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Frostiger Empfang für Netanjahu bei Obama

USA-Besuch mit Verstimmungen / Fronten zwischen Israel und Palästinensern weiter verhärtet

Die Hoffnungen auf eine baldige Annäherung zwischen Israelis und Palästinensern schwinden. Das zeigte das Treffen Obama-Netanjahu.

Das Treffen zwischen US-Präsident Barack Obama und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu in Washington verstärkte den Eindruck kaum überbrückbarer Differenzen in der zentralen Siedlungsfrage. Netanjahus Empfang im Weißen Haus fiel frostig aus. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ließ erneut mit Amtsverzicht drohen. Erst in letzter Minute kam das Treffen zwischen Obama und Netanjahu zustande – und es ging ohne die sonst üblichen gemeinsamen Auftritte von US-Präsidenten mit israelischen Regierungschefs über die Bühne. In einer kurzen Stellungnahme teilte die US-Regierung lediglich mit, Obama habe mit Netanjahu »eine Reihe« von Fragen besprochen, darunter den Friedensprozess und den Atomstreit mit Iran. Obama habe bekräftigt, dass die USA für die Sicherheit Israels einstünden.

Obama und Netanjahu sprachen gut anderthalb Stunden hinter verschlossenen Türen miteinander. Dann fuhr Netanjahu ohne einen Auftritt vor der Presse ab. Dies gilt als außergewöhnlich für eine Zusammenkunft zwischen dem US-Präsidenten und einem ausländischen Staatsgast, vor allem einem Regierungsvertreter aus dem eng verbündeten Israel. Auch dass die traditionelle Einladung ins Weiße Haus erst am Abreisetag Netanjahus erfolgte, werteten israelische Medien als deutliches Zeichen für die Verstimmungen zwischen beiden Regierungen.

Die Beziehungen zwischen den USA und Israel sind belastet, weil Netanjahu sich weigert, Obamas Forderungen nach einem vollständigen Stopp des Siedlungsbaus im Westjordanland nachzukommen. Der israelische Ministerpräsident war am Sonntag zu einem Besuch in Washington angekommen, um unter anderem bei einer Konferenz jüdischer Organisationen in den USA zu sprechen.

Vor der Visite bei Obama hatte Netanjahu die Palästinenser zur sofortigen Wiederaufnahme von Friedensgesprächen aufgerufen. »Lasst uns die Gelegenheit nutzen, ein historisches Abkommen zu schließen. Lasst uns die Gespräche unverzüglich beginnen«, sagte der israelische Ministerpräsident vor jüdischen Organisationen.

Abbas' Chefunterhändler Sajeb Erakat erklärte am Dienstag (10. Nov.), ein Scheitern der US-Bemühungen um eine Wiederbelebung des Friedensprozesses könne den Präsidenten zum Amtsverzicht veranlassen. Abbas wolle »Präsident eines palästinensischen Staates« sein.

Sollte er jedoch das Gefühl haben, dass dieses »Projekt« in Gefahr sei und »Israel die Idee eines palästinensischen Staates zerstören will«, werde Abbas nicht Präsident bleiben. Die Palästinenser verlangen vor einer Wiederaufnahme des Dialogs einen totalen Siedlungsstopp.

Abbas hatte am vergangenen Donnerstag angekündigt, dass er bei der für Januar vorgesehenen Wahl im Westjordanland und im Gaza-Streifen nicht mehr kandidieren werde. Als Grund nannte er, dass der Friedensprozess mit Israel festgefahren sei.

Auch Frankreich bekräftigte die Forderung nach einem Siedlungsstopp. »Keine Kolonisierung mehr während laufender Gespräche«, sagte Außenminister Bernard Kouchner dem Rundfunksender France Inter. Abbas müsse überzeugt werden, im Amt zu bleiben.

* Aus: Neues Deutschland, 11. November 2009


Zweieinhalb Verlierer

Von Roland Etzel **

Die Atmosphäre des Treffens bei Obama sei frostig gewesen, ließ das Umfeld des Präsidenten verbreiten. Gast Netanjahu bekam nicht den bei Staatsgästen sonst üblichen Blitzlicht-Termin im Weißen Haus, und das gilt in der Washingtoner Hofskala als mittlere Missbilligung. Musste der israelische Ministerpräsident also wie ein geprügelter Hund abziehen? Auch wenn es so scheint oder scheinen soll, gibt es blaue Augen, wenn überhaupt, dann auf beiden Seiten.

Für Netanjahu ist es höchstens eine Teilniederlage, denn er hatte gewiss nicht erwartet, dass er für seine Weigerung, den Siedlungsbau im besetzten Palästinenserland einzustellen, auch noch Schulterklopfen erntet. Bei Obamas Vorgänger Bush jun. vielleicht, aber dessen Nachfolger im Weißen Haus hatte sich im Frühjahr sehr explizit für ein Ende der schleichenden israelischen Landnahme ausgesprochen. Bis jetzt ohne Erfolg. Selbst das kürzlich nachgeschobene Kompromissangebot eines »zeitweiligen« Stopps des Siedlungsbaus verweigert Netanjahu.

Schon nach dem jüngsten Besuch Hillary Clintons im Nahen Osten, als sie Palästinenserpräsident Abbas mit ihrer Meinung düpierte, der Siedlungsbau behindere keineswegs neue israelisch-palästinensische Gespräche, richteten sich die Blicke der Palästinenser nach Washington in der Hoffnung auf ein klarstellendes Machtwort. Es blieb aus, auch gestern. Nicht nur auf arabischer Seite wird dies Obama als Zeichen der Schwäche ausgelegt. Damit ist auch gesagt, dass es einen weiteren Verlierer des Washingtoner Treffens gibt, und das ist Abbas, der erkennen muss, dass seine gebremste Rücktrittsdrohung wirkungslos war. Jedenfalls haben ihm weder Netanjahu noch Obama etwas angeboten, was ihn glaubwürdig vom Rücktritt zurücktreten lassen könnte.

** Aus: Neues Deutschland, 11. November 2009 (Kommentar)

Netanyahu spricht vor amerikanischen Juden

Israels Ministerpräsident Binyamin Netanyahu hat am 9. Nov. in Washington eine grundsätzliche Rede vor der Vollversammlung der Jüdischen Verbände Nordamerikas (UJC) gehalten. Dabei unterstrich er abermals die Bereitschaft seiner Regierung zu sofortigen Friedensverhandlungen mit den Palästinensern.

„Selbst ein starkes Israel bleibt ein kleines Israel. Und ein kleines Israel macht einen sicheren Frieden erforderlich. Frieden in unserem Land, der Frieden Jerusalems, unserer ewigen Hauptstadt, ist eine unserer ältesten Sehnsüchte, wie sie in unseren Psalmen und Gebeten zum Ausdruck kommt.

Frieden zwischen Israel und unseren arabischen Nachbarn: Das erste und unmittelbare Ergebnis würde unseren Kindern die Schrecken des Krieges ersparen. Es würde unseren Enkeln die Schrecken des Kriegs ersparen. Was für ein großes Geschenk. Der Frieden könnte in eine neue Ära des wirtschaftlichen Fortschritts zum Nutzen aller münden. Wir haben bereits Friedensverträge unterzeichnet, zwei an der Zahl mit Ägypten und Jordanien. Und wir brennen darauf, mit all unseren Nachbarn Frieden zu erzielen, insbesondere mit den Palästinensern.

Ich bin der Überzeugung, dass keine Zeit verloren werden darf. Wir müssen uns mit dem Gefühl von Dringlichkeit und einem Gefühl von Zweckbestimmung voran in Richtung Frieden bewegen. Ich möchte mich ganz klar ausdrücken. Mein Ziel sind nicht endlose Verhandlungen. Mein Ziel sind nicht Verhandlungen um der Verhandlungen willen. Mein Ziel ist es, einen Friedensvertrag zu erreichen, und zwar bald.

Aber um einen Friedensvertrag zu bekommen, müssen wir zu verhandeln beginnen. Lassen Sie uns aufhören über Verhandlungen zu reden. Lassen Sie uns uns in Bewegung setzen.“

„Meine Regierung arbeitet auf die Förderung des Redens hin, und wir reden nicht nur. Wir haben Hunderte von Sicherheits-Kontrollpunkten und Straßensperren im Westjordanland geräumt. Ich habe persönlich die Öffnungszeiten der Allenby-Brücke verlängert und bürokratische Hürden für die Entwicklung der palästinensischen Wirtschaft entfernt.

Diese Bemühungen haben gemeinsam mit Maßnahmen der Palästinensischen Autonomiebehörde zur Verbesserung der Sicherheitslage einen unvergleichlichen Boom im Westjordanland angekurbelt und das Leben für den normalen Palästinenser besser gemacht. Erstmals seit Jahren sprießen Geschäfte, Banken und Unternehmen aus dem Boden. Restaurants, Theater und Einkaufszentren sind zum Bersten voll. Tausende und Abertausende palästinensischer Jobs wurden geschaffen.

Ich denke, wir können noch eine Menge mehr tun, um die Realität vor Ort zu verbessern, und wir werden dies tun. Ich habe vor, noch eine Menge mehr zu tun.

Wohlstand kann zum Frieden beitragen – aber nur bis zu einem gewissen Maße. Um die offenen Fragen zwischen uns zu klären, müssen wir Verhandlungen beginnen und abschließen.

Wir sollten keine Vorbedingungen für Gespräche aufstellen. Solche Gesprächshindernisse sind in den 16 Jahren des israelisch-palästinensischen Dialogs nie aufgestellt worden. Seit dem Antritt meiner Regierung vor sieben Monaten habe ich zur Aufnahme von Friedensverhandlungen aufgerufen.

Ich habe gesagt, ich würde überall hingehen, zu jeder Zeit, um den Frieden voranzubringen. Und keine israelische Regierung ist so bereit dazu gewesen, als Teil der Bemühung um eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche die Siedlungsaktivitäten einzuschränken. Darum sage ich heute zu dem Führer der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmoud Abbas: Lassen Sie uns den Moment nutzen, um ein historisches Abkommen zu erzielen. Lassen Sie uns umgehend Gespräche beginnen.“

Quelle: Newsletter der Israelischen Botschaft in Berlin, 11.11.2009




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