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Hoffnung für Gefangene

Im Austausch mit dem entführten israelischen Soldaten Shalit könnten Hunderte in Israel eingesperrte Palästinenser freikommen

Von Karin Leukefeld *

Israel hat offenbar einem schrittweisen Gefangenenaustausch mit der palästinensischen Hamas zugestimmt. Vermittelt durch Agenten des deutschen Bundesnachrichtendienstes (BND) und des ägyptischen Geheimdienstes soll der Austausch in drei Schritten vollzogen werden. Am Ende soll sowohl der 2006 von Militanten der Qassam-Brigaden, dem militärischen Flügel der Hamas, entführte israelische Soldat Gilad Shalit frei sein, als auch eine noch unbekannte Anzahl palästinensischer Gefangener. Während die Palästinenser lediglich einen israelischen Kriegsgefangenen festhalten, sind in israelischen Gefängnissen rund 10000 Palästinenser inhaftiert, darunter auch Frauen und Kinder.

Wie von seiten der Palästinenser bekannt wurde, soll Israel am heutigen Freitag in einem ersten Schritt 20 palästinensische Frauen freilassen und wird im Gegenzug ein Video mit aktuellen Aufnahmen von Gilad Shalit erhalten, das bestätigen soll, daß der Soldat noch lebt. Vier der Frauen seien Mitglieder der Hamas, fünf gehörten zur Fatah, erklärte Abu Obeida, ein Sprecher der Hamas. Drei seien vom Islamischen Dschihad, die anderen gehörten weiteren kleineren Gruppen an. Das im Gegenzug überreichte Video sei etwa eine Minute lang und zeige, daß Shalit am Leben sei und sich bewege, erklärte ein Sprecher des palästinensischen Volkswiderstandkomitees. Schritt zwei des Gefangenenaustausches sieht vor, daß Gilad Shalit nach Kairo gebracht und dem ägyptischen Geheimdienst übergeben werden soll, während Israel eine zweite Gruppe Gefangener freilassen soll. In einem dritten Schritt soll Shalit dann an Israel übergeben werden, woraufhin Israel eine dritte Gruppe palästinensischer Gefangener freigeben soll.

Bis zu 450 palästinensische Gefangene könnten freikommen, spekulieren verschiedene Medien doch sei unklar, ob diese tatsächlich nach Hause gehen können. Israel hatte gefordert, die Freigelassenen entweder nach Gaza oder ins arabische Exil zu schicken. Ob auch, wie von der Hamas gefordert, Ahmad Saadat, Generalsekretär der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), und Marwan Barghouti von der Fatah unter den Freigelassenen sein werden, ist noch unklar. Auf ihrer Liste der »50 Personen, die heute von Bedeutung sind«, nannte die britische Tageszeitung New Statesman erst kürzlich (24.9.) Marwan Barghouti auf Platz drei, direkt hinter den Familien Obama und Murdoch. »Die Hoffnung für Frieden im Mittleren Osten liegt auf seinen Schultern«, schrieb das Blatt. Barghouti sei unbestechlich und könne die zerstrittenen Palästinenser versöhnen. Man erwarte, daß der »palästinensische Mandela« Barghouti für die Präsidentschaftswahlen 2010 antreten werde.

Die israelische Repression gegen Palästinenser ging derweil weiter. In Gaza-Stadt starb der vierjährige Abdul Rahman Sukkar, das 348. Opfer der israelischen Blockade. Obwohl der Junge an Leberkrebs litt, erhielt er keine Genehmigung, außerhalb des Gaza­streifens behandelt zu werden. Die Haft der Apothekerin Majeda Fidda aus Nablus (Westbank), die seit August 2008 in israelischer Administrativhaft ist, wurde ohne Angabe von Gründen um weitere vier Monate verlängert. Der 18jährige Schüler Fuad Turkman wurde von einem israelischen Jeep auf dem Schulhof seiner Schule in Dschenin überfahren und getötet, und in Tulkarem wurden drei Palästinenser, die kurz zuvor von der palästinensischen Autonomiebehörde aus der Haft entlassen worden waren, von israelischen Soldaten wieder festgenommen.

* Aus: junge Welt, 2. Oktober 2009

Israel entlässt weibliche palästinensische Gefangene

Das Sicherheitskabinett der israelischen Regierung hat am Mittwoch (30. Sept.) beschlossen, gemäß einem Vorschlag des Verhandlungsteams für die Befreiung des entführten israelischen Soldaten Gilad Shalit 20 weibliche palästinensische Sicherheitshäftlinge freizulassen. Israel soll im Gegenzug aktualisierte und eindeutige Beweise dafür erhalten, dass Shalit noch am Leben ist.

Ministerpräsident Binyamin Netanyahu lobte die israelische Verhandlungsdelegation unter Leitung von Haggai Hadas für ihre professionelle und diskrete Arbeit und sagte: „Es ist wichtig, dass die ganze Welt weiß, dass Gilad Shalit noch am Leben und die Hamas verantwortlich für sein Wohlergehen und für sein Schicksal ist.“

Das Sicherheitskabinett entschied sich, als vertrauensbildende Maßnahme im Rahmen der indirekten Verhandlungen auf die ägyptische Initiative einzugehen. All dies geschieht im Vorfeld der entscheidenden Phasen innerhalb der Verhandlungen über Gilad Shalits Freilassung und auf Grundlage der Entschlossenheit von Israels Regierung, ihn schnell nach Hause zurückzubringen und gleichzeitig die existentiellen Sicherheitsinteressen Israels zu wahren.

(Außenministerium des Staates Israel, 30.09.09)
Quelle: Newsletter der Israelischen Botschaft in Berlin, 1. Oktober 2009




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