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Terror als Trumpf

US-Regierung unterstützt mit 400 Millionen Dollar separatistische und fundamentalistische Organisationen im Iran

Von Knut Mellenthin *

Mit der Festnahme von Jund­allah-Chef Abdul Malik Rigi ist den iranischen Sicherheitskräften am Dienstag voriger Woche ein bedeutender Schlag gegen die im Osten des Landes aktive Terrororganisation und ihre US-amerikanischen Hintermänner gelungen. Rigi befand sich in einer Passagiermaschine, die auf dem Flug von Dubai (Vereinigte Arabische Emirate) in die kirgistanische Hauptstadt Bischek war. Die iranische Luftwaffe fing das Flugzeug ab und zwang es zur Landung. Außer Rigi sollen zwei oder drei weitere Passagiere festgenommen worden sein, darunter sein Stellvertreter Hamza. Auch der Bruder des Jundallah-Chefs, Abdul Hamid Rigi, befindet sich in iranischem Gewahrsam. Pakistan hatte ihn im vorigen Jahr, vielleicht auch schon 2008 - der genaue Zeitpunkt ist nicht öffentlich bekannt - ausgeliefert.

Nach Auskunft der Emiratsbehörden soll sich Abdul Malik Rigi nur zwei Stunden lang während einer Zwischenlandung in Dubai aufgehalten haben. Er sei zwar im Besitz einer Einreisegenehmigung gewesen, habe den Flughafen jedoch nicht verlassen. Angeblich sei Rigi aus Kabul gekommen. Die afghanischen Behörden ebenso wie die dortigen US-Dienststellen haben sich bisher extrem unkooperativ verhalten und noch nicht einmal Rigis Flug von Kabul nach Dubai bestätigt, geschweige denn sich zu dessen Aufenthalt in Afghanistan geäußert. Nach iranischen Angaben besaß der Jundallah-Führer bei seiner Festnahme einen afghanischen Paß. Der für den Geheimdienst zuständige Minister Heidar Mosleschi legte auf einer Pressekonferenz Fotos vor, die angeblich Rigi am Tag vor seiner Festnahme in einem US-Stützpunkt in Afghanistan zeigen.

Der Jundallah-Führer wurde am vergangenen Freitag (26. Feb.) im iranischen Fernsehen mit einem Geständnis präsentiert. Er sprach von Kontakten zu amerikanischen Agenten zunächst in Pakistan, dann auch in Dubai, bei denen seiner Organisation militärische Ausrüstung, Geld und die Einrichtung eines Stützpunkts auf afghanischem Boden in Aussicht gestellt worden seien. Er sei eingeladen worden, sich zur Vertiefung der Zusammenarbeit mit einem hochrangigen US-Vertreter im kirgistanischen Manas zu treffen. Dort haben die USA seit Dezember 2001 eine Militärbasis. Einige Journalisten spekulieren, daß es sich dabei um den Sonderbeauftragten des US-Präsidenten für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, gehandelt haben könnte. Der war zwar wirklich wenige Tage zuvor durch die zentralasiatischen Republiken der ehemaligen Sowjetunion getourt und hatte am 19. Februar in Manas Station gemacht. Am 23. Februar jedoch, dem Tag von Rigis Festnahme, befand sich Holbrooke in der georgischen Hauptstadt Tbilissi.

Abdul Malik Rigis Aussagen ergänzen sich mit den schon früher von seinem Bruder gemachten. Danach hatte sich der Jundallah-Chef seit 2005 mehrmals mit Agenten von CIA und FBI in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad und in der südpakistanischen Hafenstadt Karatschi getroffen.

Die erstmals 2002 oder 2003 aufgetauchte Organisation kämpft angeblich für die Gleichberechtigung der mehrheitlich sunnitischen Bevölkerung der iranischen Provinz Sistan und Belutschistan, die an Pakistan und Afghanistan grenzt. Jundallah ist eher fundamentalistisch-religiös als nationalistisch orientiert und soll Verbindungen zu islamistischen Organisationen Pakistans haben. Der bekannte US-Journalist Seymour Hersh zählt Jundallah zu den Organisationen, die von den USA aus einem 400 Millionen Dollar umfassenden Geheimfonds unterstützt werden, der 2007 von Präsident George W. Bush eingerichtet wurde, um den Iran zu destabilisieren und einen »Regimewechsel« zu erzwingen. (The New Yorker, 7.7.2008)

Jundallah ist für zahlreiche Überfälle und Spengstoffattentate verantwortlich. Darunter zuletzt ein Anschlag am 18. Oktober 2009 in Pischin, bei dem 43 Menschen, unter anderem hochrangige Offiziere der »Revolutionswächter«, getötet wurden.

* Aus: junge Welt, 2. März 2010


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