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Zwischenspurt im Atomstreit

Sechsergruppe und Iran streben in Verhandlungen offiziell Einigung bis 31. März an

Von Knut Mellenthin *

Die US-Republikaner haben eine geplante Provokation gegen die Atomverhandlungen mit dem Iran um drei Wochen verschoben. Am Mittwoch oder Donnerstag nächster Woche wollten sie im Außenpolitischen Ausschuss des Senats ein Gesetz einbringen, das ein künftiges Langzeitabkommen mit Teheran von der Zustimmung des Kongresses abhängig machen soll. Dem vom Ausschussvorsitzenden Robert »Bob« Corker angesetzten Termin hatten jedoch mehrere Senatoren der Demokraten widersprochen. Sie tragen zwar die Initiative zu dem »Iran Nuclear Agreement Review Act« genannten Gesetz mit, beugten sich aber dem Wunsch von Präsident Barack Obama, nicht zu diesem Zeitpunkt aktiv zu werden.

Am 31. März endet eine Frist, die sich der Iran und die Sechsergruppe – bestehend aus den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats und Deutschland – gesetzt haben, um sich auf die Grundzüge eines Vertrags zu einigen. Anschließend sollen bis zum 1. Juli die Einzelheiten des Abkommens diskutiert und ausgearbeitet werden. Diese »Deadline« wurde seit der Veröffentlichung eines gemeinsamen Zeitplans im November 2013 schon zweimal verlängert. Zumindest in ihren öffentlichen Äußerungen gehen alle Beteiligten davon aus, dass es keine nochmalige Ausdehnung der Verhandlungen geben wird.

Am Donnerstag gaben Corker und der ranghöchste Demokrat im Senatsausschuss, Robert Menendez, in einer gemeinsamen Erklärung bekannt, dass die Einbringung des »Review Acts« erst nach der Osterpause, voraussichtlich am 14. April, stattfinden wird. Obama hat bereits angekündigt, dass er, falls das Gesetz vom Kongress beschlossen werden sollte, von seinem Vetorecht Gebrauch machen würde. Die Verschiebung der Beratung im Außenpolitischen Ausschuss um drei Wochen ändert nichts daran, dass das gemeinsame Vorgehen von Republikanern und rechten Demokraten die Verhandlungen mit dem Iran stört. Aber dieser Kompromiss hält das Thema wenigstens aus der gegenwärtigen Phase äußerst intensiver und schwieriger Gespräche zwischen Teheran und Washington im Vorfeld des 31. März heraus.

Wie schon in den vergangenen Monaten sind die fünf anderen Mitglieder der Sechsergruppe – Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland – kaum an den Verhandlungen beteiligt. Seit vorigem Sonntag fanden in der Schweiz täglich Arbeitstreffen zwischen hochrangig zusammengesetzten Delegationen bzw. einzelnen Vertretern des Irans und der USA statt. Neben den Außenministern John Kerry und Mohammed Dschawad Sarif nahmen an den Gesprächen unter anderem auch der amerikanische Energieminister Ernest Moniz und der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, teil. Beide sind Nuklearphysiker. Salehi war in der Amtszeit von Präsident Mahmud Ahmadinedschad zwischen 2010 und 2013 Außenminister.

Das Fehlen einschlägiger Experten, insbesondere aus dem Finanzministerium der USA, deutet darauf hin, dass das komplizierte Thema der Aufhebung oder Lockerung der Sanktionen bisher noch nicht intensiv diskutiert wurde. Die zuständige Abteilung im Ministerium wird zur Zeit von Adam Szubin geleitet. Sein Auftauchen bei den Verhandlungen wäre ein Signal, dass es wirklich zur Sache geht.

Die US-Sanktionen, die sich gegen die Handelspartner des Irans richten und vor allem dessen Ölexport schwer treffen, sind wahrscheinlich das größte Problem, das beim Abschluss eines Vertrags über die Begrenzung des iranischen Atomprogramms bewältigt werden müsste. Die Obama-Administration will die Strafmaßnahmen nur in mehreren Stufen im Laufe eines mehrjährigen Prozesses außer Kraft setzen. Sanktionen, die nicht allein den Atomstreit betreffen, sondern mit Vorwürfen wie »Unterstützung des Terrorismus« oder »Verletzung der Menschenrechte« begründet sind, sollen zunächst gar nicht berührt werden.

* Aus: junge Welt, Samstag, 21. März 2015


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