Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

"Wir hoffen, dass auch die israelische Seite ihren guten Willen zeigt"

Presseerklärung des Palästinensers Firas Maraghy der mit einem Hungerstreik vor der israelischen Botschaft in Berlin um das Wohnrecht seiner Familie kämpfte

41 Tage lang hatte der Palästinenser Firas Maraghy im Sommer vor der israelischen Botschaft in Berlin mit einem Hungerstreik gegen die drohende Entziehung seines Residenzrechts in Jerusalem und das Wohnrecht seiner Familie gekämpft. Am heutigen Dienstag (12. Okt.) soll im israelischen Innenministerium in seiner Gegenwart eine Lösung gefunden werden. Im Folgenden dokumentieren wir eine Erklärung von Firas Maraghy.

PRESSEERKLÄRUNG

Firas Maraghy, 07.10.2010 - PRESSEERKLÄRUNG - Vom 26. Juli 2010 bis zum 04.September 2010 habe ich mich vor der israelischen Botschaft im Hungerstreik befunden. Ziel dieses offenen Protests war es, meine im Dezember 2009 geborene Tochter Zaynab als Einwohnerin Ostjerusalems, sowie meine Ehe mit der deutschen Staatsbürgerin Wiebke Diehl zu registrieren. Zudem wollte ich gegen die Androhung israelischer Behörden, mir selbst mein Residenzrecht in Jerusalem zu entziehen, sollte ich im Mai 2011 nicht für mindestens eineinhalb Jahre dorthin zurückkehren, protestieren.

Ich forderte von Anfang an ein sicheres Bleiberecht für meine Familie und mich in meiner Geburtsstadt und der Geburtsstadt meiner Väter und Vorväter. Diese Forderung steht in Einklang mit internationalem Recht, insbesondere mit Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Die Entscheidung, in den Hungerstreik zu treten, wurde nach Ausschöpfung aller uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten getroffen: nachdem die israelische Botschaft unser Ansinnen im April 2010 abgewiesen hatte, richtete sich meine Frau an Abgeordnete aller Fraktionen des Deutschen Bundestags, an das Auswärtige Amt und an das Bundeskanzleramt. Ich richtete mehrere Schreiben direkt an den israelischen Botschafter und bat ihn, sich mit der Angelegenheit zu befassen. Nachdem all unsere Versuche ohne Erfolg blieben, sah ich keinen anderen Weg, als einen Hungerstreik für meine elementarsten und international verbrieften Menschenrechte zu beginnen.

Am 4. September beendete ich nach 41 Tagen, in denen ich nur Wasser zu mir genommen hatte, meinen Hungerstreik. Ich tat dies, nachdem mir unter Vermittlung von Herrn Polenz, dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestags und anderer Politiker, denen ich für ihre Mühen sehr dankbar bin, die israelische Botschaft einen Termin mit Herrn Arbel, dem Direktor des „Registration and Civil Status Department“ des Innenministeriums Israels, angeboten hatte. Ziel dieses Gesprächs, so wurde mir sowohl in einer Presseerklärung der israelischen Botschaft als auch in Gesprächen mit Mitarbeitern der Botschaft zugesichert, sei die Lösung meiner Angelegenheit. Die Anwesenheit meiner Tochter sei aber für ihre Eintragung unabdinglich.

Da die bisherige israelische Praktik allerdings bewiesen hat, dass der Besitz einer ausländischen Staatsangehörigkeit die Eintragung von Kindern von Bürgern Jerusalems durch israelische Behörden häufig verhindert, baten wir um eine schriftliche Bestätigung, dass die – für eine Reise notwendige – Ausstellung eines deutschen Kinderreisepasses der Eintragung unserer Tochter als ständige Einwohnerin Jerusalems nicht entgegensteht. Eine solche schriftliche Garantie wurde uns zugesagt.

Nachdem ich letzte Woche aus dem Krankenhaus entlassen wurde, wo ich mich unter anderem einer Mandel-Operation unterziehen musste, wurde uns nun gestern, am 06. Oktober 2010 mitgeteilt, dass für uns ein Termin mit Herrn Arbel für Dienstag den 12. Oktober um 10 Uhr vereinbart wurde. Nach langem Hin und Her wurde uns heute schlussendlich auch eine Verlautbarung des israelischen Innenministeriums zugesandt, die sowohl bestätigt, dass man mir mein Aufenthaltsrecht in Jerusalem nicht entziehen wolle, als auch, dass ein deutscher Pass der Eintragung unserer Tochter nicht entgegenstehe.

Trotz der sehr kurzfristigen Mitteilung bezüglich des Termins und entsprechend hoher Flugkosten werden wir genannten Termin wahrnehmen. Auch Herr Polenz wird wie angekündigt in Jerusalem anwesend sein. Wir hoffen, dass unsere Mühen, die wir auf uns zu nehmen bereit sind, obwohl wir der Überzeugung sind, dass die israelische Botschaft in Folge der völkerrechtswidrigen Annexion auch für die Anliegen von Palästinensern aus Jerusalem zuständig ist, nicht umsonst sein werden.

Wir haben unseren guten Willen bewiesen, indem wir Unannehmlichkeiten nicht nur finanzieller Natur auf uns genommen haben. Wir hoffen, dass auch die israelische Seite ihren guten Willen zeigt und so eine erneute Aufnahme meines Protests unnötig macht. Außerdem hoffen wir, dass die israelische Regierung ihre diskriminierende Politik gegenüber den Einwohnern Jerusalems aufgeben wird.

Firas Maraghy

Quelle: Das Palästina-Portal; www.arendt-art.de

Lesen Sie auch:

"Man will sie aus der Stadt herausekeln"
Palästinenser aus Ostjerusalem kämpft mit Hungerstreik vor Botschaft Israels in Berlin um Paß für sein Kind. Ein Gespräch mit Raif Hussein (31. Juli 2010)
"Wir rufen die israelische Botschaft auf, ihre diskriminierende Politik aufzugeben"
Der Fall Firas Maraghy ist exemplarisch für die alltägliche israelische Politik. Drei Stellungnahmen zum Hungerstreik des Palästinensers Firas Maraghy in Berlin (14. August 2010)




Zurück zur Israel-Seite

Zur Palästina-Seite

Zurück zur Homepage