Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Liebermans Hetze

Israelischer Außenminister droht syrischem Präsidenten. UN-Generalsekretär legt der UNO Berichte Tel Avivs und der Hamas zum Gaza-Krieg vor

Von Karin Leukefeld *

Israels Außenminister Avigdor Lieberman hat Syrien und dessen Präsidenten Bashar Al-Assad prophezeit, den nächsten Krieg nicht zu überleben. Lieberman reagierte auf eine Äußerung Assads vom Vortag, wonach Israel nicht ernsthaft an Frieden interessiert sei, sondern die Region in einen neuen Krieg treibe. Damit hätten die Syrer »eine rote Linie überschritten«, sagte Lieberman bei einem Vortrag in der Bar-Ilan Universität bei Tel Aviv. Im Falle eines Krieges werde nicht nur die syrische Armee geschlagen, auch das Regime werde stürzen. »Den nächsten Krieg werden Sie nicht nur verlieren, sondern auch Ihre Familie wird entmachtet«, fügte Lieberman, an die Adresse von Al-Assad gerichtet, hinzu. Außerdem könne Syrien »seinen Traum aufgeben, die Golan-Höhen zurückzubekommen«, fuhr der israelische Außenminister fort. »Wir müssen Syrien klarmachen, daß es seine Forderung hinsichtlich der Golan-Höhen ebenso vergessen kann wie seinen Traum von einem Großsyrien, das den Libanon kontrolliert.«

Israel hatte die syrischen Golan-Höhen im Sechstagekrieg 1967 besetzt und später annektiert. 1973 gelang es Syrien, einen kleinen Teil des Golan zurückzuerobern und besteht gemäß UN-Resolution 446 weiter auf der Rückgabe des gesamten Gebietes. Die Resolution des UN-Sicherheitsrates stellt fest, daß die Besiedlung des besetzten palästinensischen und arabischen Territoriums »ein ernsthaftes Hindernis« für einen »umfassenden, einfachen und dauernden Frieden im Mittleren Osten« darstellt.

Während seiner knapp einjährigen Amtszeit hat Avigdor Lieberman mehrere Beispiele für seine Verachtung der arabischen Nachbarn und des Völkerrechts geliefert. So hatte er gefordert, arabische Knesset-Abgeordnete wegen ihrer Treffen mit palästinensischen Kämpfern hinzurichten, palästinensische Gefangene wollte er »auf dem Grund des Toten Meeres versenken«. Nach seinem jüngsten Ausbruch forderte der Knessetabgeordnete der Arbeitspartei Eitan Cabel Ministerpräsident Benjamin Netanjahu auf, Lieberman zu entlassen. Der Außenminister sei ein »Kriegstreiber, der weder Anstand noch Klugheit besitzt«, sagte Cabel.

Netanjahu reagierte umgehend mit einer Friedenserklärung in Richtung Syrien und forderte sein Kabinett auf, sich zu Syrien nicht mehr zu äußern. Er werde an jeden Ort der Welt gehen und die Hilfe eines fairen Dritten nicht ausschlagen, um mit Syrien wieder »Friedensgespräche ohne Vorbedingungen« aufzunehmen, so Netanjahu. Die Tageszeitung Ashark Al-Awsat zitierte das US-Außenministerium, wonach Washington entschlossen sei, Israel wieder in einen Dialog mit Syrien sowie mit den Palästinensern zu bringen. Nach fünf Jahren Vakanz soll demnächst der Posten des US-Botschafters in Damaskus neu besetzt werden.

UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat derweil der UN-Vollversammlung die Berichte zum Gaza-Krieg von Israel und von der Hamas vorgelegt. Es könne nicht beurteilt werden, ob es sich um »unabhängige Untersuchungen« möglicher Kriegsverbrechen handele, sagte Ban Ki-Moon. Während die Hamas ihren Bericht als »vorläufig« bezeichnete, gibt Israel sich bisher zufrieden mit der Verwarnung von zwei hochrangigen Offizieren. Elf palästinensische Menschenrechtsorganisationen haben sowohl die Hamas als auch die Autonomiebehörde von Präsident Mahmud Abbas in der Westbank aufgefordert, eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe aus dem Goldstone-Bericht an die palästinensische Seite einzuleiten. Die Hamas hat angekündigt, fünf unabhängige Richter und Juristen die Vorwürfe prüfen zu lassen.

* Aus: junge Welt, 6. Februar 2010

Das sagt das offizielle Israel:

Zur UN-Reaktion auf Israels Antwort zum Goldstone-Bericht

Israel bringt seine Zufriedenheit darüber zum Ausdruck, dass der UN-Generalsekretär das in dieser Woche vorgelegte israelische Dokument positiv aufgenommen hat.

Dieses Dokument bringt die volle Verpflichtung Israels zu unabhängigen und zuverlässigen Untersuchungen zum Ausdruck, welche den Standards des internationalen Rechts entsprechen.

Trotz der schweren Kampfbedingungen gegen den Terror der Hamas in Gaza hat Israel sich genauestens an die internationalen Normen gehalten und wird auch in Zukunft weiter so verfahren, wobei der Frieden und die Sicherheit seiner Bürger seine oberste Verpflichtung darstellen.

(Außenministerium des Staates Israel, 05.02.10)

Siehe auch:
Israel maßregelt Militärs
Untersuchungen nach Vorwürfen im Goldstone-Bericht




Zurück zur Israel-Seite

Zur Gaza-Seite

Zur Syrien-Seite

Zurück zur Homepage