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Ende der Eiszeit

"Auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt": Zum 30. Jahrestag der Islamischen Revolution bekunden Irans Präsident Ahmadinedschad und sein US-Amtskollege Obama Gesprächsbereitschaft

Von Nick Kaiser *

Mit Massendemonstrationen im ganzen Land und einer Rede des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad in Teheran sind am Dienstag die Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag der Islamischen Revolution zu Ende gegangen. Begonnen hatten sie am 31. Januar um 9.33 Uhr, die genaue Uhrzeit der Landung Ajatollah Ruhollah Khomeinis 1979 auf dem Flughafen Mehrabad in Teheran nach 14 Jahren Exil. Die diesjährigen Feiern stehen unter sich verändernden Vorzeichen in den Beziehungen des Iran mit dem »Großen Satan« USA.

Gleichheit der Partner

Die Auseinandersetzung um das iranische Atomprogramm und die Sanktionen des UN-Sicherheitsrates schüren, entgegen der Hoffnungen im Westen, nicht die Wut der iranischen Bevölkerung gegen ihre Regierung. Das Regime ist zwar unbeliebt. Als Mitglied der UN-Atomenergiebehörde IAEA und Unterzeichner des Atomwaffensperrvertrags (NPT) hat Iran aber das Recht, Uran für zivile Zwecke anzureichern. So lange das ehemalige Persien allerdings weiter für sein – soweit bislang bekannt – ziviles Atomprogramm bestraft wird, schlägt eher die grundsätzlich vorhandene Affinität der iranischen Bevölkerung gegenüber dem Westen um, als daß es etwa zu einer neuen Revolution kommt.

Die 30jährige Funkstille zwischen Washington und Teheran hat nicht gerade zum Abbau von Feindseligkeiten beigetragen. Nun sendet die neue US-Administration aber Signale der Dialogbereitschaft. Am Montag (Ortszeit) formulierte Barack Obama in seiner ersten Pressekonferenz als US-Präsident als Ziel eine »Beziehung auf Grundlage gegenseitigen Respekts« mit dem Iran. Sein iranischer Amtskollege Ahmadinedschad erklärte sich am Dienstag in seiner Rede auf dem Friedensplatz in Teheran grundsätzlich zu Gesprächen mit den USA bereit.

Die Aussage war zwar neu und überraschend versöhnlich aus dem Mund des iranischen Präsidenten. Ahmadinedschad betonte aber auch, der Dialog müsse auf Gleichheit und gegenseitigem Respekt basieren. Das ist schon immer die Haltung der iranischen Regierung gewesen: Gespräche im Prinzip gerne, aber nur auf Augenhöhe zwischen gleichberechtigten Partnern. Gleichberechtigte Gesprächspartner, die sich auf Augenhöhe begegnen, bezichtigen sich nicht gegenseitig, terroristische Gruppen zu finanzieren oder heimlich Atombomben bauen zu wollen.

Ungewißheit bleibt

Die USA hatten in der Atomfrage unter der Regierung von George W. Bush stets unnachgiebig vom Iran die Aussetzung der Urananreicherung als Voraussetzung für Verhandlungen gefordert und damit das Ziel der Gespräche zu ihrer Bedingung gemacht. Zudem war Washington nicht bereit gewesen, Teheran attraktive Gegenleistungen anzubieten. Nun scheint sich die US-amerikanische Haltung geändert zu haben. Obama hatte im Wahlkampf angekündigt, ohne Vorbedingungen Gespräche mit dem Iran führen zu wollen. Macht er sein Versprechen wahr, könnte es tatsächlich nach 30 Jahren zur Wiederaufnahme hochrangiger diplomatischer Beziehungen kommen. Womöglich jedoch nicht vor den iranischen Präsidentschaftswahlen im Juni dieses Jahres. Außerdem kann es immer noch zu Pannen wie in den 1990er Jahren zwischen den Präsidenten Mohammad Khatami und William Clinton kommen, als zwar beide Seiten vorsichtig Gesprächsbereitschaft andeuteten, aber jeder die Signale der jeweiligen Gegenseite falsch interpretierte.

* Aus: junge Welt, 11. Februar 2009


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