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Keine Geschäfte

Obama will trotz Moratoriums Wirtschaftsblockade gegen Iran fortsetzen. Konflikte auch mit europäischen Verbündeten

Von Knut Mellenthin *

Die US-Regierung verschärft ihr Vorgehen gegen Geschäftspartner des Iran. Am Donnerstag gab das für die Überwachung und Durchsetzung der Sanktionen zuständige Finanzministerium neue Strafmaßnahmen gegen 14 Personen und 18 Unternehmen bekannt. Betroffen sind neben dem Iran selbst auch Deutschland, Spanien, die Türkei, Georgien, Afghanistan, die Vereinigten Arabischen Emirate und Liechtenstein. Die gegen die Gemaßregelten erhobenen Vorwürfe sind unterschiedlichster Art. Besonders kurios ist der Fall eines Usbeken: Er hat angeblich mit einem »Al-Kaida-Netzwerk« im Iran zusammengearbeitet, das die Al-Nusra-Front in Syrien unterstützt.

Zu den Strafmaßnahmen gehören der Ausschluß vom US-Markt und die Beschlagnahmung von Konten und anderem Besitz in den USA. Mehrere große internationale Unternehmen, die sich im Gestrüpp der kaum durchschaubaren US-amerikanischen Sanktionsgesetzgebung verfangen hatten, mußten sich durch Bußen im dreistelligen Millionenbereich freikaufen, um weiter in den USA tätig bleiben zu dürfen.

Die jetzt bekanntgegebenen Maßnahmen sind nach offiziellen Angaben die umfangreichsten seit der Unterzeichnung des Genfer Abkommens mit dem Iran am 24. November 2013. Dieses Vorgehen solle »keinen Zweifel lassen, daß diejenigen, die unser­e Sanktionen zu umgehen versuchen, auch weiterhin zur Rechenschaft gezogen werden«, kommentierte ein Sprecher des Finanzministeriums.

Die Bekanntgabe zu diesem Zeitpunkt ist offenbar auch als Warnung an die internationale Geschäftswelt gemeint, daß der Iran trotz einiger versprochener Sanktionserleichterungen für sie verbotenes Territorium bleiben soll. Außenminister John Kerry hatte am Mittwoch in scharfer Form gegen den Besuch einer großen Delegation des französischen Unternehmerverbands in Teheran protestiert. Iran sei »für Geschäfte nicht offen« und der Besuch sei »nicht hilfreich«, sagte Kerry. Das habe er auch der französischen Regierung mitgeteilt.

Seit dem Abschluß der Genfer Vereinbarung haben Geschäftsleute aus vielen Ländern ihre alten Kontakte zum Iran aufgefrischt. Vor den Franzosen waren schon große Wirtschaftsdelegationen aus Italien und der Türkei nach Teheran gekommen. Auch die Vereinigten Arabischen Emirate, vor der Verschärfung der Sanktionen durch die Obama-Administration Irans wichtigster Handelspartner, sind an einer Wiederaufnahme der Beziehungen sehr interessiert.

Kerrys Warnung und die jüngsten Strafmaßnahmen zeigen, wie sehr diese Entwicklung die US-Regierung beunruhigt. Das Klima der Einschüchterung, das Washington trotz des Moratoriums mit dem Iran gegenwärtig sogar noch zu verschärfen trachtet, gefährdet die Realisierung der versprochenen Aussetzung einiger weniger Sanktionen. Denn die fortbestehende Rechtsunsicherheit, die Beschränkung der Erleichterungen auf nur sechs Monate und die Höhe der drohenden Strafen hält viele Unternehmen auch von Geschäften ab, die derzeit selbst nach US-amerikanischem Recht erlaubt sind. Damit unterläuft die US-Administration bewußt und gezielt das Genfer Abkommen.

Die iranische Regierung hält sich mit Kritik an diesem Vorgehen auffallend zurück. Sie ist aus innenpolitischen Gründen bemüht, das Abkommen als ganz große Erfolgsgeschichte darzustellen, und blendet lieber Fakten aus, die nicht in das Bild passen. Präsident Hassan Rohani behauptete am Mittwoch im staatlichen Fernsehen: »Wir werden Zeugen, wie jetzt der Ring der ungerechten Sanktionen bricht«. Das ist auch die durchgängige Propagandalinie der regierungsnahen Medien. In Wirklichkeit würden die versprochenen Sanktionserleichterungen, selbst wenn sie vollständig durchschlagen würden, nur zur Folge haben, daß sich die wirtschaftliche Gesamtsituation Irans etwas weniger langsam verschlechtert. Denn 95 Prozent der Sanktionen sind nach wie vor in Kraft.

* Aus: junge Welt, Samstag, 8. Februar 2014


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