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"Israel ist zu der Schlussfolgerung gekommen, dass es zur Zeit keinen palästinensischen Partner gibt"

Der "Abkoppelungsplan" von Ministerpräsident Ariel Sharon - Und der Briefwechsel Bush-Sharon im vollen Wortlaut

Im Folgenden dokumentieren wir
  1. erstmals den sog. "Abkoppelungsplan" des israelischen Ministerpräsident Ariel Sharon,
  2. den Brief Sharons an Bush vom 14. April 2004,
  3. den Brief von Bush an Sharon, ebenfalls vom 14. April.
(Quelle: Newsletter der israelischen Botschaft in Berlin, 20. April 2004)

Der Abkoppelungsplan von Ministerpräsident Ariel Sharon

Zentrale Grundsätze:

I) Übersicht

Israel ist dem Friedensprozess verpflichtet und strebt ein Abkommen auf der Basis zweier Staaten für zweier Völker an, einen israelischen Staat für das jüdische Volk und einen palästinensischen Staat für das palästinensische Volk als Teil der Verwirklichung der Vision von US-Präsident George W. Bush.

Israel ist überzeugt, dass es agieren muss, um die aktuelle Lage zu verbessern. Israel ist zu der Schlussfolgerung gekommen, dass es zur Zeit keinen palästinensischen Partner gibt, mit dem es möglich wäre, Fortschritte hin zu einem bilateralen Abkommen zu machen. Infolgedessen wurde ein einseitiger Abkopplungsplan formuliert, der auf folgenden Abwägungen basiert:

A. Die innewohnende Stagnation der gegenwärtigen Lage ist schädlich. Um dieser Situation zu entgehen, muss Israel einen Schritt initiieren, der nicht von palästinensischer Kooperation abhängig ist.

B. Dieser Plan wird zu einer Verbesserung der Sicherheitslage führen, zumindest auf langfristige Sicht.

C. Nach dem zukünftigen endgültigen Abkommen wird es keine israelischen Siedlungen in Gaza geben. Nichtsdestotrotz ist klar, dass in Judäa und Samaria (Westjordanland) einige Gebiete Teil des Staates Israel bleiben werden, darunter bewohnte Siedlungen, Sicherheitszonen und Orte, in denen Israel ein zusätzliches Interesse hat.

D. Die Räumung von israelischen Siedlungen im Gaza-Streifen und in den Gebieten Nord-Samarias (vier Siedlungen und die militärischen Einrichtungen in deren Umgebung) wird die Reibungspunkte mit der palästinensischen Bevölkerung reduzieren. Die Räumung hat das Potential, den Aufbau palästinensischen Lebens und der Wirtschaft verbessern.

E. Israel hofft, dass die Palästinenser die Vorteile nutzen, die sich aus der Abkoppelungsinitiative ergeben, um aus dem Kreis der Gewalt auszusteigen und den Prozess des Dialogs wieder aufzunehmen.

F. Die Abkoppelungsinitiative wird den Anspruch der Verantwortlichkeit Israels über die Palästinenser in Gaza ausschließen.

G. Der Abkoppelungsplan wird existierende Abkommen zwischen Israel und den Palästinensern nicht beeinträchtigen. Die vorhandenen Abkommen behalten ihre Gültigkeit.

Wenn Beweise für die Bereitschaft auf der palästinensischen Seite für den Kampf gegen den Terror und für die Umsetzung von in der „Roadmap“ geforderten Reformen vorliegen, wird es möglich sein, zu Verhandlungen und Dialog zu kehren.

II) Hauptpunkte des Plans

A. Der Gaza-Streifen

1. Israel wird den Gaza-Streifen räumen, inklusive aller existierenden israelischen Siedlungen, die außerhalb des Gaza-Streifens neu errichtet werden. Dieses, bis auf die militärische Stationierung entlang der Grenzlinie zwischen Gaza und Ägypten („Philadelphi Route“) wird unten näher ausgeführt.

2. Nach Vollendung der Abkopplung wird keine dauerhafte israelische, zivile oder militärische, Anwesenheit in den geräumten Gebieten des Gaza-Streifens mehr vorhanden sein.

In dessen Folge wird es keine Basis für den Anspruch, dass der Gaza-Streifen besetztes Gebiet sei, mehr geben.

B. Judäa und Samaria (Westjordanland)

1. Israel wird das Gebiet des nördlichen Samarias (Ganim, Kadim, Chomesh und Sa-Nur) sowie die dort installierten militärischen Einrichtungen räumen und außerhalb dieses Gebietes neu gruppieren.

2. Nach Vollendung dieses Schrittes wird es keine dauerhafte Anwesenheit von israelischem Militär und Zivilisten in diesem Gebiet geben.

3. Dieser Schritt wird den Palästinensern im Gebiet des nördlichen Samarias territoriale Kontinuität ermöglichen.

4. Israel wird die Verkehrsinfrastruktur in Judäa und Samaria verbessern, mit dem Ziel, dem palästinensischen Transportwesen eine zusammenhängende Verbindung in diesen Gebieten zu ermöglichen.

5. Dieser Schritt wird die wirtschaftliche und kommerzielle Geschäftsfähigkeit der Palästinenser in Judäa und Samaria vereinfachen.

C. Der Sicherheitszaun

1. Israel wird den Bau des Sicherheitszauns entsprechend der relevanten Entscheidungen des israelischen Kabinetts fortsetzen. Der Verlauf des Zauns wird humanitären Gesichtspunkten Rechnung tragen.

III) Die Sicherheitsgegebenheiten nach der Räumung

A. Der Gaza-Streifen

1. Israel wird die Landgrenzen um Gaza herum beaufsichtigen und bewachen, die exklusive Kontrolle des Luftraums über Gaza behalten und weiterhin militärische Aktivitäten in den Gewässern vor Gaza durchführen.

2. Der Gaza-Streifen wird demilitarisiert und ohne Bewaffnung sein, die nicht im Einklang mit vorhandenen Abkommen zwischen beiden Seiten stehen.

3. Israel behält sich das grundlegende Recht auf Selbstverteidigung, das auch präventive Maßnahmen beinhaltet sowie die Anwendung von militärischer Gewalt als Reaktion auf Bedrohungen aus dem Gaza-Streifen.

B. Judäa und Samaria

1. In Folge der Räumung der Siedlungen im nördlichen Samaria (o.g. Siedlungen) wird keine permanente militärische Präsenz in diesem Territorium verbleiben.

2. Israel behält sich das grundlegende Recht auf Selbstverteidigung, das auch präventive Maßnahmen beinhaltet sowie die Anwendung von militärischer Gewalt als Reaktion auf Bedrohungen aus diesen Teilen von Judäa und Samaria.

3. In den übrigen Gebieten von Judäa und Samaria werden vorhandene militärische Aktivitäten fortgeführt. Jedoch, entsprechend den jeweiligen Umständen, wird Israel eine Reduzierung seiner Aktivitäten in den palästinensischen Städten in Betracht ziehen.

4. Israel wird auf die Reduzierung von Checkpoints in Judäa und Samaria insgesamt hinarbeiten.

IV) Militärische Einrichtungen und Infrastruktur im Gaza-Streifen und dem nördlichen Samaria

Im allgemeinen, werden alle militärischen Einrichtungen abgebaut und geräumt, außer denjenigen, die Israel intakt lassen und an eine noch zu bestimmende Körperschaft übertragen wird.

V) Die Art der militärischen Hilfe für die palästinensische Seite

Israel stimmt zu, dass den palästinensischen Sicherheitskräften nach Absprache Beratung, Hilfe und Anleitung von amerikanischen, britischen, ägyptischen und jordanischen Experten bei dem Kampf gegen den Terror und bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegeben werden kann, wenn dieses vorher mit Israel abgestimmt wurde.

Israel besteht darauf, das es keine ausländische Sicherheitspräsenz in Gaza, Judäa und Samaria geben wird, die nicht mit Israel koordiniert und die nicht deren Zustimmung erhalten hat.

VI) Die Grenzregion zwischen Gaza-Streifen und Ägypten („Philadelphi Route“)

Während der ersten Phase wird Israel seine militärische Präsenz entlang der Grenzlinie zwischen Gaza-Streifen und Ägypten aufrecht erhalten („Philadelphi Route“). Diese Präsenz ist eine unverzichtbare Sicherheitsnotwendigkeit, und in bestimmten Gebieten kann es möglich sein, dass dort die Notwendigkeit einer physischen Vergrößerung des Gebietes besteht, in welchem militärische Operationen ausgeführt werden.

Eine spätere Räumung des Gebietes wird in Betracht gezogen.

Die Räumung dieses Gebietes wird unter anderen Dingen von der tatsächlichen Sicherheitssituation und dem Ausmaß einer ägyptischen Sicherheitskooperation durch die Erstellung einer zuverlässigeren Abmachung abhängig sein.

Wenn sich die Gegebenheiten für die Räumung dieses Gebietes abzeichnen sollten, wird Israel bereit sein, die Möglichkeit der Etablierung eines Hafens und eines Flughafens zu untersuchen.

VII) Die israelischen Siedlungen

Israel wird danach streben, die Immobiliengüter und Grundstücke der Siedlungen intakt zu lassen.

Die Übertragung von israelischen Wirtschaftsaktivitäten zur palästinensischen Nutzung bringt die Möglichkeit der Entfaltung wirtschaftlicher Aktivitäten der Palästinenser mit sich.

Israel schlägt vor, dass eine internationale Körperschaft als Modell eines Ad-Hoc Verbindungskomitees (AHLC) gegründet wird. Die USA und Israel müssen der Gründung dieser internationalen Körperschaft zustimmen. Israel wird den Besitz der zu räumenden Siedlungen an das Komitee übertragen, das den Wert dieser Güter abschätzen soll.

Israel behält sich das Recht vor, den ermittelten wirtschaftlichen Gegenwert der verbleibenden Güter in den geräumten Gebieten einzufordern.

VIII) Infrastruktur und zivile Regelungen

Die Versorgung von Palästinensern mit Wasser und Strom sowie die Abwasser- und Kommunikationsinfrastruktur werden an Ort und Stelle bleiben.

Israel wird anstreben, die Wasser- und Stromversorgung sowie die Abwasserinfrastruktur der zu räumenden israelischen Siedlungen an Ort und Stelle zu belassen.

In der Regel wird Israel die weitergehende Versorgung der Palästinenser mit Strom, Wasser, Gas und Benzin nach bestehenden Regelungen ermöglichen.

Die bestehenden Regelungen, einschliesslich der Regelungen bezüglich des Wassers und des elektromagnetischen Gebietes, behalten ihre Gültigkeit.

IX) Aktivitäten der internationalen zivilen Organisationen

Israel betrachtet die fortgesetzten Aktivitäten von internationalen humanitären Organisationen und jenen, die sich mit der zivilen Entwicklungsarbeit beschäftigen, um der palästinensischen Bevölkerung zu helfen, als sehr positiv.

Israel wird sich mit den internationalen Organisationen koordinieren, um diese Aktivitäten zu erleichtern.

X) Wirtschaftliche Regelungen

Generell behalten alle bestehenden wirtschaftlichen Regelungen zwischen Israel und den Palästinensern ihre Gültigkeit. Diese Regelungen beinhalten, unter anderem:

A. die Einreise der Arbeiter nach Israel in Übereinstimmung mit bestehenden Kriterien

B. Der Transport von Gütern zwischen dem Gazastreifen, Judäa und Samaria, Israel und anderen Staaten

C. Währungssystem

D. Steuerregelungen und Zollwesen

E. Post- und Kommunikationswesen

XI) Der Erez-Industriepark

Der Erez-Industriepark, der sich innerhalb des Gaza-Streifens befindet, beschäftigt ungefähr 4.000 palästinensische Arbeiter. Die Fortsetzung der Aktivität des Industrieparks ist eindeutig in palästinensischem Interesse.

Israel ist unter zwei Bedingungen bereit, den Industriepark in seinem jetzigen Format zu belassen:

A. Die Beibehaltung der angemessenen Sicherheitsarrangements

B. Eine eindeutige Annerkenung durch die internationale Gemeinschaft, dass die weitere Existenz des Industrieparks in seinem jetzigen Format nicht als eine Weiterführung israelischer Kontrolle in dem Gebiet angesehen wird.

Alternativ wird der Industriepark in die Hände eines vereinbarten palästinensischen oder internationalen Elementes gegeben.

Israel wird zusammen mit Ägypten die Möglichkeit prüfen, einen gemeinsamen Industriepark an der Grenze von Gaza-Streifen, Ägypten und Israel zu errichten.

XII) Die internationalen Übergangsstellen

A. Die internationale Übergangsstelle zwischen dem Gazastreifen und Ägypten:

1. Die existierenden Arrangements bleiben in Kraft.

2. Israel möchte die Übergangsstelle zum „Grenzdreieck“ verlegen, etwa zwei Kilometer südlich der gegenwärtigen Position; dies wird unter Koordination mit Ägypten geschehen. Die Verlegung wird die Ausweitung der Öffnungszeiten ermöglichen.

B. Die internationalen Übergangsstellen zwischen Judäa, Samaria und Jordanien:

Die existierenden Arrangements bleiben in Kraft.

XIII) Die Erez-Übergangsstelle

Die Erez-Übergangsstelle wird in das Gebiet des Staates Israel gelegt, gemäß einem Zeitplan, der separat bestimmt wird.

XIV) Zeitplan

Der Räumungsprozess wird voraussichtlich Ende 2005 vollständig abgeschlossen sein.

The Phasen der Räumung und der detailierte Zeitplan wird den Amerikanern bekannt gegeben.

XV) Zusammenfassung

Israel erwartet breite internationale Unterstützung für die Abkoppelungsinitiative.

Diese Unterstützung ist essenziell, um die palästinensische Seite dazu zu bewegen, die Maßnahmen in den Bereichen Terrorbekämpfung und Reformen zu ergreifen, die in der Roadmap von der palästinensischen Seite gefordert werden, sodass eine Rückkehr zu Verhandlungen möglich ist.

Englischer Originaltext:
http://www.mfa.gov.il/MFA/Peace+Process/Reference+Documents/Disengagement+Plan+-+General+Outline.htm

Brief von Ariel Sharon an George W. Bush

14. April 2004 An den Ehrenwerten George W. Bush
Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika
Weißes Haus
Washington DC

Sehr geehrter Herr Präsident,

die Vision, die Sie in Ihrer Ansprache vom 24. Juni 2002 ausgeführt haben, stellt eine der bedeutendsten Beiträge zur Sicherung einer besseren Zukunft für den Nahen Osten dar. Demgemäss hat der Staat Israel die Roadmap so, wie sie von unserer Regierung angenommen wurde, akzeptiert. Zum ersten Mal wurde eine praktikable und gerechte Formel für das Erreichen einer friedlichen Lösung vorgestellt, die ein echtes Fenster der Möglichkeit des Fortschreitens zu einer Übereinkunft zwischen Israel und den Palästinensern eröffnet hat, indem sie von zwei Staaten spricht, die Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben.

Diese Formel legt die korrekte Abfolge und die Prinzipien zum Erreichen des Friedens fest. Ihre vollständige Umsetzung stellt das einzige Mittel dar, um wirkliche Fortschritte zu erzielen. Wie Sie gesagt haben, wird ein palästinensischer Staat niemals durch Terror geschaffen werden, und die Palästinenser müssen den Terror nachhaltig bekämpfen und seine Infrastruktur auflösen. Weiterhin müssen ernsthafte Anstrengungen unternommen werden, um wirkliche Reformen in Richtung einer wahren Demokratie in Freiheit durchzuführen, was die Notwendigkeit einer neuen Führung, die nicht durch Terrorakte kompromittiert ist, einschließt. Wir sind dieser Formel als dem einzigen Weg, auf dem ein Abkommen erreicht werden kann, verpflichtet. Wir sehen diese Formel als die einzig gangbare an.

Die Palästinensische Autonomiebehörde hat allerdings unter ihrer gegenwärtigen Führung nichts unternommen, um ihren in der Roadmap eingegangenen Verpflichtungen gerecht zu werden. Der Terror hat nicht nachgelassen, eine Reform der palästinensischen Sicherheitsdienste ist nicht vorgenommen worden, und eine wirkliche Reform der politischen Institutionen hat es nicht gegeben. Der Staat Israel muss weiterhin den hohen Preis andauernden Terrors tragen. Israel muss sich seine Fähigkeit zum Selbstschutz und zur Abschreckung seiner Feinde bewahren, und wir beharren daher auf unserem Recht, uns gegen den Terrorismus zu verteidigen und gegen Terrororganisationen vorzugehen.

Nachdem wir zu dem Schluss gekommen sind, dass im Moment kein palästinensischer Partner vorhanden ist, mit dem wir friedlich auf dem Weg zu einem Abkommen voranschreiten können, und da der gegenwärtige Stillstand dem Erreichen unserer gemeinsamen Ziele nicht dienlich ist, habe ich mich dazu entschieden, einen Prozess des schrittweisen, einseitigen Rückzugs einzuleiten und zwar in der Hoffnung, dadurch die Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern zu vermindern. Der Rückzugsplan dient dazu, Israels Sicherheit zu verbessern und unsere politische und wirtschaftliche Lage zu stabilisieren. Er wird uns dazu in die Lage versetzen, unsere Truppen so lange effektiver zu stationieren, bis es uns die Bedingungen in der Palästinensischen Autonomiebehörde gestatten, die vollständige Umsetzung der Roadmap wieder aufzunehmen.

Ich füge die Hauptprinzipien des Rückzugsplans bei, damit sie diesen überprüfen können. Diese Initiative, die wir im Rahmen der Roadmap unternehmen, ist ein eigenständiger israelischer Plan und steht dennoch nicht im Widerspruch zu dieser. Gemäß diesem Plan beabsichtigt der Staat Israel alle israelischen Militärposten sowie alle israelischen Städte und Dörfer im Gazastreifen ebenso wie andere Militärposten und eine geringe Anzahl von Dörfern in Samaria zu verlegen.

In diesem Zusammenhang haben wir ebenso vor, den Bau des Sicherheitszaunes zu beschleunigen, dessen Fertigstellung für die Garantie der Sicherheit der Bürger Israels von essentieller Bedeutung ist. Der Terrorabwehrzaun ist eine Sicherheitsgrenze, keine politische Trennlinie, von vorübergehender und nicht von dauerhafter Natur und wird daher nicht den endgültigen Grenzverlauf präjudizieren. Unter Inbetrachtnahme von Sicherheitserwägungen wird der tatsächliche Verlauf des Zauns, so wie er von den Entscheidungen unserer Regierung gebilligt wurde, die Interessen von Palästinensern, die nicht in terroristische Aktivitäten verwickelt sind, berücksichtigen.

Nach meiner Rückkehr aus Washington werde ich den Plan dem Kabinett und der Knesset zur Billigung vorlegen, und ich bin fest davon überzeugt, dass diese Zustimmung erteilt werden wird.

Der Abkoppelungsplan wird für den Staat Israel eine neue und bessere Realität schaffen, seine Sicherheit und Wirtschaft verbessern und die Entschlossenheit seiner Bürger stärken. In diesem Zusammenhang glaube ich, dass es wichtig ist, neue Möglichkeiten für den Negev und für Galiläa zu eröffnen. Zusätzlich wird der Plan eine Reihe von Maßnahmen beinhalten, die Möglichkeiten zur Verbesserung der Lage der Palästinensischen Autonomiebehörde eröffnen, vorausgesetzt diese stellt die Klugheit unter Beweis, diese Gelegenheit auch wahrzunehmen. Die Durchführung des Abkoppelungsplanes birgt die Möglichkeit in sich, positive Veränderungen in der Palästinensischen Autonomiebehörde anzuregen, was wiederum die notwendigen Bedingungen für die Wiederaufnahme direkter Verhandlungen schaffen könnte.

Wir betrachten den Abschluss eines Abkommens zwischen Israel und den Palästinensern als unser zentrales Anliegen und sind dem Erreichen dieses Zieles verpflichtet. Fortschritt in bezug auf das Erreichen dieses Ziels darf es nur im Rahmen der Roadmap geben, und wir werden jeden anderen Plan ablehnen.

In diesem Zusammenhang sind wir uns der Verpflichtungen, die auf dem Staat Israel lasten, voll bewusst. Diese beinhalten Beschränkungen des Wachstums von Siedlungen, die Beseitigung unrechtmäßiger Außenposten sowie Schritte, die Bewegungsfreiheit von Palästinensern, die nicht in den Terrorismus verwickelt sind, soweit zu erhöhen, wie uns unsere Sicherheitsbedürfnisse dies gestatten. Mit getrennter Post leiten wir Ihnen eine ausführliche Beschreibung derjenigen Schritte zu, die der Staat Israel unternehmen wird, um all seinen Verpflichtungen nachzukommen.

Der Staat Israel unterstützt die Bemühungen der Vereinigten Staaten dabei, die palästinensischen Sicherheitsdienste zu reformieren, um deren aus der Roadmap herrührende Verpflichtungen zur Bekämpfung des Terrors zu erfüllen. Israel unterstützt ebenfalls die Bemühungen der Amerikaner, in Zusammenarbeit mit der internationalen Gemeinschaft den politischen Reformprozess voranzubringen, Institutionen zu schaffen sowie die Wirtschaft der Palästinensischen Autonomiebehörde und das Los ihrer Bürger zu verbessern. Dies soll in der Hoffnung geschehen, dass eine neue palästinensische Führung sich als fähig erweisen wird, ihre in der Roadmap eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen.

Ich möchte noch einmal meine Wertschätzung Ihrer mutigen Führungsstärke im Krieg gegen den internationalen Terrorismus aussprechen. Ebenso möchte ich Ihre wichtige Initiative, den Nahen Osten wieder zu einem lebenswerteren Zuhause für seine Bewohner zu machen, und Ihre persönliche Freundschaft sowie die weitgehende Unterstützung für den Staat Israel hervorheben.

Hochachtungsvoll
Ariel Sharon

Englischer Originaltext:
http://www.mfa.gov.il/MFA/Peace+Process/Reference+Documents/Exchange+of+letters+Sharon-Bush+14-Apr-2004.htm

Brief von US Präsident George W. Bush an Ministerpräsident Ariel Sharon

14. April 2004

Seiner Exzellenz
Ariel Scharon
Ministerpräsident des Staates Israel

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

ich danke Ihnen für Ihren Brief, in dem Sie Ihren Abkoppelungsplan darlegen.

Die Vereinigten Staaten bleiben weiterhin voller Hoffnung und Entschlossenheit, einen Weg zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes zu finden. Ich bin auch in Zukunft meiner Vision vom 24. Juni 2002 verpflichtet, in der ich zwei Staaten beschrieben habe, die Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben. Dies soll der Schlüssel zu einer friedlichen Lösung sein, wobei die Roadmap den Weg dorthin festlegt.

Wir begrüßen den von Ihnen ausgearbeiteten Abkoppelungsplan, nach welchem Israel gewisse Militäreinrichtungen und alle Siedlungen aus dem Gazastreifen sowie bestimmte militärische Stellungen und Siedlungen aus dem Westjordanland zurückziehen wird. Die Schritte, die in dem Plan näher ausgeführt werden, stellen einen substantiellen Fortschritt auf dem Wege zur Verwirklichung meiner Vision vom 24. Juni 2002 dar und leisten einen sehr wichtigen Beitrag zum Frieden. Wir verstehen ebenfalls, dass Israel in diesem Zusammenhang glaubt, dass es notwendig sei, neue Möglichkeiten für Galiläa und den Negev zu eröffnen. Wir verbleiben voller Hoffnung, dass aus diesem Plan sich ergebende und in Übereinstimmung mit meiner Vision stehende Schritte alle Staaten und Gruppen an ihre eigenen Verpflichtungen gemäß der Roadmap erinnern werden.

Die Vereinigten Staaten sind sich der Risiken eines solchen Unternehmens wohl bewusst. Ich möchte Sie daher in bezug auf mehrere Punkte meiner Unterstützung versichern.

Zuerst bleiben die Vereinigten Staaten meiner Vision und ihrer in der Roadmap beschriebenen Umsetzung verpflichtet. Die Vereinigten Staaten werden alles in ihrer Macht stehende tun, um jeden Versuch, von welcher Seite auch immer, zu verhindern, einen Alternativplan durchzusetzen. Gemäß der Bestimmungen der Roadmap sind die Palästinenser zu einer sofortigen Beendigung aller gegen Israel gerichteten bewaffneten Aktivitäten und Gewaltmaßnahmen verpflichtet. Ebenso müssen alle offiziellen palästinensischen Stellen jegliche antiisraelische Hetze einstellen. Die palästinensische Führung muss entschieden gegen den Terror vorgehen, was nachhaltige, zielgerichtete und wirksame Operationen zur Beendigung des Terrorismus und zur Auflösung der Infrastruktur der Terroristen mit beinhaltet. Die Palästinenser müssen umfassende und grundlegende politische Reformen vornehmen und zwar einschließlich der Einführung einer starken parlamentarischen Demokratie und eines politisch starken Ministerpräsidenten.

Zweitens wird es weder für Israel noch für die Palästinenser Sicherheit geben, bis nicht sie selber und alle anderen Staaten im Nahen Osten gemeinsam den Terrorismus bekämpfen und die Terrororganisationen auflösen. Die Vereinigten Staaten wiederholen, dass sie Israels Sicherheit unerschütterlich verpflichtet sind. Dies schließt das Recht Israels, in sicheren, verteidigungsfähigen Grenzen zu leben sowie zur Bewahrung und Steigerung seiner Fähigkeit zur Abschreckung und zur eigenständigen Verteidigung gegen jede mögliche Gefahr oder Kombination von Gefahren ein.

Drittens behält Israel weiterhin das Recht, sich gegen den Terrorismus zu verteidigen, was auch Maßnahmen gegen Terrororganisationen beinhaltet. Die Vereinigten Staaten werden in Kooperation mit Jordanien, Ägypten und anderen Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft Maßnahmen durchführen, die dazu dienen, die Fähigkeit und den Willen der palästinensischen Behörden zur Bekämpfung des Terrorismus und zur Auflösung der Terrororganisationen zu stärken. Ebenso soll auf diese Weise verhindert werden, dass die Gebiete, aus denen Israel sich zurückgezogen hat, eine Bedrohung darstellen, der auf andere Weise begegnet werden müsste. Die Vereinigten Staaten sind sich bewusst, dass nach Israels Rückzug aus dem Gazastreifen und/oder Teilen des Westjordanlandes die gegenwärtig bestehenden Übereinkünfte in Bezug auf die Kontrolle des Luftraumes, der Hoheitsgewässer und von Landkorridoren vom Westjordanland nach Gaza weiterhin Geltung behalten werden, sofern nicht andere Vereinbarungen getroffen werden sollten.

Die Vereinigten Staaten sind Israels Sicherheit und Wohl als jüdischem Staat besonders stark verpflichtet. Es erscheint klar, dass ein vertraglicher, gerechter, fairer und realistischer Rahmen für eine Lösung des palästinensischen Flüchtlingsproblems als Teil jeder endgültigen vertraglichen Regelung durch die Gründung eines palästinensischen Staates und die Ansiedlung der Flüchtlinge in diesem zu gründenden palästinensischen Staat und nicht in Israel gefunden werden muss.

Israel muss als Teil einer endgültigen Friedensregelung über sichere und anerkannte Grenzen verfügen, was sich aus Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien in Übereinstimmung mit den Resolutionen 242 und 338 des UNO-Sicherheitsrates ergeben sollte. Angesichts neuer Realitäten vor Ort, einschließlich bereits bestehender größerer israelischer Bevölkerungszentren, ist es unrealistisch zu erwarten, dass der Ausgang der endgültigen Verhandlungen über den Grenzverlauf eine vollständige Rückkehr auf die Waffenstillstandslinien von 1949 bringen wird. Alle vorhergehenden Verhandlungsbemühungen um eine Zwei-Staaten-Lösung sind zu demselben Ergebnis gekommen. Es ist realistisch zu erwarten, dass jede endgültige Verhandlungslösung nur auf der Grundlage einer beidseitigen Anerkennung von Veränderungen, die diese Realitäten widerspiegeln zustande kommen kann.

Ich weiß, dass Sie sich bewusst sind, wie Sie auch in Ihrem Brief zum Ausdruck gebracht haben, dass der Staat Israel gewisse Verpflichtungen hat. So hat beispielsweise Ihre Regierung zum Ausdruck gebracht, dass die Barriere, die von Israel errichtet wird, ein Terrorabwehrzaun ist und keine politische Grenze. Er besitzt temporären und nicht dauerhaften Charakter und präjudiziert daher auch nicht eine endgültige Übereinkunft über den Grenzverlauf. Der Verlauf des Sicherheitszaunes sollte - unter Berücksichtigung von Sicherheitserwägungen - auch die Bedürfnisse von Palästinensern, die nicht in Terroraktivitäten verwickelt sind, in Betracht ziehen.

Wie Ihnen bekannt ist, unterstützen die Vereinigten Staaten die Errichtung eines lebensfähigen, zusammenhängenden, souveränen und unabhängigen Palästinenserstaates, sodass das palästinensische Volk in Übereinstimmung mit meiner Vision vom Juni 2002 und dem Weg, der in der Roadmap vorgezeichnet ist, seine eigene Zukunft gestalten kann. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft werden die Vereinigten Staaten die Entwicklung von demokratischen politischen Institutionen und einer neuen Führung, die diesen Institutionen verpflichtet ist, fördern, ebenso wie den Wiederaufbau ziviler Einrichtungen, das Wachstum einer freien und prosperierenden Wirtschaft und den Aufbau von arbeitsfähigen Sicherheitsorganen, die der Aufrechterhaltung von Gesetz und Ordnung sowie der Auflösung der terroristischen Organisationen verpflichtet sind.

Ein von Israelis und Palästinensern ausgehandeltes Friedensabkommen würde nicht nur für diese beiden Völker, sondern für die Völker des gesamten Nahen Ostens ein großer Segen sein. Demzufolge glauben die Vereinigten Staaten, dass alle Staaten im Nahen Osten besondere Verpflichtungen haben: den Aufbau geeigneter Institutionen des zukünftigen palästinensischen Staates zu unterstützen, den Terrorismus zu bekämpfen und alle Formen von Unterstützung für Einzelpersonen und Gruppen, die in den Terrorismus verwickelt sind, zu unterbinden und in normalere Beziehungen mit dem Staat Israel einzutreten. Diese Aktionen wären wahre Beiträge zum Aufbau des Friedens im Nahen Osten.

Herr Ministerpräsident, Sie haben eine kühne und historische Initiative ergriffen, die einen wichtigen Beitrag zum Frieden leisten kann. Ich beglückwünsche Sie zu Ihren Bemühungen und Ihrer mutigen Entscheidung, die ich unterstütze. Als enger Freund und Verbündeter beabsichtigen die Vereinigten Staaten eng mit Ihnen zusammen zu arbeiten, um Ihren Plan zu einem Erfolg werden zu lassen.

Hochachtungsvoll
George W. Bush

Englischer Originaltext:
http://www.mfa.gov.il/MFA/Peace+Process/Reference+Documents/Exchange+of+letters+Sharon-Bush+14-Apr-2004.htm


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