Von Norman Solomon*
Es gibt in den USA Leute, die den Betrug um den jüngsten Krieg bloßlegen [1], und es gibt solche, die stetig bemüht sind, die Grundlage für den nächsten Krieg zu legen.
Im Memo dieser Leute steht: Lege den Fokus der Berichterstattung auf problematische Jugendliche im Iran. Im Zentrum stehe deren an Nihilismus grenzende Verzweiflung. Weniger Medieninteresse findet hingegen das Wachsen der iranischen Zivilgesellschaft. Viele Tausende junger Leuten im Iran - und deren Eltern - bemühen sich, eine Sozialbewegung für Demokratie und Menschenrechte auf die Beine zu stellen. Sie mag zwar diffus sein, nichtsdestotrotz ist sie kohärent.
Mache es der amerikanischen Öffentlichkeit leicht, wichtige Aspekte der gemeinsamen Vergangenheit von Iran und USA zu verdrängen - oder von vorneherein nichts davon zu erfahren. 1953 organisierten die USA einen Staatsstreich, mit dem der demokratisch gewählte iranische Premierminister gestürzt wurde - ein Demokrat namens Muhammad Mussadiq. An dessen Stelle wurde das brutale Regime des Schah installiert, das das Land ein Vierteljahrhundert lang regierte. Oder man denke daran, wie die US-Regierung Saddam Hussein während des achtjährigen Kriegs gegen den Iran unterstützte. 1980 hatten Saddams Truppen den Iran angegriffen.
Die Bush-Regierung entwirft einen Zeitplan für einen Raketenangriff (der Amerikaner oder der Israelis bzw. der Israelis mit Unterstützung der USA) gegen den Iran. Verlasst euch darauf, die meisten Mitglieder des US-Kongresses werden sich stillschweigend verhalten bzw. diese Vorbereitungen unterstützen - selbst jene, die das Weiße Haus wegen des sogenannten Downing-Street-Memos* kritisieren. Es geht weiter: Stelle den Iran als nuklearen Schweinehund dar - obgleich das Land sich an den Atomwaffensperrvertrag hält (während die israelische Regierung - trotz der israelischen Atomwaffen - sich beharrlich weigert, den Vertrag zu unterschreiben).
Vergifte auf ewig jede Chance auf Abbau der Spannungen zwischen Teheran und Washington.
Drohe implizit mit einer Militäraktion gegen Iran. Damit legst du den demokratischen Aktivisten im Iran neue Steine in den Weg.
Bringe die Präsidentschaftswahl im Iran in Misskredit - obwohl diese mit Mängeln behaftete Wahl ein wichtiges Werkzeug der sich entwickelnden Demokratiebewegung ist, um eine öffentliche Debatte anzuregen und die politischen Prozesse im Land zu vertiefen. 'Obwohl'? Vielleicht gerade deshalb.
Stärke die Hardliner im Iran - während du sie (offiziell) denunzierst. Falle zur selben Zeit den Demokratieaktivisten in den Rücken, während du doch behauptest, auf ihrer Seite zu stehen. Sorge dafür, dass Washington die Chancen auf einen demokratischen Prozess im Iran zunichte macht, indem es die Situation massiv anheizt - was es den Verfechtern der Repression im Iran leichter macht zu argumentieren, der Iran sei von einer ausländischen Invasion bedroht.
Und, oberstes Prinzip, sorge dafür, dass die Amerikaner den Iran mit den Augen Washingtons sehen und Washingtons (politisch motivierte) Klischees übernehmen. Dass sie ihn nicht als ein Land sehen, in dem sich ein echter bzw. komplexer politischer Prozess anbahnt. Denn je weniger die Amerikaner tatsächlich über den Iran wissen, desto leichter wird es sein, ihn mit Raketen anzugreifen.
[1] Anspielung auf die Medien in den USA, die das
Downing Street Memo veröffentlicht haben (siehe z.B. www.DowningStreetMemo.com)
* Norman Solomon hält sich derzeit in Teheran auf. Er ist leitender Direktor des Institute for Policy Accuracy. Sein neues Buch 'War Made Easy: How Presidents and Pundits Keep Spinning Us to Death' ist letzte Woche erschienen. Für weitere Informationen s. www.WarMadeEasy.com
Übersetzt von: Andrea Noll
Quelle: ZNet, 18.06.2005;
Im Internet: www.zmag.de
Orginalartikel: "The Killing Street Memo"
http://www.zmag.org/content/showarticle.cfm?SectionID=67&ItemID=8101
Keep them behind the war curve
by Norman Solomon*
While some Americans are exposing the deception for the latest war, others steadily lay the groundwork for the next one.
Focus plenty of news reports on alienated youth in Iran, spotlighting despair that borders on nihilism. Meanwhile, give scant media attention to the growth of civil society, with many thousands of Iranian young people and their elders striving to create a diffuse yet coherent social movement for democracy and human rights.
Make it easy for the U.S. public to forget -- or remain ignorant of -- key elements in the United States history with Iran. Such as the U.S.-organized 1953 coup that overthrew the democratically elected Iranian prime minister, democrat Muhammad Mussadiq, and installed a brutal shah who ruled for a quarter century. Or the U.S. government's record of aiding the Saddam Hussein regime in its eight-year war with Iran after Iraqi troops attacked Iran in 1980.
Count on most members of Congress, even those lambasting the White House over the Downing Street Memo, to be silent or voice support while the Bush administration proceeds with agenda-setting for a U.S.
-- or U.S.-backed Israeli -- missile attack on Iran. Along the way, make that country out to be a nuclear pariah while it adheres to the Non-Proliferation Treaty (which the nuclear-armed Israeli government still refuses to sign).
Incrementally poison the potential for a lessening of tensions between Washington and Tehran.
With implicit threats of military action against Iran, heighten the obstacles faced by Iranian democracy activists.
Denigrate the presidential election in Iran, even though -- or maybe because -- the flawed election has been a valuable tool utilized by an emerging democracy movement to widen public discourse and deepen the country's political process.
Strengthen the hand of Iran's hardliners while denouncing them. Undermine the democracy activists of Iran while claiming to favor them. Make sure that Washington reduces the odds of democratic progress by greatly pressurizing the situation, enabling Iranian advocates of repression to plausibly claim that Iran is under threat of foreign intervention.
Above all, keep encouraging Americans to see Iran as a nation best understood with Washington's policy-driven clichés, rather than a country with a complex and authentic political process underway. The less that Americans really know about Iran, the easier it will be to launch the missiles.
* Norman Solomon, executive director of the Institute for Public Accuracy, is currently in Tehran. His latest book, "War Made Easy: How Presidents and Pundits Keep Spinning Us to Death," came off the press this week. For information, go to: www.WarMadeEasy.com
Source: ZNet, June 18, 2005; www.zmag.org
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