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Sanktionen über 1,5 Millionen Palästinenser im Gazastreifen

Die "Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost" protestiert - Pressemitteilung im Wortlaut

Im Folgenden dokumentieren wir eine Stellungnahme zu den jüngsten Strafmaßnahmen Israels gegen die Bevölkerung des Gazastreifens. Im Anschluss noch eine hierzu passende aktuelle Meldung sowie zwei Erklärungen des UN-Generalsekretärs (englisch). Die erste bezieht sich auf die Unterbrechung der Strom- und Gaszufuhr, die zweite - bereits 10 Tage davor abgegeben - auf die israelische Erklärung des Gazastreifens zu "Feindesland".



Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost - EJJP Deutschland

München, 30. Oktober 2007

Pressemitteilung

Die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ protestiert nachdrücklich gegen die beabsichtigte Drosselung der israelischen Energielieferungen in den Gazastreifen, die Generalstaatsanwalt Menachem Mazuz vorläufig gestoppt hat. Die Ankündigung der Kollektivbestrafung kommt in den Tagen, in denen der Wochenabschnitt Genesis 18 berichtet, dass Gott von Abraham gebeten wird, die Stadt Sodom wegen seiner fünfzig Gerechten zu verschonen.

Die Entscheidung soll Sanktionen über 1,5 Millionen Palästinensern verfügen und die Versorgung öffentlicher Einrichtungen – Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen, Elektrizitätswerke, Wasser- und Abwasserbetriebe – und der privaten Haushalte lahmlegen. Damit würde die seit Monaten anhaltende Lähmung im Zuge der periodischen Schließung der Grenzübergänge für den Waren- und Personenverkehr verschärft und die Denunzierung aller Palästinenser im Gazastreifen als „Terroristen“ in „Feindesland“ fortgesetzt werden. Schon die Ankündigung widerspricht den Verbindlichkeiten der Genfer Konvention, die den Staat Israel auf die Achtung der Menschenrechte verpflichtet. Denn auch nach dem israelischen Rückzug im Sommer 2005 verhält sich Israel in diesem Küstenstreifen wie ein Souverän, indem es auf dem Recht militärischer Interventionen beharrt und überdies die Versöhnungsbemühungen zwischen den gemäßigten, auf Spannungsabbau bedachten Kräften in„Fatah“ und „Hamas“ mutwillig beschädigt. Deshalb ist die jetzige Kollektivbestrafung in militärischen Kreisen Israels als Vorbereitung der eigenen Bevölkerung auf einen Großangriff im Gazastreifen verstanden worden.

Die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ ist die deutsche Vereinigung der in achtzehn Ländern Europas tätigen „European Jews for a Just Peace“. In ihrem Protest gegen die völkerrechtswidrige Politik Israels weiß sie sich einig mit israelischen und palästinensischen Menschenrechtsorganisationen sowie mit dem Europäischen Parlament. Dagegen reichen endlose Klagen der Europäischen Kommission über israelische Einschränkungen nicht aus, die die palästinensische Bevölkerung treffen. Diese politische Passivität verdunkelt Europas Anspruch als diplomatische Akteurin. Stattdessen ist zu erwarten, dass sich Brüssel erneut mit Finanztransfers zu humanitären Zwecken begnügt, ohne dem Willen zu politischen Regelungen Nachdruck zu verleihen.

Die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ bedauert tief, dass repräsentative jüdische Organisationen in Deutschland, die sich zu jedem palästinensischen Raketenangriff äußern, auch diesmal zu Israels beabsichtigter Politik der kollektiven Bestrafung schweigen. Diese doppelten Standards beschädigen auch die Integrität jüdischen Lebens in Deutschland. Der Frieden zwischen Israelis und Palästinensern lässt sich weder durch Gewalt noch durch Strafmaßnahmen erreichen. Nur Verhandlungen auf der Ebene von politischer Ebenbürtigkeit werden zum Erfolg führen.

Judith Bernstein, Vorstand

mail@juedische-stimme.de
www.juedische-stimme.de



Aktuelle Meldungen

Nach Israels Kürzung von Treibstofflieferungen an den Gazastreifen hat die Europäische Union vor einer "Kollektivstrafe" für die Palästinenser in dem Gebiet gewarnt. Die neuen Sanktionen hätten schwerwiegende Konsequenzen für die Menschen vor Ort, sagte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner am Montag in Jerusalem nach einem Treffen mit Israels Ministerpräsidenten Ehud Olmert.

Letztlich würden dadurch nur radikale Kräfte wie die Hamas gestärkt, betonte sie in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters. Israel hatte am Sonntag damit begonnen, die Treibstofflieferungen in den Gazastreifen zu drosseln. Mit dem Benzin werden Turbinen in Kraftwerken angetrieben. Nach palästinensischen Angaben wurden die Lieferungen um rund ein Drittel reduziert.

Auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat die Maßnahmen Israels kritisiert. Zwar verurteile Ban die "blinden" Raketenangriffe militanter Palästinenser auf israelisches Gebiet und fordere erneut ein Ende der Gewalt, erklärte Bans Sprecherin Michèle Montas am Montag in New York. "Allerdings glaubt er fest, dass die von Israel ergriffenen Strafmaßnahmen, die dem Wohlergehen der gesamten Bevölkerung im Gazastreifen schaden, inakzeptabel sind."

Aus: Der Standard (Wien), 30. Oktober 2007

New York, 29 October 2007 - Statement attributable to the Spokesperson for the Secretary-General On Gaza

The Secretary-General reiterates his call for the cessation of indiscriminate rocket attacks by Palestinian militants targeting Israel and strongly condemns these actions. However he also believes strongly that punitive measures taken by Israel which harm the well-being of the entire population of the Gaza Strip are unacceptable. The limitation of fuel and electricity supplies deepens the humanitarian distress of the 1.4 million residents of Gaza, as does the reduction of the supply of essential commodities and the tightening of restrictions on movement and access. The Secretary-General calls upon Israel to reconsider its actions and for all concerned to protect civilians and to meet their obligations under international law.

New York, 19 September 2007 - Statement by the Secretary-General on Gaza

I am very concerned at the decision taken today by the Israeli government to declare the Gaza Strip an “enemy entity” and its announced intent to interrupt essential services such as electricity and fuel to the civilian population. Such a step would be contrary to Israel's obligations towards the civilian population under international humanitarian and human rights law.

The United Nations has broad humanitarian responsibilities and is mandated to provide assistance to and meet the humanitarian needs of the civilian population of the Gaza Strip and West Bank. There are 1.4 million people in Gaza, including the old, the young and the sick, who are already suffering from the impact of prolonged closure. They should not be punished for the unacceptable actions of militants and extremists. I call for Israel to reconsider this decision.

The continued indiscriminate rocket fire from Gaza into Israel is unacceptable and I deplore it. I call for it to stop immediately. I understand Israel's security concerns over this matter.

www.un.org




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