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Positives Signal aus Washington: Irans Gesprächsangebot bringt Bewegung in die festgefahrene Situation / Washington Appears Poised for Talks With Iran

Brief an die Sechser-Staatengruppe mit Vorschlägen zur Diskussion über Themen gemeinsamen Interesses - Atomkonflikt ist ausgespart

Das sind neue Signale - sowohl aus Teheran als auch aus Washington. Die iranische Staatsführung hat der Sechsergruppe (die fünf ständigen UN-Sicherheitsrats-Mitglieder plus Deutschland) am vergangenen Mittwoch, 9. September, einen Brief mit Vorschlägen zur Wiederaufnahme von Gesprächen auf höchster Ebene unterbreitet. Nach anfänglicher Ablehnung kam am Freitag (11. Sept.) das Signal aus Washington: Die USA seien zu einem Treffen bereit. Ähnliches verlautbarte aus Brüssel.
Im Folgenden dokumentieren wir hierzu zwei Artikel. Das Gesprächsangebot aus Teheran finden Sie hier als pdf-Datei (englisch):
"Package of Proposals ..."



Reden in Teheran

USA akzeptieren iranisches Gesprächsangebot. Nur Alibi für härtere Sanktionen?

Von Knut Mellenthin *


Die Iran-Sechs – China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Rußland und die USA – wollen der Gesprächseinladung aus Teheran folgen. Der Außenpolitik-Verantwortliche der EU, Javier Solana, der schon in der Vergangenheit die Kontakte zu den iranischen Chefunterhändlern gehalten hatte, ließ am Freitag (11. Sept.) in Brüssel ankündigen, daß er sich um einen Termin zum frühestmöglichen Zeitpunkt bemüht.

Die iranische Regierung hatte am Mittwoch voriger Woche (9. Sept.) durch Außenminister Manuchehr Mottaki einen fünf Seiten langen Brief an die Staatengruppe übergeben. Das Schreiben enthält eine Auflistung grundsätzlicher Themen für langfristig angelegte Verhandlungen, geht aber auf die zentrale Forderung der USA und der EU nach einer Einstellung der iranischen Urananreicherung nicht ein. Präsident Mahmud Ahmadinedschad und andere Politiker hatten zuvor erklärt, daß der Iran an Gesprächen, die sich ausschließlich auf sein ziviles Atomprogramm konzentrieren, nicht interessiert ist. Andererseits sprach Mottaki am Sonnabend von der Möglichkeit, im Verlauf der Verhandlungen auch über das Atomthema zu sprechen, »falls die Bedingungen dafür reif sind«. Am selben Tag bekräftigte Verteidigungsminister Ahmad Wahidi, daß die Produktion von Atomwaffen niemals ein Ziel des Iran war. »Wir betrachten die Herstellung von Massenvernichtungswaffen als unvereinbar mit unseren religiösen, humanen und nationalen Prinzipien.«

Philip Crowley, ein Sprecher des US-Außenministeriums, der die iranischen Vorschläge zunächst als unzureichend zurückgewiesen hatte, äußerte sich auch am Freitag skeptisch über die Erfolgsaussichten des geplanten Treffens: »Klar gesagt, wenn Iran es ablehnt, ernsthaft zu verhandeln, können wir – die Vereinigten Staaten, die internationale Gemeinschaft und der UN-Sicherheitsrat – Schlußfolgerungen daraus ziehen und künftig zu einigen Entscheidungen kommen.« – Die New York Times zitierte am Sonnabend nicht namentlich genannte Regierungsbeamte mit der Aussage, die amerikanische Zustimmung zu dem Treffen »gründet sich teilweise auf die Einsicht, daß irgend­eine Form von Gespräch stattfinden muß, bevor die USA sich überzeugend für die Verhängung schärferer Sanktionen gegen Iran aussprechen können«.

Indessen verstärken die israelische Regierung und ihre Lobby in den USA den Druck, die Verhandlungen scheitern zu lassen und einen noch härteren Konfrontationskurs durchzusetzen. Während eines Iran-Aktionstages am Donnerstag waren Hunderte von Sprechern und Anhängern der Lobby in Washington unterwegs, um Kongreßmitglieder zu bearbeiten. Ebenfalls am Donnerstag veröffentlichte das neokonservative Wall Street Journal einen Leitartikel, der von den Exsenatoren Charles Robb und Daniel Coats sowie vom Luftwaffengeneral i. R. Chuck Wald unterzeichnet war. Die Autoren bezeichneten darin den Weg der Diplomatie als gescheitert und forderten von Präsident Barack Obama eine »neue Strategie«, die hauptsächlich in unmittelbaren Vorbereitungen für Kriegsoperationen bestehen müsse.

* Aus: junge Welt, 14. September 2009


Obama Administration Appears Poised for Talks With Iran

by Dafna Linzer **

Iran's five-page offer for talks with the Obama administration appears to have been accepted by the White House. Shortly after the offer was presented Wednesday (9 Sept.), a host of anonymous western diplomats were quoted as dismissing the offer in its entirety because it did not address outstanding issues related to Iran's nuclear program. In fact, some diplomats were quoted as saying that the Iranian proposal included an outright refusal to discuss its ongoing nuclear efforts.

(...)

According to the Iranian proposal, the Tehran government is ready for comprehensive negotiations on a broad range of issues including global nuclear disarmament, regional security, economic incentives and a number of items at the heart of Iran's own national security interests such as drug trafficking.

"We are seeking a meeting now based on the Iranian paper to see what Iran is prepared to do," Crowley said. "If Iran responds to our interest in a meeting, we'll see when that can occur. We hope that will occur as soon as possible.

Any meeting would likely include representatives from Russia, China, Britain, France and Germany, who have been coordinating efforts with Washington to coax Iran to the negotiating table. If successful, this would be the first formal, substantive talks between the United States and Iran in 30 years. The two countries worked closely in 2002 to help form a new government in Afghanistan and have traded some intelligence and information on Al-Qaeda. But those talks centered on very specific issues and were not held in the context of repairing relations damaged by the 1979 Iranian Revolution and the ensuing hostage crisis inside the U.S. embassy in Tehran then.

Iran's nuclear program began in secret two decades ago with illicit help from Pakistan. It was exposed in 2002 and quickly became the focus of United Nations nuclear inspectors. Iran maintains that the program is designed to provide the oil-rich country with nuclear energy and has refused to address evidence that suggests it was originally designed to produce fuel for nuclear weapons. The lack of cooperation, coupled with Iran's continued progress on its nuclear program, has led to three rounds of international sanctions.

** ProPublica, September 12, 2009; www.propublica.org


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