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Schritt zum Krieg

Neue US-Sanktionen gegen Teheran

Von Knut Mellenthin *

Mit den am Donnerstag (25. Okt.) verkündeten Strafmaßnahmen gegen Iran ist die US-Regierung dem Krieg einen großen Schritt näher gekommen. Die Ächtung von vier staatlichen Banken und zentralen Teilen der iranischen Sicherheitskräfte hat auf den ersten Blick nur symbolische Bedeutung, da US-amerikanischen Unternehmen ohnehin schon jeder Handel mit dem Iran strikt verboten ist. Die Sanktionen richten sich in Wirklichkeit gegen die Haupthandelspartner Irans. Also gegen Deutschland, Frankreich, Rußland, China und Japan.

Die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice drückte es bei der Bekanntgabe der neuen Sanktionen so aus: »Sie schaffen eine mächtige Abschreckung für jede internationale Bank und Firma, die daran denkt, mit der iranischen Regierung Geschäfte zu machen.« –Schatzminister Henry M. Paulson, der zusammen mit Rice auftrat, wurde noch deutlicher: »Beim Handel mit dem Iran ist es fast unmöglich, seine Kunden zu kennen und sicherzugehen, daß man nicht unwissentlich das skrupellose Verhalten und Vorgehen des Regimes begünstigt. (...) Die Revolutionsgarde ist so tief mit der iranischen Wirtschaft und den kommerziellen Unternehmen verflochten, daß es zunehmend wahrscheinlicher ist, daß man es mit der Revolutionsgarde zu tun hat, wenn man Geschäfte mit dem Iran macht.« Die Strafmaßnahmen unterstrichen »das außergewöhnliche Risiko, das denen droht, die Geschäfte mit dem Iran machen«, fügte Paulson hinzu.[1]

Nicholas Burns, Unterstaatssekretär im US-Außenministerium, griff in diesem Zusammenhang direkt Rußland und China an. Rußland müsse aufhören, dem Iran Waffen zu verkaufen, und China müsse seine Investitionen im Iran einstellen. Zugleich äußerte er die Hoffnung, daß diese beiden Länder bereit seien, im UN-Sicherheitsrat eine weitere Verschärfung der Sanktionen mitzutragen. Eben das wird aber durch das einseitige Vorgehen der USA, das durch ähnliche Schritte der Europäischen Union flankiert wird, immer unwahrscheinlicher. Wie vor dem Irak-Krieg demonstriert die US-Regierung, daß sie rücksichtslos »ihr Ding durchziehen« wird.

Angeblich handelt es sich dabei um Diplomatie, wie westliche Politiker gebetsmühlenartig wiederholen. In Wirklichkeit besteht ihr Vorgehen aus massiver wirtschaftlicher Erpressung, und im Hintergrund steht ständig die offene Drohung mit Krieg, falls die Sanktionen allein nicht zum Erfolg führen. Wer das als Diplomatie bezeichnet, lügt – oder er versteht nichts von Politik. Iran wird sich der Erpressung nicht beugen. Es könnte das auch gar nicht, weil die US-Regierung inzwischen mit immer neuen Anschuldigungen weitere Kriegsgründe aufbaut, falls Teheran im Atomstreit nachgeben würde. Die angestrebte Isolierung Irans als »politischer und wirtschaftlicher Paria« führt nicht zu einer politischen Lösung, sondern sie soll den Krieg erleichtern.

* Aus: junge Welt, 27. Oktober 2007

[1] Die Reden von Rice und Poulson haben wir hier dokumentiert: "Condoleezza Rice erhöht den Druck: Neue Strafmaßnahmen gegen Iran verkündet".

Zwei weitere aktuelle Meldungen

Irans Wirtschaftsminister: Neue US-Sanktionen destabilisieren die Weltwirtschaft

TEHERAN, 26. Oktober (RIA Novosti). Die neuen US-Sanktionen gegen Teheran werden keinen Einfluss auf das Land haben und zu einer Destabilisierung der Weltwirtschaft führen. Das sagte der iranische Minister für Wirtschaft und Finanzen, Dawud Danesch-Dschafari, am Freitag (26. Okt.).
„Die Verschwörungen gegen die Islamische Republik haben einen sehr geringen Einfluss auf die iranische Wirtschaft und jegliche Handlungen gegen unser Land destabilisieren die Weltwirtschaft“, zitiert der iranische englischsprachige Satelliten-Fernsehkanal Press TV den Minister.

Danesch-Dschafari betonte, dass die Amerikaner die Propaganda gegen Iran immer dann verstärken würden, wenn die iranisch-amerikanischen Beziehungen sich zuspitzen. Ihm zufolge hat das einen Einfluss auf den Weltmarkt für Öl. „Iran ist aus dieser Konfrontation immer als Gewinner hervorgegangen“, konstatierte der Minister.

US-Außenministerin Condoleezza Rice und der Finanzminister des Landes Henry Paulson gaben am Donnerstag (25. Okt.) in Washington die Einführung neuer einseitiger Wirtschaftssanktionen der USA gegen Iran bekannt. Rice teilte mit, dass die US-Regierung die Sanktionen gegen zwei Elite-Einheiten der iranischen Streitkräfte - Korps der Wächter der islamischen Revolution und Qods-Force-Truppen, die eine Sondereinheit dieses Korps sind, eingeführt habe. Die US-Außenministerin erklärte, dass die Sanktionen auf der Grundlage der amerikanischen Gesetze und entsprechend den internationalen Verpflichtungen der Vereinigten Staaten im Zusammenhang damit eingeführt worden wären, dass das Korps der Wächter der islamischen Revolution die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen unterstütze und die Qods-Force-Kräfte Terroristen unterstützen würden.
Sanktionen seien auch gegen drei staatliche iranische Banken eingeführt worden: Bank Melli und Bank Mellat "wegen ihrer Tätigkeit bei der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen" und die Bank Saderat - wegen Finanzierung von Terroristen", sagte Rice.

Daraufhin bezeichnete der iranische Außenamtssprecher Mohammed Ali Hosseini, die Entscheidung der USA, zusätzliche Sanktionen gegen Teheran einzuführen, als „zum Scheitern verdammt“.


China: Neue Sanktionen gegen Iran erschweren Lösung von nuklearem Problem

PEKING, 26. Oktober (RIA Novosti). Die neuen Sanktionen gegen den Iran, die die USA verhängt haben, werden die Regelung des nuklearen Problems nur komplizierter machen. Das sagte der offizielle Vertreter des chinesischen Außenministeriums Liu Jianchao am Freitag.

"Während die internationale Gemeinschaft und Iran das iranische nukleare Problem nach wie vor im Dialog lösen wollen, kann die Verhängung von neuen Sanktionen gegen den Iran nur die Situation erschweren", sagte Liu Jianchao, wie das Außenministerium meldete.

Beide Meldungen von der Russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti, 26. Oktober 2007




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