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Kein Bruch zwischen Iran und Syrien

Washingtons Teile-und-Herrsche-Politik in Nahost noch ohne Wirkung

Von Karin Leukefeld *

Schon vor der Nahostkonferenz in Annapolis spekulierten Medien über einen Bruch zwischen Iran und Syrien. Während Iran die Konferenz mit scharfen Worten ablehnte und in Teheran Protestkundgebungen dagegen stattfanden, hatte Syrien seinen stellvertretenden Außenminister Faysal Mikdad nach Annapolis entsandt.

Hintergrund der US-amerikanischen Einladung an Damaskus ist eine Politik des »Teile und Herrsche«. Die Bush-Regierung versucht mit Unterstützung ihrer europäischen und arabischen Bündnispartner offensiv, die engen Beziehungen Syriens zu Iran, zur palästinensischen Hamas und zur libanesischen Hisbollah zu unterminieren. Ziel dieser Strategie ist zugleich, die beiden starken, in der Region überaus populären Widerstandsorganisationen zu isolieren. Die Teilnahme Syriens an der Konferenz in Annapolis wurde denn auch rasch zum Punktsieg für Washington erklärt, während Damaskus es für sich als Erfolg verbucht haben dürfte, als »Schurkenstaat« überhaupt eingeladen worden zu sein. Erst kürzlich hatte Washington seine Sanktionen gegen Syrien verschärft, der USA-Botschafter wurde bereits 2005 (nach dem Mord an Libanons ehemaligem Premier Rafik Hariri in Beirut) aus Damaskus abgezogen.

Syriens Außenminister Walid al-Moallem erteilte aber allen Spekulationen über einen Bruch mit Iran eine Absage. Die Beziehungen zwischen Syrien und Iran seien »strategisch und ausgezeichnet«, sagte er in einem Interview des arabischen Nachrichtensenders »Al Dschasira«. Zuvor hatte Präsident Baschar al-Assad noch mit seinem iranischen Amtskollegen Mahmud Ahmadinedschad telefoniert. Das jahrzehntelange strategische Bündnis zwischen beiden Staaten, das noch von Hafez al- Assad geschmiedet wurde, kann durch ein mediales Spektakel wie das von Annapolis kaum erschüttert werden. Hamas und Hisbollah hielten sich mit öffentlicher Kritik an der syrischen Teilnahme ebenso zurück wie Teheran.

»Frieden ist unsere strategische Option«, erklärte der stellvertretende syrische Außenminister Mikdad den Teilnehmern der Annapolis-Konferenz. Syrien wolle einen gerechten und umfassenden Frieden, wie er bereits 2002 auf dem Treffen der Arabischen Liga in Beirut vorgeschlagen wurde. Israel hatte nie auf das Friedensangebot der arabischen Staaten reagiert. Syriens Beziehungen zu Israel könnten sich allerdings nur normalisieren, wenn sich Israel aus allen 1967 besetzten arabischen Gebieten zurückgezogen habe, nicht vorher, fügte Mikdad hinzu.

Sowohl Syrien als auch Iran wollen die militärische und politische Präsenz der USA in der Region eindämmen, also suchen sie – jenseits schlagzeilenträchtiger Anwürfe – das Gespräch. Die syrische Führung agiert dabei ebenso pragmatisch wie die iranische. Syrien will Fortschritte in Sachen Golan und Zusicherungen für das Hariri-Tribunal in Libanon. Iran will die Anerkennung seines Atomprogramms. Syrien redet mit den USA über die irakischen Flüchtlinge, zudem scheint eine »Kompromisslösung« über den neuen libanesischen Präsidenten in Sicht.

Auch Teheran begann eine Gesprächsoffensive. Am Freitag traf sich der Leiter des Nationalen Sicherheitsrates, Said Jalili, mit dem EU-Außenbeauftragten Javier Solana in London, um über das iranische Atomprogramm zu sprechen. Und Außenminister Manuchehr Mottaki erklärte, man werde in Kürze zum vierten Mal mit den USA über die Lage in Irak reden. Ein entsprechender Vorschlag der Regierung in Bagdad und eine Anfrage der Bush-Regierung lägen bereits vor.

* Aus: Neues Deutschland, 3. Dezember 2007


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