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Peres wirbt für Krieg

Israels Präsident vor EU-Parlament: Arabische Liga nach Syrien

Von Karin Leukefeld *

Zum Abschluß eines einwöchigen Europabesuches, hat der israelische Präsident Shimon Peres am Dienstag in Strasbourg zu den 754 Abgeordneten des Europaparlaments gesprochen. Den bis dahin letzten Auftritt eines israelischen Staatsoberhauptes vor dem Plenum hatte Chaim Herzog vor 28 Jahren.

In einer 75minütigen Rede erklärte Peres, daß Frieden zwischen Israel und den Palästinensern möglich sei. Die neue Regierung habe die Chance, die Friedensverhandlungen wieder aufzunehmen und »die Zwei-Staaten-Lösung umzusetzen«. Europa müsse derweil mehr Druck auf den Iran ausüben. Wörtlich sagte Peres: »Eine Atombombe in den Händen eines unverantwortlichen Regimes ist eine akute Gefahr für die Welt.« Europa müsse zudem »Terror auch als Terror bezeichnen«, mahnte Peres weiter und forderte die EU auf, die libanesische Hisbollah auf die EU-Terrorliste zu setzen. »Retten Sie den Libanon vor terroristischem Wahnsinn, retten Sie das syrische Volk vor den Stellvertretern Irans. Retten Sie Ihre und unsere Bürger vor der Hisbollah«, so Peres. Die sei »eine Terrororganisation, keine politische Bewegung«.

Der Politiker, der im Juni seinen 90. Geburtstag feiert, sprach auch über die Lage in Syrien. Eine westliche Militärintervention in dem Land könnte als »ausländische Einmischung« mißverstanden werden, daher sei es besser, wenn das von der Arabischen Liga erledigt würde. »Die Arabische Liga kann und soll eine provisorische Regierung in Syrien bilden, um das Massaker zu beenden«, sagte Perez. Die UNO sollte die Arabische Liga dabei unterstützen, eine arabische Streitkraft im Rahmen einer Blauhelm-Mission zu bilden. Der stellvertretende UN-Generalsekretär für politische Angelegenheiten, Jeffrey Feldman, wirbt seit Monaten für eine bewaffnete UN-Mission in Syrien.

Peres hatte zuvor in Paris die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) besucht, der Israel seit 2010 angehört. Vor einem Publikum aus europäischen Botschaftern, Journalisten und Mitarbeitern von Nichtregierungsorganisationen warb Peres für eine engere Zusammenarbeit zwischen der EU und Israel, das er als beispielhaft dafür vorstellte, wie ein kleiner Staat trotz mangelnder Ressourcen Wohlstand erreichen könne. Israel sei das durch Investition in technologische Entwicklung gelungen, der Staat würde gern seine Kenntnisse in diesem Bereich mit Europa teilen. Kern seiner Ausführungen vor der OECD war ein Wirtschaftsplan, in dem multinationale Konzerne sich der wirtschaftlichen Probleme und Entwicklungsdefizite in Staaten im Mittleren Osten annehmen sollten. Dafür solle die OECD eine neue internationale Organisation gründen. So könne der Arbeitslosigkeit und dem Hunger in der Region begegnet werden, den »Hauptursachen für Instabilität und Terrorismus«.

Zum Auftakt seines Europaaufenthaltes hatte Peres sich in Brüssel mit NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen getroffen. Israel ist seit 1994 neben sechs arabischen Staaten (Algerien, Mauretanien, Marokko, Tunesien, Jordanien, Ägypten) in den »Mittelmeer-Dialog« mit der NATO eingebunden. Rasmussen erklärte, der politische Dialog und die »praktische Kooperation« mit Israel habe höchste Priorität, weil »Israel und die NATO sich den gleichen strategischen Herausforderungen im östlichen Mittelmeer« stellen müßten. Daher sei es völlig gerechtfertigt, »die bereits bestehende, fest verwurzelte Zusammenarbeit mit Israel weiter zu vertiefen«. Perez erklärte, die NATO, Europa und Israel befänden sich im Kampf gegen den Terrorismus »an der gleichen Front im Mittleren Osten. Wir werden diesen Kampf gewinnen.«

Bei einer Militäroperation im Flüchtlingslager Al-Fawwar bei Hebron, töteten israelische Soldaten in der Nacht zu Mittwoch einen 25jährigen Demonstranten. Mahmud Adel Faris Al-Teiti wurde von einem Dum-Dum-Geschoß am Kopf getroffen, sagten Ärzte nach dessen Einlieferung in ein Krankenhaus. Die Munition ist völkerrechtlich geächtet. Die israelischen Streitkräfte erklärten, sie seien in einer »lebensbedrohlichen Situation« gewesen, als die Demonstranten mit Steinen nach ihnen geworfen hätten. Zwei weitere Demonstranten wurden von Kugeln getroffen, sechs Demonstranten wurden von Gummigeschossen verletzt.

Der sich seit 223 Tagen im Hungerstreik befindende Gefangene Samer Issawi verweigert seit Montag auch die Aufnahme von Wasser. Grund für den Protest ist: Auch im Krankenhaus ist er an den Füßen und an das Bett gefesselt.

* Aus: junge Welt, Donnerstag 14. März 2013

Dokumentiert: Auszüge aus der Rede von Shimon Peres im EU-Parlament **

[...] Israel ist eine Insel in einem stürmischen Ozean. Wir müssen unsere Insel verteidigen. Und wir sind daran interessiert, das Meer zu beruhigen. Einige Menschen sagen, das wird Generationen dauern. Europa hat bewiesen, dass große Ereignisse in sechs Jahren erreicht werden können. […]

Gemeinsam mit meinem Partner Yitzhak Rabin habe ich die Fundamente für Frieden mit den Palästinensern gelegt. Jetzt müssen wir das fortsetzen. Den Friedensprozess erneuern. Wir müssen weiter mit der Palästinensischen Autonomiebehörde zusammenarbeiten. Ihre Wirtschaft unterstützen. Frieden erreichen. […]

Unsere Hand bleibt allen Ländern im Nahen Osten gegenüber zum Frieden ausgestreckt. […]

Europa war und bleibt ein wichtiger Partner für Frieden und gegen Terror. Nächste Woche werden wir Präsident Obama in Israel als willkommenen und geschätzten Gast begrüßen. Seine Unterstützung für unsere Sicherheit ist außergewöhnlich, und seine Hingabe zum Frieden ist unerschütterlich. Wir sind glücklich darüber, dass die Vereinigten Staaten und Europa jetzt zusammenarbeiten, Frieden unterstützen und Terror bekämpfen.

Die größte Gefahr in der Welt ist im Moment das iranische Regime. […] Niemand bedroht den Iran. Der Iran bedroht andere. Er bedroht die unabhängigen arabischen Länder. Er bedroht die Existenz Israels. Er schmuggelt Waffen in viele Länder, um ihre Stabilität zu erschüttern. […] Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten haben ihre Schlüsse gezogen und sich richtig entschlossen, wirtschaftliche Sanktionen zu erlassen. Sie haben klar gemacht, dass, wenn die Iraner darauf nicht eingehen, andere Optionen auf dem Tisch sind. […]

Das historische Sykes-Picot-Abkommen zwischen Frankreich und England hat den modernen Libanon als multikulturelles Land geschaffen, in dem Muslime, Christen und Drusen in Frieden zusammen leben. Heute zerstört die Hisbollahden Libanon, unterstützt vom Iran.

Die Hisbollah ist eine Terrororganisation. Nicht eine politische Bewegung. […] In jüngster Zeit wurden weltweit 20 durchgeführte oder geplante Terroranschläge der Hisbollah verzeichnet, unter anderem in Indien, Thailand, Georgien, Südafrika, den USA, Ägypten und Griechenland. Im vergangenen Monat hat die Regierung Bulgariens, eines EU-Mitglieds, erklärt, sie habe herausgefunden, dass der Terroranschlag in Burgas von der Hisbollah ausgeführt wurde. Fünf israelische Touristen und ein Bulgare hatten dabei ihr Leben verloren. […]

Wir rufen Sie auf: Nennen Sie Terror Terror. […] Die internationale Gemeinschaft muss die Hisbollah als Terrororganisation benennen. […]

Vor 18 Jahren kam ich nach Brüssel, um das Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Union und Israel zu unterzeichnen. Ich bin froh, dass die Realität meine Erwartungen übertroffen hat. Das Assoziationsabkommen ist eine Partnerschaft geworden. Und aus der Partnerschaft ist schon lange eine Freundschaft geworden.

Von diesem stabilen Grund aus schlage ich der Europäischen Union und Israel vor, zum Nutzen der Stabilität und des Wohlstands im Nahen Osten und der Entwicklungsländer insgesamt zu kooperieren.

Israel wird als Start-up-Nation bezeichnet. Ich glaube, dass der gesamte Nahe Osten eine Start-up-Region werden kann. […] Dies kann die beste Hilfe sein, die wir der jungen Generation in der arabischen Welt anbieten können, um den Herausforderungen des neuen Zeitalters zu begegnen. Ich habe einen Plan für ein Gemeinschaftsunternehmen für die Europäische Union zwischen nationalen Regierungen und globalen Konzernen vorgeschlagen, um diesen Herausforderungen entgegenzutreten. […] Erlauben Sie mir, auf Ihre Hilfe zu zählen. Wenn wir die Weisheit Europas und die Erfahrung Israels zusammennehmen, können wir die Herausforderungen von morgen bewältigen. […]

Wenn ich die Zukunft der Freundschaft betrachte, die Israel an die Europäische Union bindet, bin ich erfüllt von Hoffnung und Entschlossenheit. Hand in Hand werden wir ein besseres Morgen für die Generation von morgen bauen.“

(Präsidialamt, 12.03.13)

** Quelle: Newsletter der israelischen Botschaft in Berlin, 13.03.2013




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