien und dass eine neue Delegation bald den Iran besuchen werde. Dieser Meldung folgten Spekulationen über die Fortsetzung der Sechser-Verhandlungen (Iran, Russland, China, USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland sind daran beteiligt). Sogar der Ort des neuen Treffens wurde genannt: Istanbul.

Diese Erwartungen sind durchaus realistisch. Doch in der Vergangenheit gab es zahlreiche erfolglose Verhandlungen, UN-Sanktionen gegen den Iran, Medienberichte über geplante israelische Raketenschläge, wenn die Amerikaner davon Abstand nehmen würden, usw.

Friedliche Atomenergie oder Kernwaffen

Offenbar gibt es Krisen in der Welt, die endlos erscheinen. Das beste Beispiel dafür sind das iranische und das nordkoreanische Atomprogramm.

Ein Ausweg aus dieser Krise kann nicht nach der Formel „Frieden oder Krieg“ vorausgesagt werden. Allerdings gibt es aktuell einige Aspekte, die nicht mit dem Iran, sondern vielmehr mit dem Weltbild etwas zu tun haben und dadurch besonders interessant sind.

Iran und US-Präsidentenwahl

Einen Aufstieg Irans zur Atommacht braucht US-Präsident Barack Obama im Jahr der Präsidentenwahl nicht, besonders wenn man den erst in diesem Jahr nicht gerade erfolgreich beendeten Irak-Einsatz bedenkt.

Obamas Rivalen nutzen jede Gelegenheit, ihm zu sagen, dass er „etwas dagegen“ tun muss. Auseinandersetzungen mit dem Iran wären aber eine schlechte Idee, und zwar nicht nur weil Obama Friedensnobelpreisträger ist. Washington plant eine drastische Kürzung seines Militärbudgets. Kennzeichnend dafür ist der Libyen-Einsatz der Nato: Die USA hielten sich damals zurück. Wer könnte es mit dem Iran aufnehmen, wenn sich die Amerikaner auch diesmal aus dem Konflikt raushalten?

Am Dienstag (31. Jan.) wurden im US-Kongress mehrere Berichte über die Aktivitäten der Geheimdienste veröffentlicht. Bericht erstatteten US-Geheimdienstchef James Clapper und der CIA-Chef David Patraeus.

In Bezug auf den Iran wurde Folgendes gesagt: Teheran könnte in ungefähr einem Jahr eigene Atomwaffen entwickeln. In einem oder zwei Jahren könnten die Iraner in Besitz der entsprechenden Trägerraketen sein. Das sei die „rote Linie“ für die USA und Israel. Gleichzeitig wurde klar zu verstehen gegeben, dass kriegsähnliche Maßnahmen in der nächsten Zukunft nicht in Frage kämen.

Das waren alles keine Neuigkeiten. Völlig unerwartet tauchte in der Debatte das geplante Attentat auf den saudischen Botschafter in Washington im Oktober 2011 auf. USA hatten dem Iran damals vorgeworfen, das Attentat geplant zu haben. Aber doch bei der Planung des Anschlags sollen viele Anfängerfehler begangen worden, was Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Anschuldigen genährt hat.

Danach herrschte Stillschweigen über diesen Zwischenfall. Dann tauchte diese Geschichte plötzlich wieder auf. Offenbar gibt es ein Interesse, Saudi-Arabien an der Lösung des Atomstreits mit dem Iran zu beteiligen.

Bereits beim Krieg in Libyen wie auch beim Regimewechsel in Tunesien und Ägypten haben Saudi-Arabien, Katar und andere Monarchien aus der Golfregion eine äußerst wichtige Rolle gespielt. In Libyen spielte die Nato die entscheidende Rolle. Die Allianz profitierte von der Unterstützung der Golf-Länder.

Natürlich wäre es für die USA viel besser, wenn die Araber die Führungsrolle im Kampf gegen den Iran spielen, aber nicht Israel, weil es zu isoliert im Nahen Osten ist. Die Araber mögen den Iran nicht. Der Hass ist dermaßen ausgeprägt, dass Saudi-Arabien mit Israel sogar einen Pakt gegen Teheran schmieden könnte. Das wäre ein großer Erfolg für US-Präsident Obama.

Zuerst aber Syrien

Die jüngsten Ereignisse um Syrien, den wichtigsten Verbündeten Teherans, ähneln einem Stellvertreterkrieg Saudi-Arabiens gegen den Iran. Wer die syrische Opposition mit Waffen versorgt, ist allgemein bekannt. Es sind nicht die USA, sondern die Golf-Monarchien.

Einen Krieg gegen den Iran wird es wohl nicht geben, solange das Schicksal Syriens unklar ist. Zu diesem Zweck müsste Teheran sich provozieren lassen und Assad helfen und dadurch dem Westen den Anlass geben, anzugreifen. Es gibt auch andere Nuancen.

Russland, China und die anderen BRICS-Länder spielen dabei eine äußerst wichtige Rolle. Viele Staaten verfolgen die Situation um Syrien mit großer Besorgnis. Im UN-Sicherheitsrat wird gerade eine neue Syrien-Resolution diskutiert. Moskau und seine Partner wiederholen ständig, dass sie einen Machtsturz in einem souveränen Staat nicht zustimmen werden.

Es ist eine Situation entstanden, bei der die Karten im Nahen Osten neu gemischt werden. Im Fokus steht das iranische Öl, dem im Sommer ein EU-Embargo droht. Wer bekommt diese Lieferungen und finanziert den Iran? Wenn es Teheran trotz des EU-Embargos und aller anderen Sanktionen gelingt, sich über Wasser zu halten, dann werden die neuen Strafmaßnahmen verpuffen.

Irans größte Ölabnehmer sind vor allem China, Japan und Südkorea. Sie denken bislang nicht daran, sich dem EU-Embargo anzuschließen. Noch mehr als das: Sie haben Angst vor einem Krieg gegen den Iran und könnten auch etwas dagegen tun.

Auch die Transit-Länder östlich von Iran sind in dieses Spiel hineingezogen worden. Vor kurzem besuchte beispielsweise eine israelische Delegation Turkmenistan.

Die Kriegsgefahr könnte noch eine Weile anhalten. Dann wird sich schon zeigen, wie die Region nach dem Rückzug der USA aus dem Großen Nahen Osten aussehen wird.

Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.

* Aus: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 3. Februar 2012; http://de.rian.ru

"... bis es kollabiert"

Der stellvertretende Außenminister Danny Ayalon über die Notwendigkeit härterer Sanktionen gegen Iran

Ayalon auf Münchner Sicherheitskonferenz

Der stellvertretende Außenminister Danny Ayalon hat an der Münchner Sicherheitskonferenz teilgenommen. Bei der Eröffnungsveranstaltung der Konferenz sprach Ayalon über die Bedrohung durch das iranische Atomprogramm und forderte eine engere internationale Kooperation bei der Intensivierung der Sanktionen.

„Wir können es uns nicht leisten, die Ergebnisse von Sanktionen gegen den Iran abzuwarten. Wir müssen sofort heftigen Druck auf das Regime ausüben, bis es kollabiert. Deutschland, das stärkste Land der Europäischen Union, muss eine Lösung für die europäischen Staaten finden, die ihr Öl aus dem Iran beziehen, um die Abhängigkeit zu beenden. Nur so können die europäischen Sanktionen wirklich greifen.”

Quelle: Außenministerium des Staates Israel, 06.02.12




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