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Washington stänkert

Zusammenarbeit zwischen Iran und Pakistan stört US-Isolationsstrategie

Von Knut Mellenthin *

Die US-Regierung droht Pakistan mit Strafmaßnahmen, falls das Land an seiner Gas-Pipeline-Kooperation mit Iran festhält. Die für ihren undiplomatischen Stil bekannte Sprecherin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, sagte dazu am Montag auf ihrer routinemäßigen Pressekonferenz: »Wir sind ernstlich besorgt, daß das Iran-Sanktions-Gesetz ausgelöst würde, falls dieses Projekt weiter voranschreitet. Wir haben über diese Sorgen mit den Pakistanis ganz offen gesprochen.« Betont sarkastisch und überheblich setzte Nuland hinzu: »Ankündigungen über diese Pipeline haben wir in der Vergangenheit schon ungefähr zehn oder 15 mal gehört. Wir müssen also abwarten, was tatsächlich geschieht.«

Die Sprecherin des Ministeriums spielte damit auf Komplikationen und Verzögerungen beim Bau der schon seit 1995 geplanten Gasleitung an, die praktisch ausschließlich durch Störmanöver und Erpressungen der US-Regierung verursacht wurden. So zum Beispiel der Rückzug der größten Bank Chinas und des russischen Energiekonzerns Gazprom aus der Finanzierung des Projekts. Aber wenige Stunden vor dieser Pressekonferenz hatten die Präsidenten Irans und Pakistans, Mahmud Ahmadinedschad und Asif Ali Zardari, mit einem feierlichen Staatsakt die Bauarbeiten am pakistanischen Abschnitt der Pipeline eröffnet. Auf der iranischen Seite ist die Leitung ohnehin schon weitgehend fertiggestellt.

Die pakistanische Regierung hat in den letzten Wochen immer wieder bekräftigt, daß sie trotz der massiven Einflußnahme der USA aus Gründen der nationalen Interessen an dem Vorhaben festhalten werde. Daher ist unwahrscheinlich, daß sie in diesem Stadium noch einen Rückzieher macht. Zudem ist die Kooperation mit dem Iran für Pakistan so wichtig und auch so günstig, daß Washingtons Drohung mit Sanktionen nicht sehr effektiv ist.

Daß Pakistan unter akutem Energiemangel leidet, steht außer Zweifel. Fast tägliche mehrstündige Strom- und Gasabschaltungen in vielen Regionen sind die Folge. Das betrifft neben den privaten Haushalten und dem öffentlichen Verkehr auch produzierende Unternehmen, die immer wieder zu Arbeitseinstellungen gezwungen sind. Die US-Regierung behauptet, sie habe den Pakistanis etliche Energieprojekte vorgeschlagen, die besser und zuverlässiger seien als das iranische Angebot. Tatsächlich haben die USA jedoch nicht in ein einziges davon wirklich investiert, obwohl der Energiemangel schon seit Jahren besteht und der Bedarf immer größer wird. Einige der amerikanischen Ideen – wie der Bau einer Pipeline von Turkmenistan und die Lieferung von Elektrizität aus Tadschikistan – wären höchstens bei stabilen Verhältnissen im Durchgangsland Afghanistan zu realisieren.

Durch die »Friedenspipeline« Iran-Pakistan sollen ab Anfang 2015 rund 21,5 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag strömen. Das würde etwa 80 Prozent der pakistanischen Energielücke schließen. Indien, das zunächst an die Pipeline angeschlossen werden wollte, stieg 2009 aus dem Projekt aus. Einige Monate zuvor hatte die US-Regierung mit Delhi ein Abkommen über nukleare Zusammenarbeit geschlossen, das einen klaren Verstoß gegen den Atomwaffensperrvertrag darstellt.

* Aus: junge Welt, Mittwoch 13. März 2013


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