Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Perfektes Timing

Das Abgeordnetenhaus der USA erschwert Verhandlungen mit Iran

Von Knut Mellenthin *

Vier Tage vor der Vereidigung des neuen iranischen Präsidenten Hassan Rohani hat das Abgeordnetenhaus der USA am Mittwoch eine Gesetzesvorlage verabschiedet, die Irans Erdölexporte weiter drangsalieren soll. Der Entwurf war schon am 27. Februar eingebracht worden, galt anscheinend also nicht als besonders dringend. Offenbar soll aber zum jetzigen Zeitpunkt ein deutliches Signal gegen Rohani gesetzt werden. Der hatte im Wahlkampf angekündigt, daß er eine Neuorientierung der Außenpolitik und eine einvernehmliche Lösung des internationalen Streits um das iranische Atomprogramm anstrebt.

Die Abstimmung im Abgeordnetenhaus verlief mit 400 gegen 20 Stimmen bei 15 Enthaltungen erstaunlich glatt. Immerhin war gerade erst am 19. Juli ein von 131 Parlamentariern unterzeichneter Brief an Präsident Barack Obama veröffentlicht worden, aus dem eine andere Tendenz zu sprechen schien. Der Diplomatie müsse nach dem Präsidentenwechsel in Teheran eine neue Chance mit genügend Zeit gegeben werden, hieß es da. Die USA sollten in dieser Übergangssituation Schritte vermeiden, durch die Rohani »delegitimiert« und die Vertreter härterer Positionen gestärkt werden könnten.

Damit der Nuclear Iran Prevention Act, wie der offizielle Kurztitel lautet, wirklich Gesetzeskraft erlangen kann, muß allerdings zuvor der Senat darüber beraten und einer gemeinsamen Vorlage beider Häuser des Kongresses zustimmen. Das wird voraussichtlich frühestens im September, nach der Sommerpause, passieren. Bis Obama das Gesetz unterzeichnet, kann es Oktober werden. Ein zentraler Punkt der vom Abgeordnetenhaus verlangten neuen Sanktionen ist eine nochmalige scharfe Reduzierung der iranischen Erdölexporte. Der Tagesdurchschnitt der Ausfuhr soll innerhalb eines Jahres um mindestens eine Million Barrel gesenkt werden. Laut westlichen Statistiken exportierte Iran schon 2012 nur noch rund 1,5 Millionen Barrel täglich, verglichen mit 2,5 Millionen Barrel im Jahr zuvor. Praktisch soll das angestrebte Ergebnis durch verstärkten Druck auf die Käufer iranischen Öls, also hauptsächlich China, Indien, Japan, Südkorea und die Türkei, erreicht werden.

Daneben droht das Gesetz auch mit verstärkten Strafmaßnahmen gegen Unternehmen und Länder, die mit Iran Handel treiben oder auch nur bei legalen finanziellen Transaktionen zur Abwicklung von Import- und Exportgeschäften mitwirken. Gegenüber der EU und deren Mitgliedstaaten soll Obama durchsetzen, daß »Irans Zugang zur Euro-Währung beschränkt wird«. Andere Abschnitte verlangen vom Präsidenten, daß er dem Kongreß spätestens am 30. Januar 2014 und danach alljährlich eine »nationale Strategie« zur militärischen und propagandistischen Bekämpfung Irans vorlegt.

Das Gesetz verlangt zudem verschärfte Strafmaßnahmen gegen eine immer länger werdende Liste von Personen und Institutionen, denen pauschal die Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen im Iran und im Ausland, Zensur und »die Zweckentfremdung von Lebensmitteln, Medikamenten, medizinischen Geräten sowie landwirtschaftlichen und anderen Gütern, die für das Volk Irans bestimmt sind«, vorgeworfen wird.

* Aus: junge Welt, Freitag, 2. August 2013


Zurück zur Iran-Seite

Zurück zur Homepage