Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Sanktionen sollen Atomwaffen stoppen

UN-Sicherheitsrat verabschiedet Resolution gegen Irans Urananreicherung

Von Wolfgang Kötter

Der UN-Sicherheitsrat verabschiedete am gestrigen 9. Juni eine Resolution über neue und schärfere Sanktionen gegen den Iran. Während die fünf ständigen Ratsmitglieder USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China sowie die nichtständigen Mitglieder Bosnien-Herzegowina, Gabun, Japan, Mexiko, Nigeria, Österreich und Uganda dafür votierten, stimmten Brasilien und die Türkei dagegen. Libanon enthielt sich der Stimme. Die USA hatten gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien einen entsprechenden Resolutionsentwurf eingebracht, um damit den Druck zu erhöhen, damit Teheran die umstrittene Urananreicherung stoppt. Aber wie das Abstimmungsergebnis zeigt, halten das nicht alle Mitglieder der Weltorganisation am New Yorker East River für eine konstruktive Idee. Aus Sicht der Kritiker ist die von Brasilien und der Türkei vermittelte Auslagerung der iranischen Urananreicherung eine bessere Alternative. Aber wäre das ein Durchbruch zu einer umfassenden Streitbeilegung oder nur ein cleveres Manöver um drohende Sanktionen abzuwenden? – die Meinungen sind gespalten. Zwar beteuert Teheran unermüdlich, dass es sein Atomprogramm ausschließlich zu friedlichen Zwecken nutzt. Im Westen aber wird befürchtet, dass der Iran unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms Nuklearwaffen entwickelt, kann doch die Urananreicherung bei niedrigem Anreicherungsgrad von etwa 4 Prozent der Stromerzeugung, aber ab 80 Prozent durchaus auch dem Bau von Atomsprengsätzen dienen.

Urananreicherung außer Landes

18 Stunden mussten die Außenminister der Türkei, Brasiliens und des Irans, Ahmet Davutoglu, Celso Amorim und Manuschehr Mottaki am sommerwarmen Wochenende in der iranischen Hauptstadt verhandeln. Tags darauf am 17. Mai konnten sie dann mit dem Segen ihrer Chefs die Vereinbarung unterzeichnen. Bei dem seit Monaten diskutierten Atomgeschäft geht es um höher angereichertes Uran, das der Iran zum Betrieb eines medizinischen Forschungsreaktors braucht. Dort werden Isotope für Strahlentherapien bei Krebspatienten produziert. Die Anlage war dem Iran im Jahr 1967 noch zur Zeit der Schah-Diktatur von den USA geschenkt worden. Der von Argentinien gelieferte nukleare Brennstoff für den Reaktor geht in diesem Jahr zu Ende.

Die Situation spitzte sich zu, nachdem Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad im Februar bekannt gegeben hatte, dass Teheran auf 20 Prozent angereichertem Uran produziert hätte und auch Uran mit einem noch höheren Anreicherungsgrad herstellen könne. International reagierte man besorgt. Doch die auf dem Dreiergipfel erzielte Übereinkunft könnte die Gemüter beruhigen. Grundlage ist ein ursprünglich von der Internationalen Atomenergieorganisation IAEA entwickelter Vorschlag, wonach Teheran sein auf 3,5 Prozent niedrig angereichertes Uran gegen Brennstäbe aus 20-prozentigem Uran im Ausland eintauscht. Dazu hatten sich sowohl Frankreich als auch Russland bereit erklärt. Der IAEA-Vorschlag sollte neues Vertrauen zwischen dem Iran und der internationalen Staatengemeinschaft aufbauen. Teheran war zwar prinzipiell einverstanden, forderte aber einen zeitgleichen Austausch auf seinem eigenen Territorium. Dies wies die Gegenseite als inakzeptable Bedingung zurück. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan öffnete nun das Tor für einen Ausweg und bot sein Land als Zwischenstation für den Austausch an. “Es wurde ein Abkommen mit der Türkei und Brasilien unterzeichnet, nach dem 1.200 Kilogramm niedrig angereichertes Uran aus Iran so lange auf türkischem Gebiet aufbewahrt werden, bis der Brennstoff für den (medizinischen) Reaktor in Teheran eintrifft", erklärte ein Sprecher des türkischen Außenministerium. Sollte mit der IAEA sowie mit Frankreich, Russland und der USA eine Einigung erzielt werden, könne das niedrig angereicherte Uran „innerhalb eines Monats“ in die Türkei gebracht werden.

Diplomatische Bemühungen

Brasilien und die Türkei haben als nichtständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats die bereits seit längerem festgefahrenen Verhandlungen der Sechsergruppe - die fünf ständigen Mitglieder des Rats plus Deutschland - wieder flott machen wollen. Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, der zu Gesprächen mit Präsident Mahmud Ahmadinedjad und dem geistlichen Oberhaupt Ali Khamenei in Teheran zusammengekommen war, erklärte mit Blick auf die USA, ein Land, das selbst über Atomwaffen verfüge, könne ein anderes Land nicht so leicht darum bitten, keine zu entwickeln: „Es ist leichter für jemanden, der keine Atomwaffen dabei hat, wie ich, darum zu bitten.“ Auch der türkische Regierungschef Erdogan war überraschend nach Iran gereist, nachdem er seinen Besuch zuvor wegen mangelnder Zugeständnisse der iranischen Führung als „eher unwahrscheinlich“ bezeichnet hatte. Präsident Ahmadineschad rief anschließend die ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und Deutschland auf, die Atom-Verhandlungen wieder aufzunehmen. Nach der Unterzeichnung des Vertrags sei es an der Zeit für Gespräche, die auf „Ehrlichkeit, Gerechtigkeit und gegenseitigem Respekt basieren", sagte er. Brasiliens Präsident Lula da Silva lobte die Vereinbarung als „Sieg der Diplomatie“. Nach Meinung des türkischen Außenministers Davutoglu seien mit der Einigung neue Sanktionen gegen den Iran hinfällig. Über die trilaterale Vereinbarung wurde inzwischen auch die Wiener Atombehörde unterrichtet und Vertreter der USA, Frankreichs und Russlands übermittelten der IAEA ihre Stellungnahmen zu dem Vorschlag.

Kein Neuling in Sachen Atom

Iran ist kein Neuling auf atomarem Gebiet. Bereits seit Mitte der siebziger Jahre läuft ein Programm zur Uranförderung. Seit 1995 baut Iran mit russischer Unterstützung ein Kernkraftwerk in der Hafenstadt Bushehr am Persischen Golf im Süden des Landes. Nachdem seine Inbetriebnahme mehrfach verschoben worden war, soll das AKW nun im kommenden August ans Netz gehen. Laut Regierungsangaben ist außerdem geplant, eine Uranmine bei Sawand in Zentraliran auszubeuten sowie weitere Anlagen für die Erzanreicherung zu reaktortauglichem Nuklearbrennstoff zu errichten. Teheran will in den kommenden 20 Jahren vor allem mit Russlands Hilfe Atomreaktoren von insgesamt 7.000 Megawatt Leistung bauen. Außerdem gibt es im Iran mehr als ein Dutzend weiterer zumeist kleinerer Atomeinrichtungen, die nach offiziellen Angaben der Forschung dienen. Das Ausmaß und die Ausgestaltung all dieser Anlagen, so der Vorwurf der Kritiker, seien mit zivilen Bedürfnissen nicht zu rechtfertigen. Der Iran ist gegenwärtig vollständig in das bestehende Regime der nuklearen Nichtverbreitung eingebunden. Auch die von Teheran betriebene Urananreicherung bedeutet an sich keinen Völkerrechtsbruch. Der Atomwaffensperrvertrag gestattet ausdrücklich die friedliche Nutzung der Kernenergie, einschließlich der Urananreicherung zur Herstellung von Brennstoff für Atomkraftwerke, solange sie unter IAEA-Kontrolle steht. Erst wenn die internationalen Inspektoren nachweisen sollten, dass die Anreicherung von Natururan den für die friedliche Nutzung erforderlichen Anreicherungsgrad übersteigt, wäre das vertragswidrig.

Fragen und Vorwürfe

Worauf basieren dann aber die Anschuldigungen und Verdachtsmomente? Die IAEA kam nach zahlreichen Überprüfungen zu zwiespältigen Schlussfolgerungen. Erstens hat der Iran jahrelang heimlich Forschungsarbeiten an der Anreicherungstechnik betrieben, statt sie wie gefordert der IAEA zu melden. Außerdem fanden Inspektoren in Gas-Ultra-Zentrifugen Spuren hoch angereicherten Urans. Die iranische Seite erklärte die Uranreste mit Verunreinigungen importierter Elemente und versicherte, selber niemals hochgradig angereichertes Uran produziert zu haben. Die Bauteile stammen nach Ansicht von Experten zwar vermutlich aus Pakistan. Trotzdem hat der Fund waffenfähigen Urans weltweites Misstrauen erzeugt. Bisher ließ Teheran eine Reihe von Fragen der IAEA zu seinem Atomprogramm unbeantwortet. Behördenchef Yukiya Amano zeigte sich vor dem zurzeit in Wien tagenden Gouverneursrat beunruhigt über eine mögliche militärische Dimension des Atomprogramms: „Iran hat nicht die erforderliche Kooperation gezeigt, die es der Behörde erlauben würde, die ausschließlich friedliche Nutzung allen iranischen Nuklearmaterials zu bestätigen.“

Anscheinend arbeitet Iran außerdem an einem atomaren Raketensprengkopf, dabei soll ein Atomwissenschaftler aus der Ex-Sowjetunion, geholfen haben. Die Verdächtigungen stützen sich unter anderem auf 18 iranische Dokumente, die die Atombehörde von überwiegend US-amerikanischen Geheimdiensten erhalten hat. Danach soll das Land in den 90er Jahren für die Herstellung von Atomwaffen erforderliche Tests mit hochexplosivem Sprengstoff durchgeführt und Entwicklungsstudien für einen atomaren Raketensprengkopf durchgeführt haben. Um das verspielte Vertrauen wiederzuerlangen, hat der UN-Sicherheitsrat den Iran in den letzten vier Jahren mehrfach aufgefordert, die Urananreicherung einzustellen und damit seine ausschließlich friedlichen Absichten zu beweisen. Die IAEA verweist in ihrem jüngsten Bericht allerdings darauf, dass das Land die Anreicherung ausgebaut, nicht wie gefordert eingestellt hat. Experten konstatieren beunruhigt, dass in Natans lediglich 46 Prozent der montierten Gaszentrifugen zum Einsatz kommen und zwischen November 2009 und Mai 2010 insgesamt 164 Gaszentrifugen aus dem Urananreicherungswerk verschwunden sind. Möglicherweise, so wird vermutet, werden Zentrifugen abmontiert und in andere Anreicherungsanlagen verlegt. Nicht gerade vertrauensbildend meldete Teheran im vergangenen September der IAEA erst nachträglich die Konstruktion einer bislang nicht deklarierten zweiten Fabrik zur Urananreicherung im 1000-Einwohner Ort Fordo bei Qom, rund 120 Kilometer südlich der Hauptstadt. Die Anlage soll unter der Erde liegen und mehrere tausend Gaszentrifugen beherbergen, in denen Uranhexafluorid aufbereitet wird.

Skeptiker vermuten, dass Iran die Fähigkeiten zur eigenen Kernwaffenherstellung dadurch erreichen will, dass es den gesamten Atomkreislauf - Uranförderung, Herstellung der Brennstäbe und Anreicherung bzw. Wiederaufbereitung - beherrscht. Das in der Uran-Konversionsanlage von Isfahan produzierte Uran-Hexafluorid bzw. das von mehreren Tausend Gaszentrifugen in Natans angereicherte Uran könnten nach Expertenmeinung zu Ausgangsstoffen für Atombomben werden. Im vergangenen April erklärte Präsident Ahmadinedschad, man habe eine neue Generation Zentrifugen entwickelten: „Unser Ziel ist es, die Zahl der Zentrifugen auf 60.000 zu erhöhen". Außerdem entsteht ein unterirdischer Schwerwasser-Reaktor für die Produktion waffenfähigen Plutoniums bei Arak. Hier können neben 40 Megawatt Elektroenergie jährlich auch 8 bis 10 kg Plutonium anfallen, genug für ein bis zwei nukleare Sprengsätze. Ein weiterer Verdacht richtet sich auf die Kraftwerksanlage „Kalaya Electric Company“ nahe Teheran, wo ebenfalls Gaszentrifugen und angereichertes Uran vermutet werden. Nachdem Inspektoren zunächst der Zutritt zu einzelnen Räumen des Werkes verwehrt wurde, erhielten sie später Zugang, stellten jedoch „beträchtliche Veränderungen“ fest.

Experten gehen davon aus, dass der Iran in ein bis zwei Jahren Atomwaffen besitzen und jährlich 25 bis 30 Sprengköpfe herstellen könnte. Außerdem arbeitet das Militär an einem Raketenprogramm. Die jüngst getestete Schahab-3-Rakete hat eine Reichweite von bis zu 2.000 km und kann somit auch Israel erreichen. Jerusalem hat diese Perspektive als existenzielle und nicht akzeptable Bedrohung seiner nationalen Sicherheit bezeichnet. Israels eigenes Atomwaffenarsenal wird auf bis zu 300 Sprengköpfe geschätzt. Immer wieder sprechen israelische Politiker und Militärs von einem möglichen präventiven Atomschlag gegen die iranischen Atomanlagen.

Gespaltenes Echo

In den internationalen Reaktionen auf das dreiseitige Abkommen zur Auslagerung der Urananreicherung mischt sich vorsichtige Zustimmung mit Skepsis, denn Teheran will anscheinend auch an der Urananreicherung in der eigenen Nuklearanlage Natans festhalten. Die Arabische Liga lobte die Einigung. Das Abkommen sei ein „positiver Schritt“, sagte Generalsekretär Amre Mussa in Kairo. Er hoffe, dass bald auch eine Übereinkunft zum gesamten Atomprogramm des Irans folge. Auch China begrüßte die Zusage Irans, Uran künftig im Ausland anreichern zu lassen: „Wir unterstützen dieses Abkommen“, sagte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums. Die Bundesregierung, die EU und auch Russland zeigten sich hingegen zurückhaltend. Das Abkommen gehe nicht auf „alle Sorgen“ des Westens ein, erklärte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Frankreich sieht vorerst „nur eine vertrauensbildende Maßnahme“. Das Außenministerium in Paris stellte klar, dass sich die Einigung nicht auf das gesamte Nuklearprogramm erstrecke. „Täuschen wir uns nicht: Eine Lösung der Frage des Teheran-Forschungsreaktors würde das Problem (...) in keiner Weise regeln.“

Die US-Regierung, unterstützt von Frankreich und Großbritannien, bleibt misstrauisch, hält das Einlenken Teherans lediglich für ein Manöver, um drohende Sanktionen abzuwenden und meldet „ernste Bedenken“ an. Experten halten die Grundlagen des IAEA-Angebots vom vergangenen Herbst für überholt. Damals machten 1.200 Kilo leicht angereicherten Urans 75 Prozent der iranischen Bestände aus und das restliche Viertel hätte nicht gereicht, genügend hoch angereichertes Uran für den Bau einer Atombombe herzustellen. Nach IAEA-Angaben sind aber mittlerweile die iranischen Bestände an leicht angereichertem Uran auf 2.427 Kilo angewachsen, hinzu kommen 5,7 Kilo höher angereicherten Urans. Die Auslagerung der geplanten 1.200 Kilo würde also die Atomwaffenfähigkeit Teherans nicht mehr beeinträchtigen, denn die verbleibende Menge würde bei weiterer Anreicherung zum Bau von zwei Sprengsätzen ausreichen.

Verschärfte Sanktionen

Einleitend verweist die Resolution auf die Verpflichtungen des Atomwaffensperrvertrages und die einschlägigen Beschlüsse von UN-Sicherheitsrat und IAEA. Als neues Element würdigt sie die diplomatischen Bemühungen Brasiliens und der Türkei als vertrauensbildende Maßnahme, fordert aber zugleich vom Iran, sich bei „Kernpunkten in Verbindung mit seinem Atomprogramm“ zu bewegen, also die Urananreicherung zumindest vorübergehend einzustellen sowie gegenüber der IAEA Aktivitäten aufzuklären, die den Verdacht erregen, dass Iran heimlich an der Entwicklung von Atomwaffen gearbeitet hat oder dies immer noch tut. Der 10-seitige Textbeinhaltet ein verschärftes Waffenembargo für insgesamt acht verschiedene Kategorien schwerer Waffen darunter Kampfflugzeuge, Raketen, Panzer, Hubschrauber und Kriegsschiffe. Iranische Bankgeschäfte und Finanztransaktionen sollen noch stärker überprüft und eingeschränkt werden. Verbot werden jegliche iranische Investitionen in atomare und ballistische Aktivitäten in Drittstaaten, etwa Uranabbau, Urananreicherung sowie Bau von Trägerraketen. Die Reiseverbote, die bisher nur gegen direkt am Atomprogramm beschäftigte Personen gerichtet waren, werden auf Mitglieder der Revolutionsgarde und Angestellte der von ihnen geleiteten Firmen ausgeweitet. Auch das Vermögen der Gardisten und ihrer Unternehmen soll teilweise eingefroren werden. Neu ist ein Aufruf zur Kontrolle von Schiffen und Flugzeugen, deren Fracht in Beziehung zum iranischen Atomprogramm stehen könnte. Entsprechende Inspektionen sollen auf Flugplätzen, in Häfen oder auf hoher See erfolgen. In vier Anhängen werden die Personen, Firmen und Organisationen im Iran aufgeführt, die von den neuen Strafen betroffen sein werden. Zusammen mit der Resolution appelliert der Sicherheitsrat an Teheran, zum Verhandlungstisch zurückzukehren.

"Starke Sanktionen werden eine unzweideutige Botschaft darstellen, was wir vom Iran erwarten", versicherte US-Außenministerin Hillary Clinton. Und ihre Botschafterin bei den Vereinten Nationen Susan Rice erklärte: „Es ist eine starke Resolution, auf einer breiten Basis, die bedeutende und maßgebliche neue Sanktionen gegen den Iran verhängen wird … unser Ziel bleibt es, den Iran davon zu überzeugen, sein Atomprogramm zu stoppen und konstruktiv und aufrichtig mit der internationalen Gemeinschaft zu verhandeln.“ Auch Präsident Barack Obama will das Gesprächsangebot an den Iran zur Beilegung des Atomstreits aufrecht erhalten. "Diese Sanktionen schließen nicht die Tür für die Diplomatie", sagte er. "Der Iran hat immer noch die Chance, einen anderen und besseren Weg einzuschlagen." Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin begründete seine Zustimmung: „Wir können mit dem Wortlaut des Resolutionsentwurfs leben, weil er sich angemessen auf Weiterverbreitungs-Themen konzentriert.“ Der chinesische Vertreter, Li Baodong, erklärte, der Zweck der Resolution sei es, „die iranische Seite an den Verhandlungstisch zu bringen“.

Nachdem die Resolution angenommen wurde, könnte nun für den Atom-Deal das Aus folgen, noch bevor das Projekt überhaupt begonnen hat. "Wer eine neue Resolution durch den UN-Sicherheitsrat bringt, tötet diese Initiative", warnt Irans Außenminister Mottaki. Sein Präsident formuliert sogar noch schärfer: „Die US-Regierung und ihre Verbündeten irren sich gewaltig, wenn sie denken, die Resolutionskeule schwingen und sich dann mit uns zu Gesprächen zusammensetzen zu können", droht Ahmadinedschad, „so etwas wird nicht passieren." Voraussetzung für Gespräche seien "Respekt und Fairness".

Türöffner für umfassende Streitbeilegung?

Dass Sanktionen allein keine Lösung bringen, zeigt die bisherige Entwicklung. Andererseits könnte der trilaterale Kompromiss möglicherweise der Auftakt für eine umfassende diplomatische Lösung des Atomstreits sein. Offensichtlich kann das Nuklearproblem nur im Gesamtzusammenhang des Nahostkonflikts erfolgreich angepackt werden. Die Interessen aller Beteiligten müssen dabei berücksichtigt werden. Natürlich ist es legitim, dass Israel seine Sicherheit zuverlässig garantiert sehen will. Aber auch aus Sicht Teherans sind Bedrohungsängste durchaus verständlich, denn außer dem israelischen Nuklearwaffen- und Raketenpotential drohen weitere Verunsicherungen. In den direkten Nachbarstaaten Irak und Afghanistan sind die USA militärisch massiv präsent. Nicht zuletzt tragen die ebenfalls angrenzenden Atomwaffenstaaten Pakistan und Indien einen Dauerkonflikt mit Eskalationsgefahr aus. In dieser hochexplosiven Region wären unilaterale Gewaltmaßnahmen gegen den Iran brandgefährlich. Vielmehr sollten konstruktive Anreize für einen freiwilligen Verzicht Teherans auf die Atomwaffenoption entwickelt werden. Dazu gehören die Aufhebung von Wirtschaftssanktionen, wissenschaftlich-technische Hilfe bei der zivilen Kernenergienutzung, die Sicherung des Brennstoffkreislaufs für das Atomkraftwerk in Buschehr wie auch weitere Unterstützung in der Ökonomie und bei der Stromversorgung. Die jetzt vereinbarte Auslagerung der Urananreicherung könnte einen gangbaren Weg zur risikolosen Sicherung der Brennstoffversorgung öffnen. Ein genereller Vorschlag der IAEA liegt bereits seit längerem auf dem Tisch. Er besteht darin, die "sensitiven Elemente" nuklearer Brennstoffkreisläufe zu multilateralisieren. Das bedeutet, die Produktion neuen Spaltmaterials, die Kapazitäten zur Urananreicherung und Wiederaufbereitung von verbrannten Plutoniumbrennstäben sowie die Lagerung nuklearer Abfälle sollten in internationalen Kernbrennstoffzentren stattfinden. Das ist die beste, weil nicht diskriminierende Lösung, denn sie würde für alle Staaten gleichermaßen gelten. Hilfreich könnte auch eine vom Sicherheitsrat garantierte Nichtangriffserklärung gegenüber Teheran sein. Diese hätte nicht zuletzt deshalb erhebliches multilaterales Gewicht, weil sie von den atomwaffenbesitzenden ständigen Ratsmitgliedern mitgetragen würde. Wirksamster Weg zu Frieden und Stabilität in der Region wäre die Schaffung einer Zone frei von Atom- und anderen Massenvernichtungswaffen in Nahost unter Einbeziehung aller Staaten, einschließlich Israels. Einen entsprechenden Beschluss hat die Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag erst Ende Mai einstimmig gefasst. Danach soll in 2012 eine Konferenz über eine von atomaren, biologischen und chemischen Massenvernichtungswaffen freie Zone in Nahost stattfinden. Mit Hilfe eines Sonderkoordinators soll der UN-Generalsekretär das Treffen organisieren - unter Teilnahme aller Regionalstaaten einschließlich Israels und des Irans. Allerdings kritisierte Jerusalem die Pläne postwendend. Die Vorschläge seien „voller Fehler und heuchlerisch“, man werde daher nicht an der Umsetzung teilnehmen.

UNO-Sicherheitsrat

Der UN-Sicherheitsrat, auch Weltsicherheitsrat genannt, ist das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen. Seine Aufgabe ist die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit. Während Beschlüsse anderer UN-Organe lediglich Empfehlungscharakter tragen, sind die Entscheidungen des Sicherheitsrates völkerrechtlich bindend. Verstöße können mit Zwangsmaßnahmen bis hin zur Anwendung militärischer Gewalt geahndet werden.

Der Rat besteht aus fünf ständigen und zehn nichtständigen UN-Mitgliedern. Jedes Jahr wird die Hälfte der zehn wechselnden durch die Vollversammlung auf zwei Jahre neu gewählt. Sie werden nach regionalen Gruppen ausgesucht und von der Vollversammlung bestätigt. Gegenwärtig gehören dem Rat an:
Ständige Mitglieder: China, Frankreich, Großbritannien, Russland, USA.
Nicht ständige Mitglieder: Österreich, Bosnien-Herzegowina, Brasilien, Gabun, Japan, Libanon, Mexiko, Nigeria, Türkei, Uganda.



Die Herstellung eines nuklearen Sprengsatzes durch Urananreicherung

Uran ist ein radioaktives Schwermetall, das in der Natur nur in Mineralien gebunden vorkommt. Natur-Uran besteht zu etwa 99,3 Prozent aus dem Isotop U 238, lediglich die restlichen 0,7 Prozent sind das spaltbare U 235. Mit langsamen Neutronen kann dann eine Kettenreaktion in Gang gesetzt werden.

Dazu muss das Uran angereichert werden. Die dafür benötigten Gaszentrifugen sind etwa zwei Meter hohe Zylinder, in deren Inneren sich eine Röhre dreht. In einem ersten Schritt muss das Uran in ein pulveriges Gemisch, den "Yellow Cake", und dann in das gasförmige Uranhexafluorid umgewandelt werden.

In den Zentrifugen wird das Gas mit bis zu 70.000 Umdrehungen pro Sekunde geschleudert, wobei die schwereren U-238-Moleküle an den Rand der Zentrifuge gedrückt werden. Das Gasgemisch in der Mitte, das in die nächste Zentrifuge geleitet wird, enthält daher mehr leichte U-235-Moleküle. Je häufiger das Gas die Zentrifugen durchläuft, desto größer wird der Anteil an U 235. Da nur wenig Gas durch die Zentrifugen geleitet wird, müssen rund 3.000 Zentrifugen hintereinander geschaltet werden.

Für den Betrieb eines Atomkraftwerks reicht es, den U-235-Anteil im Uran auf ungefähr 3 Prozent zu erhöhen, dabei wird von schwach angereichertem Uran gesprochen. Ab 20 Prozent gilt Uran als hoch angereichert. Für den Bau einer Atombombe ist Uran nötig, das zu über 80 Prozent die spaltbaren U-235-Moleküle enthält. Der Schritt von drei auf 20 Prozent ist der schwierigste. Wer den Anfangsprozess technologisch beherrscht, kann prinzipiell auch Uran auf über 80 Prozent anreichern.




Zurück zur Iran-Seite

Zur Atomwaffen-Seite

Zur Embargo/Sanktionen-Seite

Zurück zur Homepage